Deutscher Gewerkschaftsbund

23.10.2013

Erziehungszeiten in der Rente – gerecht und systematisch richtig finanzieren

In den Koalitionsverhandlungen wird es auch um Mütterrenten gehen, also um eine bessere Anerkennung von Kindererziehungszeiten bei der Rente. Offen ist, wie sie finanziert werden soll. Der DGB fordert, dies aus Steuern zu bestreiten - wie die anderen familienpolitischen Leistungen auch.

Der DGB fordert, die Aufstockung der rentenrechtlichen Anerkennung für Kindererziehung für Zeiten vor 1992 gerecht und systematisch richtig zu finanzieren. Wie die anderen familienpolitischen Leistungen müssen deshalb auch die so genannten Mütterrenten aus Steuern finanziert werden. Dafür sprechen folgende Argumente:

Erziehungszeiten sind eine familienpolitische Leistung – und müssen deshalb aus systematischen Gründen aus Steuern finanziert werden.

Maßnahmen des Familienlastenausgleichs sind nicht Aufgabe des Rentenversicherungssystems. Das Rentenversicherungssystem sichert die biometrischen Risiken ab.

Erziehungszeiten müssen auch aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit aus Steuern finanziert werden.

Werden die Erziehungszeiten über Beiträge finanziert, werden dadurch Beitragszahler/innen mit Kindern genauso belastet wie solche ohne Kinder – anders als im Steuersystem. Im Steuersystem werden Familien durch die Freibeträge spürbar entlastet.

Außerdem kommt es im Falle der Beitragsfinanzierung zu einer ungerechten Verteilung der Kosten in den Generationen der Nachkommen – der beamtete oder selbstständig tätige, möglicherweise kinderlose Nachkomme zahlt nichts für die kinderbezogenen Leistungen, die seinen Eltern zukommen; seine sozialversicherungspflichtig beschäftigten, möglicherweise Kinder erziehenden Geschwister müssen für die Kindererziehungszeit der Eltern bezahlen.

Das Argument, der Bund würde aktuell mehr für Kindererziehungszeiten zahlen als sie tatsächlich bei den Rentenausgaben kosten, verkennt die Systematik der Zahlungen des Bundes und der Umlagefinanzierung.

Die Zahlung der steuerfinanzierten (pauschalierten) Beiträge des Bundes dient nicht dazu, die aktuellen Kosten für die kinderbezogenen Rentenleistungen auszugleichen. Stattdessen zahlt der Bund Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, die die Erziehenden so stellen, als hätten sie während der Kindererziehungszeit ein durchschnittliches Erwerbseinkommen erzielt. So wird im Umlageverfahren sichergestellt, dass die Kindererziehungszeiten auch eigentumsrechtlich gleichgestellt sind.

Die Ausweitung der Kindererziehungszeiten wird zu einer Kürzung der Rentenanpassung führen. Die Versichertengemeinschaft trägt damit einen Teil der Finanzierungslast.

Die verbesserte Anerkennung der Erziehungszeiten führt zu einer Ausweitung der Rentenzahlungen und damit über den Nachhaltigkeitsfaktor zu einer Dämpfung der Rentenanpassung. Dieser Dämpfungseffekt tritt vor allem zu Anfang der Ausweitung der Erziehungszeiten ein (durch die Erhöhung der Rentenausgaben um ca. 6,5 Milliarden Euro), das Rentenniveau wird damit dauerhaft zusätzlich gesenkt. Dies gilt sogar dann, wenn die Leistungsverbesserung über Steuern finanziert wird. Die Versicherten werden damit also auf jeden Fall eine Belastung durch das sinkende Rentenniveau erfahren, unabhängig von der Finanzierungsquelle. Auch dies spricht dafür, die Leistungen systematisch richtig über Steuern zu finanzieren, um eine Doppelbelastung zu vermeiden.

Eine Beitragsfinanzierung von Erziehungszeiten führt dazu, dass der Beitrag dauerhaft höher ausfällt. Damit werden die Handlungsspielräume zerstört, die für Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente, bei der Gestaltung der Übergänge und für eine Stabilisierung des Rentenniveaus dringend benötigt werden.

Die besseren kinderbezogenen Rentenleistungen erhöhen die Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Nachhaltigkeitsrücklage ist zwar aktuell gut gefüllt. Bei einer Beitragsfinanzierung der ausgeweiteten Erziehungszeiten würde aber bereits im Jahr 2016 eine Beitragssatzerhöhung nötig werden, wenn der Beitragssatz im Jahr 2014 auf 18,4 Prozent gesenkt wird. Selbst, wenn der Beitragssatz nicht gesenkt wird, wäre spätestens 2017 eine Beitragserhöhung notwendig. Die Mehrausgaben von 6,5 Mrd. Euro führen auf Dauer zu einem Beitragssatz, der um ca. 0,7 Prozentpunkte höher liegt, als wenn die Mütterrente über Steuern getragen wird. Auch dies führt zu einem niedrigeren Rentenniveau, was mit einer systemgerechten Steuerfinanzierung vermieden werden kann.

Die gesetzlich vorgegebenen Beitragssatzziele von 20 Prozent im Jahr 2020 und von 22 Prozent im Jahr 2030 werden bei einer Beitragsfinanzierung der so genannten Mütterrente verfehlt. Innerhalb dieser Beitragssatzziele würden keinerlei Spielräume für eine beitragsfinanzierte Verbesserung der Rentenleistung mehr bestehen. Dies gilt insbesondere für die dringend notwendigen Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente. Erwerbsgeminderte Menschen sind in hohem Maße armutsgefährdet, der Handlungsbedarf ist immens. Die Erwerbsminderungsrente ist zudem integraler Bestandteil des versicherungsförmigen Sozialausgleichs der gesetzlichen Rentenversicherung und muss deshalb aus dem Beitragsaufkommen getragen werden. Dies gilt auch für die dringend notwendige Stabilisierung des Rentenniveaus. Bei einer vorausschauenden Beitragssatzpolitik sind höhere Kosten für bessere Erwerbsminderungsrenten zu finanzieren, ohne gegen die geltenden gesetzlichen Beitragssatzobergrenzen zu verstoßen.

Verbesserung der Erziehungszeiten in der Rente – gerecht und systematisch richtig finanzieren: Die Argumente zum Download


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