Deutscher Gewerkschaftsbund

29.06.2009
Bärbel Bruns, ContiTech Antriebssysteme GmbH

Aufsichtsrat des Monats 06/09: Menschliches einbringen

Bärbel Bruns, Aufsichtsrätin ContiTech Antriebssysteme GmbH

Bärbel Bruns, Aufsichtsrätin bei ContiTech Antriebssysteme GmbH privat

Aufsichtsrätin des Monats Juni ist Bärbel Bruns. Seit den 1990er Jahren ist die gelernte Chemielaborantin im Betriebsrat aktiv, seit 1996 auch als Aufsichtsrätin, seit 2004 im Aufsichtsrat der ContiTech Antriebssysteme GmbH. Außerdem ist sie ehrenamtliches Mitglied des Hauptvorstands ihrer Gewerkschaft, der IG BCE. Der Aufsichtsrat der ContiTech Antriebssysteme GmbH ist ein "kleineres" Gremium mit sechs Mitgliedern besetzt - hier gilt eine Drittelbeteiligung*: Zwei Mitglieder kommen von der Arbeitnehmerseite, vier von den Anteilseignern. Aber auch hier gibt es - so Bruns - die Möglichkeit, daran zu erinnern, "dass nichts ohne die Arbeitnehmer und ein gutes Betriebsklima geht". Außerdem sei es - gerade in einem kleinen Aufsichtsrat - möglich, "Menschliches in den Prozess einzubringen".

1. Mit einem kurzen Satz beschrieben ist ein Aufsichtsrat...

...in erster Linie ein wichtiges Kontrollorgan. In meinem Fall - einem kleineren GmbH-Aufsichtsrat - verstehen wir uns oft als Berater und Unterstützer für die Geschäftsführung. Häufig ist es so, dass wir als Arbeitnehmervertreter gemeinsam mit der Geschäftsführung gegenüber der Gesellschafterversammlung und der Konzernleitung auftreten.

2. Der größte Vorteil am deutschen Mitbestimmungsmodell ist...

...die gesetzliche Absicherung der Mitbestimmung. Ganz wichtig ist für mich, dass die deutsche Mitbestimmung der Arbeitnehmerseite immer ein Grundgerüst an Informationen über die Unternehmenssituation garantiert - und diese Informationen auch einklagbar sind. Wenn Informationen ausbleiben, muss man aber nicht unbedingt den rechtlichen Weg gehen: Manchmal reicht auch der Gang an die Öffentlichkeit. Für die nächsten Jahre ist meine Hoffnung, dass die Mitbestimmungsrechte rechtlich weiter ausgedehnt werden - vor allem bei wirtschaftlichen Entscheidungen wie Standortverlagerungen oder Standortschließungen. Auch wenn das vielleicht ein Wunschtraum bleiben wird.

Was ist die "Drittelbeteiligung"?

Als oberstes Kontrollgremium wacht in größeren Kapitalgesellschaften der Aufsichtsrat über die Geschäftspolitik des Vorstands. In Kapitalgesellschaften, deren Beschäftigtenzahl zwischen 500 und 2000 liegt, entsendet die Arbeitnehmerseite ein Drittel der Aufsichtsratsmitglieder (Drittelbeteiligungs-Modell). Bärbel Bruns ist in ihrem Aufsichtsrat eine von zwei ArbeitnehmervertreterInnen, vier Vertreter entsenden die Anteilseigner.

Mehr zum Thema auf den Seiten der Hans-Böckler-Stiftung.

3. Was war bisher Ihr größter Erfolg, den Sie gemeinsam im Aufsichtsrat durchsetzen konnten?

Investitionsmittel müssen wir für unsere GmbH beim Mutterkonzern beantragen. Gemeinsam mit der Geschäftsführung haben wir trotz Krise durchgesetzt, dass unser Investitionsvolumen erhalten bleibt und teils sogar ausgebaut wird.
Ein weiterer Erfolg in der aktuellen Krisenzeit war, dass wir uns mit Mitgliedern der sieben weiteren GmbH-Aufsichtsräte in unserem Mutterunternehmen auf eine gemeinsame Strategie zur Beschäftigungssicherung verständigt haben. In allen Unternehmen wurden alle Arbeitsmarktinstrumente und tarifvertraglichen Instrumente genutzt, um betriebsbedingte Kündigungen in 2009 zu verhindern - bisher mit Erfolg.

4. ...und was das größte Ärgernis im Laufe Ihrer Aufsichtsratstätigkeit?

Ein wirklich großes Ärgernis in der Zusammenarbeit gab es eigentlich nie. Wenn überhaupt liegt das "Ärgernis" in der Struktur: Als Arbeitnehmervertreterin in einem Aufsichtsrat mit Drittelparität* wünscht man sich ab und an doch noch mehr Möglichkeiten der Einflussnahme und Gestaltung – wie es sie etwa in Konzernaufsichtsräten gibt.

5. Mit Blick auf Europa und die Globalisierung: Muss sich die Arbeit der Aufsichtsräte noch weiter internationalisieren?

Das halte ich für ganz wichtig. Auch die einzelnen Gesellschaften in unserem Mutterkonzern haben inzwischen Standorte in Rumänien, Mexiko, China, Brasilien, Indien. Für die einzelnen GmbH-Aufsichtsräte sind internationale Kontakte allerdings schwer zu organisieren. Unsere Forderung nach mehr Internationalisierung müssen wir deshalb auf den Aufsichtsrat der AG und unsere Gewerkschaft IG BCE übertragen.

6. Der Aufsichtsrat unterstützt gute und sozial verantwortungsvolle Unternehmensführung, indem...

...er immer wieder daran erinnert, dass nichts ohne die Arbeitnehmer und ein gutes Betriebsklima geht - und daraus auch Forderungen ableitet. Das können wir auch in unserem "kleinen" Aufsichtsrat machen. Da gibt es die Möglichkeit, Menschliches in den Prozess einzubringen.

7. Von wem erfahren Sie den größten Respekt für Ihre Arbeit im Aufsichtsrat, von wem weniger?

Respekt gibt es sowohl von der Geschäftsführung und den Personalverantwortlichen als auch von den Kolleginnen und Kollegen im Betriebsrat: Die Arbeit der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat stärkt auch das "Standing" des Betriebsrats bei der Belegschaft. Für diesen Respekt muss man aber auch etwas tun. Der große Vorteil an einem GmbH-Aufsichtsrat ist: Die Mitglieder sind meist noch näher an der Geschäftsführung und der Belegschaft.

8. Wenn Ihr Unternehmen ein Auto wäre, welcher Teil wäre dann der Aufsichtsrat?

Daran habe ich lange überlegt. Unser Unternehmen kommt ursprünglich aus der Gummi-Branche - aus Gummi sind beispielsweise Dichtungen. Gleichzeitig stellen wir Antriebssysteme her. Ich denke, es ist eine Mischung aus beidem: Wir sind die Dichtung, die Verbindung zwischen einzelnen Teilen und wir sorgen unter Umständen auch für Antrieb.

9. Das Wort, das in Vorbesprechungen der Arbeitnehmervertreter vor Aufsichtsratssitzungen am häufigsten fällt, ist...

Vorbesprechungen vor Sitzungen machen wir bei unserem kleinen Aufsichtsrat oft zusammen mit dem Controller und der Geschäftsführung. Es geht uns vor allem darum, alle Punkte durchzugehen, die in nächster Zeit im Unternehmen anstehen. Häufige Begriffe sind etwa "Konsolidierung" oder "Ergebnis sichern".

10. Schätzen Sie das Gewicht der Unterlagen, die Sie jedes Jahr für die Aufsichtsratstätigkeit durchgehen müssen.

Das ist nicht viel - vielleicht nur etwa ein Kilo, Geschäftsberichte vor allem. Was nicht heißen soll, dass wir schlecht informiert werden. Der Informationsfluss ist seit Beginn meiner Aufsichtsratstätigkeit in 1996 sogar besser statt schlechter geworden.


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