Der DGB hat die Wiedereinführung der Meisterpflicht für 12 Gewerke begrüßt. Dadurch ist es Handwerkern ohne Meistertitel nicht mehr erlaubt, sich selbständig zu machen. Warum das aber noch nicht ausreicht, beantwortet DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell.
DGB/Simone M. Neumann
Körzell: Mit den Kriterien „Schutz von Leben und Gesundheit (Gefahrengeneigtheit)“ und „Wahrung des materiellen und immateriellen Kulturerbes“ wurde versucht, nachvollziehbarer Kriterien für die Wiedereinführung der Meisterpflicht zu finden. Mit einer Anhörung der 53 betroffenen Gewerke sollte im Frühjahr ausgelotet werden, welche Gewerke diese Kriterien erfüllen und unbedingt wieder in die Meisterpflicht überführt werden müssen. 12 Gewerke sind es jetzt, die zurück geführt werden. Es gibt aber wesentlich mehr gefahrengeneigte Gewerke, wie beispielsweise die Gebäudereiniger. Gebäudereiniger gehen mit gefährlichen Chemikalien um, in Krankenhäusern reinigen sie unter anderem OP-Säle. Hier ist mangelnde Fachkenntnis nicht nur gefährlich für die Beschäftigten, sondern auch für alle anderen.
Darüber hinaus sollen die Gebäudereiniger auch weiterhin Gerüste stellen dürfen. Als 2003 die Meisterpflicht für 53 Gewerke aufgehoben wurde, wurde den Gebäudereiniger und den Fliesen-, Platten- und Mosaiklegern, Betonstein- und Terrazzoherstellern, Estrichlegern und den Schilder- und Lichtreklameherstellern erlaubt, Schutz-und Arbeitsgerüste zu stellen. Nun sollen mit der Begründung der Gefahrengeneigtheit alle diese Gewerke wieder in die Meisterpflicht gebracht werden- außer die Gebäudereiniger. Für sie soll als einzige, die Ausnahme gelten, dass sie Gerüste stellen dürfen. Das ist ein Widerspruch.
Körzell: Nicht zuletzt muss die Handwerksordnung auch einen zeitgemäßen Rahmen für Ausbildung schaffen und dazu gehört, die ehrenamtlichen Prüferinnen und Prüfer in einem ordentlichen Benennungsverfahren auszuwählen. Nur so sind Prüfungen auch rechtssicher. Zum Prüfungsverfahren gehört, dass Arbeitgeberseite und Arbeitnehmerseite in den Prüfungsausschüssen gleichermaßen vertreten sind. Damit soll eine faire Prüfung sichergestellt werden. Im Berufsbildungsgesetz(BBiG) ist hierfür ein Benennungsverfahren definiert, dass die Arbeitnehmerbeteiligung sicherstellt. Im Handwerk gilt die Handwerksordnung und hier sind die Regeln so ausgestaltet, dass Prüfer auch über die Gesellenausschüsse in den Innungen benannt werden können. Viele Innungen sind aber sehr klein und eigentlich nicht leistungsfähig. Das hat zur Folge, dass sie oft auch keine ordentlichen Gesellenausschüsse mehr bilden, sondern diese mit den Innungsvorständen nahestehenden Personen besetzt werden. Echte Arbeitnehmerbeteiligung sieht anders aus. Deshalb fordern wir, dass die Prüferbenennung im Handwerk analog dem BBiG geregelt wird und die Prüferinnen und Prüfer über die zuständigen Gewerkschaften benannt werden.
Körzell: Wohl kaum. 70 Prozent der Beschäftigten im Handwerk arbeiten ohne einen Tarifvertrag. Wir wollen mit den Innung im Handwerk die Arbeitsbedingungen sowie die Entgelte und Ausbildungsvergütungen regeln. Mit Guter Arbeit lassen sich Fachkräfte im Handwerk halten, die sonst bei einer Lohnlücke von 20 Prozent das Handwerk wieder verlassen, weil sie anderswo mehr Geld verdienen können.
Für die Zukunftsfähigkeit des Handwerks ist es darüber hinaus entscheidend die soziale Absicherung von Soloselbständigen anzugehen. Gerade durch die Vielzahl von Kleinstunternehmen droht in den kommenden Jahren aufgrund der fehlenden Alterssicherung eine Welle der Altersarmut dieser Personengruppe. Dies betrifft auch die fehlende Absicherung durch die Berufsgenossenschaften sowie Regelungen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes.