Die Corona-Krise ist eine riesige Belastung, insbesondere für Frauen. Auch Kinder gehören zu den Verlierern der Krise. Ungerechtigkeiten gab es schon vor Corona. Jetzt werden sie stärker. Die Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern nehmen zu. Wer sozial und finanziell schlechter gestellt ist, wird jetzt noch stärker abgehängt.
DGB/Simone M. Neumann
Arbeiten, Kinderbetreuung, Schulaufgaben, Haushalt, eigene Eltern versorgen – schon in „normalen“ Zeiten ist es für Familien nicht leicht, alles unter einen Hut zu bekommen. Derzeit ist es für viele fast unmöglich. Es sind die erwerbstätigen Mütter, die den größten Teil der unbezahlten Sorgearbeit tragen – jetzt noch mehr als sonst, zeigt eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung.
DGB-einblick 06/2020 / CC BY 4.0
So haben in Haushalten mit mindestens einem Kind unter 14 Jahren 27 Prozent der Frauen, aber nur 16 Prozent der Männer ihre Arbeitszeit reduziert, um die Kinderbetreuung zu gewährleisten. Langfristig können sich daraus erhebliche Nachteile für die berufstätigen Mütter ergeben. Da die ökonomischen Folgen der Krise noch lange spürbar sein werden, wird eine Rückkehr zur vorherigen Arbeitszeit wahrscheinlich nicht für alle möglich sein. Das bedeutet auch: Die bestehende Lohnlücke zwischen den Geschlechtern dürfte sich durch die Corona-Krise noch weiter vergrößern. Frauen mit geringerem Einkommen sind davon noch stärker betroffen als alle anderen. AkademikerInnen arbeiten wesentlich häufiger im Homeoffice, so eine Untersuchung des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB). Sie können Arbeit und Kinderbetreuung besser vereinbaren und müssen ihre Arbeitszeit weniger reduzieren.
Auch bei der Arbeitsteilung in Familien kommt es aktuell zu einer „Retraditionalisierung“. Selbst bei Paaren, die vor der Krise die Sorgearbeit gerecht aufgeteilt hatten, ist das nur noch bei 60 Prozent der Fall. Sinkt das Haushaltseinkommen unter 2000 Euro, gelingt es nur noch 48 Prozent, Kinderbetreuung und Haushalt weiterhin gleich aufzuteilen. Elke Hannack vom DGB-Bundesvorstand meint: „Heimchen am Herd - die Frau zu Hause, während der Mann arbeiten geht - dieses überholte Rollenmuster kann heute niemand mehr ernsthaft wollen.“ Aktuell wurden zwar die finanziellen Hilfen für Eltern nach dem Infektionsschutzgesetz verlängert. Das reicht jedoch nicht aus, meint der DGB und fordert, dass die Unterstützung erhöht und ein Anspruch auf Freistellung neu eingeführt wird.
DGB-einblick 06/2020 / CC BY 4.0
Wochenlang konnten Kinder in der Corona-Krise Kitas und Schulen nicht besuchen. Trotz Schulöffnung haben viele Kinder nur wenige Stunden pro Woche Unterricht. Im Dezember, noch vor Corona, zeigte die PISA-Studie erneut, dass der Schulerfolg in Deutschland stark von der sozialen Herkunft abhängt. Die Schulen schaffen es nicht, diese Nachteile auszugleichen. Wie schlimm es nach den Schließungen sein wird, wird sich erst noch zeigen. 86 Prozent der LehrerInnen erwarten jedoch, dass sich soziale Ungleichheit weiter verstärkt. Das Deutsche Schulbarometer fragte sie auch nach Problemen beim Homeschooling: 28 Prozent beklagten eine mangelnde digitale Ausstattung der SchülerInnen, 14 Prozent hatten Probleme, SchülerInnen zu erreichen. Insgesamt 66 Prozent waren der Meinung, dass ihre Schule technisch nicht ausreichend ausgestattet ist für den Unterricht in der Krise.
Der DGB fordert daher ein „Programm für mehr Chancengleichheit“ und eine bessere Ausstattung der Schulen. Insbesondere SchülerInnen mit Unterstützungsbedarf müssen stärker in den Fokus rücken: „Es bedarf großer Anstrengungen für deren gezielte Förderung, damit sich die soziale Schere im Schulsystem nicht noch weiter öffnet.“
Familiensoforthilfe für Eltern und Pflegende in der Corona-Krise: