Deutscher Gewerkschaftsbund

27.01.2012
Mindestlohn-Interview

Klaus Wowereit: Ein Mindestlohn von 8,50 Euro sollte in allen öffentlichen Bereichen gelten

Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister von Berlin (SPD)

Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister von Berlin (SPD) www.klaus-wowereit.de

"Bei der öffentlichen Auftragsvergabe würden wir einen breiteren Konsens für Mindestlöhne in anderen Bundesländern begrüßen", sagt der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit (SPD). In Berlin sieht das Vergabegesetz derzeit einen Mindestlohn von 7,50 Euro für öffentliche Aufträge vor. Im Interview mit mindestlohn.de erläutert der Berliner Landeschef, warum sich dies bald ändern wird und welche Erfahrungen Berlin bisher mit dem Vergabe-Mindestlohn gemacht hat.

Der Koalitionsvertrag in Berlin, den Sie mit der CDU abgeschlossen haben, sieht die Anhebung des Mindestlohns im Berliner Vergabegesetz von 7,50 Euro auf 8,50 Euro für die öffentliche Auftragsvergabe vor. Warum ist dies aus Ihrer Sicht notwendig und ab wann wird das in Kraft treten?

Klaus Wowereit: Die Koalition hat es sich für die kommende Legislaturperiode zum Ziel gesetzt, die reguläre Arbeit mit Mindeststandards bei den Arbeitsbedingungen und Mindestlöhnen zu stärken. Die Aktivitäten des Senats zur Sicherung fairer Arbeitsbedingungen und insbesondere zur Eindämmung von prekärer Beschäftigung und von Lohn- und Sozialdumping sollen verstärkt werden. In diesem Zusammenhang wurde auch vereinbart, den im Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz vorgesehenen Mindestlohn auf eine Höhe von 8,50 Euro anzuheben und jährlich zu prüfen, inwieweit eine weitere Anpassung wegen veränderter wirtschaftlicher und sozialer Ver-hältnisse erforderlich ist. Alle dafür notwendigen Schritte, einschließlich der Änderung des Vergabegesetzes wird der Senat zügig umsetzen.

Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit dem Vergabegesetz in Berlin gemacht? Kritiker bemängeln, dass nicht genug getan werde, um die Einhaltung des Vergaberechts zu kontrollieren – es mangele an der Schulung der Beschäftigten in den Vergabestellen und auch an Personal. Wie wollen Sie diesem Missstand abhelfen?

Klaus Wowereit: Die Beschwerden über die mangelnde Durchsetzung des Berliner Gesetzes haben sich auf die Anfangszeit beschränkt und hatten auch damals nichts mit dem Mindestlohn zu tun, sondern mit anderen Bestimmungen, die für die Vergabestellen und die Unternehmen schwer zu handhabenden waren. Gemäß § 5 Absatz 1, Satz 1 und 2 BerlAVG hat der Senat außerdem ein Vergabe-Controlling eingerichtet. In den letzten Monaten ist es kaum noch zu Beschwerden gekommen. Beschwerden über die Nichtbeachtung des Mindeststundenentgelts liegen dem Senat nicht vor.

Immer mehr Bundesländer haben mittlerweile Lohnuntergrenzen: zum Beispiel Brandenburg 8,00 Euro, Rheinland-Pfalz 8,50 Euro, Nordrhein-Westfalen sogar 8,62 Euro. Sind Sie der Ansicht, jedes Bundesland sollte zwingend bei der öffentlichen Auftragsvergabe eine Lohnuntergrenze vorsehen?

Klaus Wowereit: Auch wenn wir anderen Bundesländern keine Handlungsempfehlungen geben wollen, würden wir es natürlich begrüßen, wenn sich ein breiterer Konsens für Mindestlöhne ergäbe.

Andere SPD-geführte Bundesländer mit einem CDU-Koalitionspartner unterstützen eine Bundesratsinitiative zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns. Warum konnten Sie sich an dieser Stelle nicht gegen die CDU durchsetzen? Oder ist die Wichtigkeit dieses Themas für Sie in den Hintergrund gerückt?

Klaus Wowereit: Der Antrag der Länder Baden-Württemberg, Hamburg und Rheinland-Pfalz „Faire und sichere Arbeitsbedingungen durch Implementierung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohnes" wird voraussichtlich am 10.2.2012 im Bundesrat beraten. Über das Abstimmungsverhalten Berlins wird der Senat unmittelbar zuvor beschließen. Die zustimmende Position der SPD-Seite dazu ist klar.

Sie fordern bei der Auftragsvergabe von privaten Unternehmen einen Mindestlohn von 8,50 Euro. Sind Sie der Meinung, dass dieser Mindeststandard auch in öffentlichen Bereichen gelten sollte, wo das Land direkten Einfluss hat – etwa bei den Zuwendungsemp-ängern wie sozialen Projekten oder in outgesourcten Bereichen öffentlicher Unternehmenz.B. Charité Facility Management)?

Klaus Wowereit: Dieser Mindeststandard sollte natürlich auch in allen öffentlichen Bereichen gelten. Wo das in Einzelfällen noch nicht gewährleistet ist, müssen wir es möglichst rasch umsetzen.


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