Deutscher Gewerkschaftsbund

27.02.2019

Betriebsratswahlen zu behindern ist eine Straftat – in Augsburg könnte sie jetzt häufiger verfolgt werden

Betriebsratswahlen zu behindern oder gar zu verhindern ("Union Busting") ist kein Kavaliersdelikt – sondern eine Straftat, auf die bis zu einem Jahr Gefängnis steht. Trotzdem verfolgen Staatsanwaltschaften nur sehr selten entsprechende Fälle. Der DGB fordert deshalb seit Langem Schwerpunktstaatsanwaltschaften für diese Delikte. Die Gewerkschaften in Augsburg haben jetzt das Gespräch mit der örtlichen Staatsanwaltschaft gesucht.

Nahaufnahme der Hände eines Mannes in Handschellen; Mann trägt Anzug und Krawatte

Colourbox.de

Fast jede sechste Betriebsratsgründung wird vom Arbeitgeber behindert

Eine Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung hatte bereits im Jahr 2016 gezeigt: Bei 16,3 Prozent aller neu gegründeten Betriebsräte haben Arbeitgeber die Betriebsratswahlen behindert – das ist fast jede sechste Betriebsratswahl bei Neugründung. Untersucht wurden Betriebe, die von den Gewerkschaften IG Metall, IG BCE und NGG betreut werden.

Dabei gilt die Behinderung von Betriebsratswahlen laut §119 des Betriebsverfassungsgesetzes ganz klar als eine Straftat, die "mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr Gefängnis oder mit Geldstrafe" bestraft wird. Trotzdem: "Die schwarzen Schafe unter den Arbeitgebern haben es viel zu leicht, eine Betriebsratswahl zu behindern – ohne jedes Risiko. Denn die zuständigen Staatsanwaltschaften betrachten das allzu oft nur als Kavaliersdelikt", kritisiert der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann. "Wir fordern deshalb Schwerpunktstaatsanwaltschaften, um diese Straftaten endlich wirksamer zu bekämpfen.“

Augsburger Gewerkschaften suchen aktiv das Gespräch mit der Staatsanwaltschaft

In Augbsurg haben die DGB-Gewerkschaften jetzt die Initiative ergriffen und sich mit der Staatsanwaltschaft Augsburg getroffen, um diese Problematik zu besprechen. Vertreterinnen und Vertreter der DGB-Region Schwaben sowie von IG Metall, IG BCE und ver.di Augsburg wollten so die Behörde für das Thema "Union Busting" sensibilisieren und ein stärkeres Engagement in diesem Bereich einfordern.

Denn auch in Augsburg ist "Union Busting" ein Problem: Die IG Metall Augsburg etwa berichtet, dass im Handwerk jede zweite Betriebsratswahl nicht ohne Probleme laufe.

Vier Personen (zwei Männer, zwei Frauen; Blick in die Kamera) vor einer Glassfassade mit der Aufschrift "Staatsanwaltschaft" und einem Wappen des Freistaats Bayern

Suchten das Gespräch mit der Staatsanwaltschaft Augsburg zum Thema Union Busting: Sabine Hofmann-Stadtländer, (Geschäftsführerin ver.di Augsburg), Silke Klos-Pöllinger (DGB-Regionsgeschäftsführerin Schwaben), Michael Leppek (1. Bevollmächtigter und Geschäftsführer der IG Metall Augsburg) und Torsten Falke (Bezirksleiter der IG BCE Augsburg). (v.l.n.r.) IG BCE Augsburg

Doch verfolgt werden diese Fälle auch in Augsburg bisher selten: In den vergangenen Jahren hat es bei der Staatswanwaltschaft nur zwei Verfahren gegeben, die einen Verstoß gegen §119 des Betriebsverfassungsgesetzes betrafen.

Das Ergebnis des Gesprächs der Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter mit der Staatswanwaltschaft: Zwar wird es auch in Augsburg vorerst keine eigene Schwerpunktstaatsanwaltschaft zu "Union Busting" geben. Aber: Bei der Schwerpunktstaatsanwaltschaft "Wirtschaftskriminalität" sollen betroffene Betriebsräte künftig einen festen Ansprechpartner bekommen – ein erster Erfolg.


HINTERGRUND

Böckler Impuls (17/2016): "Aggressive Arbeitgeber" (PDF, 66 kB)

"Arbeitgeber behindern jede sechste Betriebsratsgründung. Sie schüchtern Kandidaten ein, drohen mit Kündigung oder verhindern die Bestellung eines Wahlvorstands"


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