Umweltschutz als Investitionshemmnis - diese Zeiten sind längst passé sagt DGB-Vorstandsmitglied Dietmar Hexel im Interview mit "Arbeit und Umwelt". Inzwischen ist Umwelttechnologie ein Wachstumsmarkt; auch dort braucht es gute Arbeitsbedingungen.
Arbeit und Umwelt: Herr Hexel, 1,8 Millionen Deutsche arbeiten im Umweltsektor. Wie bewertet der DGB diese Entwicklung?
Dietmar Hexel: Vermutlich sind es noch mehr, weil auch in den alten Industrien zunehmend mehr Beschäftigte mit Umweltbelangen zu tun haben. Diese Entwicklung ist äußerst erfreulich, weil sie Ökologie und Ökonomie verbindet.
Dennoch wird die Umwelt, gerade in Krisenzeiten, immer noch als Investitionshemmnis und Wachstumsbremse angesehen.
Solch‘ antiquierte Sichtweisen werden immer seltener. Die Mehrheit der Entscheider sieht die Umwelt heute mit einem anderen Bewusstsein…
… und erkennt auch die Chancen grüner Wachstumsmärkte?
Ja, weil wir wissen, dass wir mit Ressourcen und Rohstoffen anders wirtschaften müssen. Wir müssen gute Produkte in hoher Qualität herstellen, die möglichst recycelbar sind und weniger Ressourcen verbrauchen. Sonst können wir die wachsende Weltbevölkerung weder ernähren, noch mit Wohlstand ausstatten.
Die Welt erlebt eine schwere Finanz- und Wirtschaftskrise, gleichzeitig bleibt die Klimakrise akut. Wie können wir beide Herausforderungen angehen? Sie haben vor einem Nachlassen beim Klimaschutz gewarnt.
Bei der Finanzkrise geht es vorrangig ums Geld, das sollten wir regeln können. Bei der Klimakrise geht es um viel mehr: um die Gattungsfrage und unseren Planeten. Das ist unendlich viel schwerer zu bewältigen. Wir können den Klimawandel aber aktiv angehen, und die Umwelttechnologien spielen dabei eine zentrale Rolle. Wir Deutschen haben hier ein großes Knowhow und sind Weltmarktführer.
Zu den erfolgreichsten Umwelttechnologien gehören die Erneuerbaren Energien. Hätte Ihnen vor zehn Jahren jemand gesagt, dass sie bis 2009 bei uns 15 Prozent des Stroms liefern und eine Viertel Million Menschen beschäftigen, was hätten Sie geantwortet?
Wir haben solch eine Entwicklung immer für realistisch gehalten, und wir können noch besser werden. Inzwischen sind auch die großen Stromkonzerne umgeschwenkt.
Taugt diese Erfolgsstory als Vorbild für die „alten“ Industrien?
Auch die so genannten alten Industrien haben sich gewandelt und sind teilweise Promoter im Umweltsektor geworden, das sollte man nicht vergessen. In den neuen Umwelt-Branchen ist die Innovationsgeschwindigkeit höher, auch das Bewusstsein über die Endlichkeit fossiler Ressourcen und der notwendige Schutz der Erde sind dort besser verankert. Davon können die alten Industrien lernen. Die haben dafür den Vorteil höherer sozialer Standards, was Tarifverträge, Betriebsräte und Bezahlung angeht.
Der DGB verfolgt das Konzept der „guten Arbeit“. Welchen Platz hat dabei die Umwelt?
Gute Arbeit braucht gute Umwelt. Soziale Standards, faire Bezahlung, sichere Arbeitsplätze, gute Produkte und gute Umweltbedingungen – das alles macht gute Arbeit aus.
„Arbeit und Umwelt“ Magazin des Bundesministeriums für Umwelt, 28.03.2009