Eine Frau regiert das Land, mehr Mädchen machen Abitur und an den Universitäten überwiegt der Frauenanteil. Doch bei der Bezahlung sind die Frauen weit abgeschlagen. Nirgendwo in Europa ist die Entgeltlücke zwischen den Geschlechtern so groß wie in Deutschland.
Es gibt also noch viel zu tun für die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern, meint Anja Weusthoff. Sie leitet die Abteilung Gleichstellungs- und Frauenpolitik beim DGB-Bundesvorstand.
Frage: Den Internationalen Frauentag gibt es seit 101 Jahren. Warum brauchen wir ihn immer noch?
Anja Weusthoff: Am ersten Internationalen Frauentag 1911 kämpften Frauen noch für ihr Wahlrecht, was inzwischen selbstverständlich ist. Doch auch 101 Jahr später gibt es noch echte Kämpfe auszufechten, wie etwa den für eine gesetzliche Quote für mehr Frauen in Führungspositionen. Laut eines OECD-Berichts sind nur vier von hundert Vorstandsposten in Deutschland mit Frauen besetzt. Während alle Parlamentarierinnen mit der "Berliner Erklärung" mehr Frauen in den Aufsichtsräten und Vorständen fordern und viele die Unternehmen verpflichten wollen, dies zu realisieren, plädiert Familienministerin Kristina Schröder für eine freiwillige Lösung. In der EU wollen die meisten BürgerInnen hingegen eine gesetzliche Quote.
DGB/Steinle
Steht die Gleichberechtigung vor einer Rolle rückwärts?
Das Betreuungsgeld droht Frauen wieder an den Herd zu schicken. Zwei Milliarden Euro werden dafür ausgegeben, um Eltern Anreize zu geben, ihr Kind nicht in einer Krippe oder Kita anzumelden, sondern zu Hause zu betreuen. Anstatt in gute Betreuung zu investieren, versucht die Bundesregierung überkommene Rollenbilder zu zementieren. Eine Absage an das Betreuungsgeld ist notwendig, um in Sachen Gleichstellung keine falschen Signale zu setzen.
Die Gewerkschaften kämpfen für gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Was bedeutet das wirklich?
Nirgendwo in der EU ist das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen so groß wie in Deutschland. Damit Frauen nicht ein Viertel weniger verdienen als Männer, müssen Unternehmen verpflichtet werden ihre Entgeltpraxis zu überprüfen und geschlechtergerecht zu gestalten. Vor allem Frauen arbeiten oft als Minijobberinnen und in Bereichen, in denen es keine Tarifbindung gibt. Deshalb ist ein gesetzlicher Mindestlohn von 8, 50 Euro besonders für Frauen wichtig.
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