Deutscher Gewerkschaftsbund

02.10.2019
Tarifflucht-Atlas

Minus 40 Milliarden: Warum Tarifflucht uns alle teuer zu stehen kommt

DGB-Berechnungen zeigen Kosten für jedes Bundesland

Weniger Steuereinnahmen, weniger Zahlungen in die Sozialkassen, weniger Kaufkraft: Durch Tarifflucht und Lohndumping entgehen Deutschland jedes Jahr Einnahmen in Milliardenhöhe. "Das Geld fehlt für den sozialen Ausgleich und für dringend notwendige Investitionen in die Infrastruktur und in Bildung", kritisiert DGB-Vorstand Stefan Körzell.

Miniaturen von Menschen zwischen Geldscheinen und Münzen

DGB/calvste/123RF.com

Teure Tarifflucht
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Für immer weniger Beschäftigte und Betriebe in Deutschland gilt ein Tarifvertrag. Im Jahr 2018 waren nur noch 56 Prozent der Beschäftigten im Westen und 45 Prozent im Osten tarifgebunden. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer selbst, sondern für die Allgemeinheit - und zwar auf verschiedenen Ebenen.

Durch Tarifflucht und Lohndumping entgehen den Sozialversicherungen jedes Jahr rund 24,8 Milliarden Euro Beiträge. Bund, Ländern und Kommunen fehlen 14,9 Milliarden Steuereinahmen. Zusammen rund 40 Milliarden Euro. Und: Ohne Tarifvertrag hat der arbeitende Teil der Bevölkerung weniger Geld in der Tasche, das er ausgeben kann. Das wiederum hat Einfluss auf die Wirtschaft und die Konjunktur. Wären alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tarifgebunden, würde sich ihre Kaufkraft um 35 Milliarden erhöhen - Jahr für Jahr. Das hat der DGB auf Grundlage der letzten Verdienststrukturerhebung des Statistischen Bundesamts berechnet. Dabei wurden auch die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland deutlich.


Kosten der Tarifflucht 

Gesamtdeutschland

Mindereinnahmen der Sozialversicherungen:

24,8 Milliarden Euro

Mindereinnahmen Verlust bei der Einkommensteuer für Bund, Land und Kommunen insgesamt :

14,9 Milliarden Euro

Kaufkraftgewinn, wenn Beschäftigte tarifgebunden wären:

35,1 Milliarden Euro

Ostdeutschland (inkl. Berlin)

Mindereinnahmen der Sozialversicherungen:

10,7 Milliarden Euro

Mindereinnahmen Verlust bei der Einkommensteuer für Bund, Land und Kommunen insgesamt :

6,5 Milliarden Euro

Kaufkraftgewinn, wenn Beschäftigte tarifgebunden wären:

15,1 Milliarden Euro

Westdeutschland

Mindereinnahmen der Sozialversicherungen:

14,1 Milliarden Euro

Mindereinnahmen Verlust bei der Einkommensteuer für Bund, Land und Kommunen insgesamt :

8,5 Milliarden Euro

Kaufkraftgewinn, wenn Beschäftigte tarifgebunden wären:

20 Milliarden Euro


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Alle Angaben ohne Gewähr. Stand der Daten: 16. September 2019 

Quelle: Eigene Berechnungen DGB auf Basis VSE 2014 Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes


Soziale Verantwortung der Unternehmen

"Eine geringe Tarifbindung und die grassierende Tarifflucht bringen die Allgemeinheit bei der Sozialversicherung und den Steuern um Milliardenbeträge“, kommentiert DGB-Vorstand Stefan Körzell die aktuelle Auswertung. „Das Geld fehlt für den sozialen Ausgleich und für dringend notwendige Investitionen in die Infrastruktur und in Bildung. Da müssen sich die Unternehmen dann schon mal die unbequeme Frage nach ihrer sozialen Verantwortung gefallen lassen, gerade auch angesichts der großen Umwälzungen, vor denen wir stehen."

Portrait Stefan Körzell

DGB/Simone M. Neumann

„Tarifverträge sichern den sozialen Frieden und Gute Arbeit."
DGB-Vorstand Stefan Körzell

So kann die Politik die Tarifbindung stärken

Doch nicht nur die Unternehmen, auch die Politik ist in der Pflicht. Nach Auffassung des DGB dürften öffentliche Aufträge und Fördergelder nur noch an tarifgebundene Unternehmen vergeben werden. „Es ist ein Unding, dass der Staat mit Steuergeldern auch noch Lohndumping unterstützt. Stattdessen sollte der Staat seine öffentlichen Aufträge an Bedingungen für faire Bezahlung knüpfen“, sagt Stefan Körzell.

Weitere mögliche Hebel sind die Reform der Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) von Tarifverträgen sowie bessere Regelungen zu Nachbindung und Nachwirkung von Tarifverträgen. „Tarifverträge sichern den sozialen Frieden und Gute Arbeit, sie sind ein hohes Gut in unserer Demokratie", so Körzell weiter. "Die Sozialpartnerschaft ist aber keine Einbahnstraße. Alle bisherigen Reformen des Tarifautonomiestärkungsgesetzes haben keinerlei Wirkung erzielt. Deshalb gehört eine hohe Tarifbindung und starke Sozialpartnerschaft ganz oben auf die Agenda der Bundesregierung. Sie muss jetzt zeigen, dass sie es mit der Stärkung der Tarifbindung ernst meint."


Die Forderungen des DGB zur Stärkung der Tarifbindung auf einen Blick:

DGB-Positionen zur Stärkung der Tarifbindung (PDF, 170 kB)

DGB-Positionspapier für Maßnahmen zur Stärkung der Tarifbindung


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