Impfstoff zugelassen, Impfverordnung beschlossen - der Impfstart steht kurz bevor. Bald sollen auch in Deutschland die ersten Corona-Impfungen starten. Wir beantworten, was Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jetzt wissen müssen. Zum Beispiel, welche Berufesgruppen zuerst geimpft werden können - oder ob eine Impfpflicht besteht. Und: Wie man eine Bescheinigung des Arbeitgebers bekommt, dass man zu einer der Berufsgruppen gehört, die bei den Impfungen "höchste", "hohe" oder "erhöhte Priorität" haben.
DGB/Simone M. Neumann
FAQ zu Corona-Impfungen in Deutschland
Die am 17. Dezember 2020 vom Bundesgesundheitsminister erlassene Impfverordnung regelt, wer in Deutschland den Anspruch auf eine Schutzimpfung gegen das neue Coronavirus hat (PDF):
Das Recht auf die Corona-Schutzimpfung haben grundsätzlich
Schließlich haben auch einige GrenzpendlerInnen, die weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, das Recht auf eine Corona-Impfung in Deutschland, wenn sie in Unternehmen arbeiten, in denen der Schutz vor Corona besonders relevant ist. Dazu zählen Beschäftigte in Pflegeheimen und -diensten, Krankenhäusern, LehrerInnen und ErzieherInnen, sowie das Schlüsselpersonal der so genannten kritischen Infrastruktur wie u.a. Transport- und Verkehrswesen, Wasser- und Energieversorgung, Ernährungs- und Abfallwirtschaft oder Einzelhandel. Auch Beschäftigte mit prekären Arbeits- und/oder Lebensbedingungen (ohne, dass näher entschieden ist, wer dazu gehört) haben Recht auf eine Corona-Schutzimpfung in Deutschland.
So einfach ist es nicht. Der Impfstoff ist zunächst nur begrenzt verfügbar.
Die Impfverordnung unterscheidet deshalb zwischen Personen mit
und regelt die Reihenfolge, in der diese drei Gruppen nacheinander geimpft werden sollen. Innerhalb dieser Gruppen sind in Abhängigkeit von der epidemiologischen Lage vor Ort weitere Priorisierungen möglich. Erst nach diesen Personen sind alle anderen impfbereiten Menschen dran.
Zu dieser Gruppe, die als erste das Anrecht auf Impfung erhält, gehören:
Zu dieser Gruppe, die an der zweiten Stelle das Anrecht auf Impfung erhält, gehören:
Zu dieser Gruppe, die nach den Personen mit höchster und hoher Priorität das Anrecht auf Impfung erhält, gehören:
Die obersten Gesundheitsbehörden der Länder sollen die Terminvergabe organisieren, für die Bundesbeschäftigten der Bund. Das Verfahren soll zwischen den Ländern und dem Bund abgestimmt werden. Die Terminvergabe soll standardisiert werden und telefonisch oder digital über ein im Internet zugängliches Modul möglich sein. Die Einzelheiten dazu sind noch nicht bekannt (Stand: 18. Dezember 2020).
Für die Durchführung der Corona-Schutzimpfungen sollen Impfzentren mit mobilen Impfteams durch die Länder oder in deren Auftrag errichtet werden. Für die Bundesbeschäftigten kann der Bund die Durchführung von Schutzimpfungen übernehmen.
Das kommt auf den Grund an, aus dem prioritär geimpft werden sollen.
Ja, es ist davon auszugehen, auch wenn diese Frage – entgegen der Empfehlung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und seiner Mitgliedsgewerkschaften – in der Corona-Impfverordnung nicht ausdrücklich geregelt worden ist. Der Arbeitgeber hat eine entsprechende Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis.
Die Verordnung regelt ausschließlich ein Recht auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2. Eine Pflicht zur Impfung ist nicht vorgesehen. Das gilt auch für das Arbeitsverhältnis.
Der Arbeitgeber kann eine solche Impfung grundsätzlich nicht verlangen, es sei denn sie ist gesetzlich für bestimmte Beschäftigtengruppen vorgeschrieben. Dies ist bei der Corona-Schutzimpfung nicht der Fall. Der Grundsatz der Freiwilligkeit gilt auch mit Blick auf § 23a IfSG. Arbeitgeber haben regelmäßig kein Interesse daran, sich den im Raum stehenden Haftungsrisiken bei etwaigen Komplikationen auszusetzen.
Da es keine Impfpflicht gibt, kann der Arbeitgeber keine Maßnahmen gegen diejenigen ergreifen, die nicht geimpft sind oder es nicht vorhaben. Der Arbeitgeber bleibt daher arbeitsvertraglich zur Beschäftigung – mit oder ohne Impfung - verpflichtet. Sollte ein Arbeitgeber gleichwohl eine vertragsgemäße Beschäftigung von einer Impfung abhängig machen und beispielsweise den Zutritt zum Betrieb oder einem Betriebsteil verweigern, gerät er unter Umständen in den so genannten Annahmeverzug. Bieten Beschäftigte ihre Arbeit ansonsten ordnungsgemäß an, muss der Arbeitgeber die Vergütung dennoch zahlen.
Nein, das kann er nicht. Das arbeitsrechtliche Maßregelungsverbot aus § 612a BGB verbietet nicht nur die Benachteiligung von Beschäftigten, welche in zulässiger Weise ihre Rechte (z.B. Anspruch auf Schutzimpfung) ausüben, sondern erst recht auch den umgekehrten Fall der Benachteiligung von Beschäftigten, welche ihren Anspruch (auf Schutzimpfung) freiwillig nicht wahrnehmen wollen.
Betriebsparteien haben bei ihren Regelungen die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten zu achten und zu schützen. Das folgt ausdrücklich aus dem § 75 Abs. 2 BetrVG. Daraus folgt, dass eine zwingende Pflicht zur Impfung auch durch eine Betriebsvereinbarung grundsätzlich nicht zu rechtfertigen ist. Allerdings können die Betriebsparteien regeln, dass Beschäftigte, welche freiwillig von ihrem Anspruch auf eine Schutzimpfung Gebrauch machen wollen, dafür bezahlt von der Arbeit freigestellt werden.
Nein, diese Auskunft schulden Sie Ihrem Arbeitgeber nicht. Von der gesetzlich geregelten Masernimpfpflicht abgesehen – diese gilt seit dem 1. März 2020 für die Beschäftigten zum Bespiel in Kitas und Schulen – ist Impfen Privatsache der Beschäftigten.
Grundsätzlich sind Beschäftigte angehalten, Termine der Gesundheitsvorsorge nach Möglichkeiten außerhalb der Arbeitszeit zu legen. Im Falle der Corona-Schutzimpfung ist jedoch zu erwarten, dass Beschäftigte wenig Spielraum bei der Terminvergabe haben werden. Werden der impfberechtigten und impfwilligen Person ausschließlich Termine während der Arbeitszeit angeboten, besteht das Recht, für den Termin der Arbeit fernzubleiben. Fehlt eine entsprechende betriebliche Regelung, sollte die Terminwahrnehmung vorab mit dem Arbeitgeber abgestimmt werden.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und seine Mitgliedsgewerkschaften haben ein klares gesetzliches Recht für die Beschäftigten gefordert, für die Wahrnehmung der Corona-Impftermine während der Arbeitszeit unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt zu werden. Die Verordnung sieht dieses Recht jedoch nicht vor.
Grundsätzlich greift zwar für die Wahrnehmung der Impftermine der Grundsatz, dass Beschäftigte ihr Recht auf Vergütung nicht verlieren, wenn sie vorübergehend an der Arbeitsleistung ohne eigenes Verschulden verhindert sind (§ 616 S. 1 BGB). Diese Regelung kann aber vertraglich (durch Tarif- oder Arbeitsverträge) verändert oder auch abbedungen werden. Zahlreiche Tarifverträge und Einzelverträge schließen diesen Anspruch aus. Es kommt daher stets darauf an, was in den für auf das jeweilige Arbeitsverhältnis anwendbaren Vereinbarungen geregelt ist.
Der Arbeitgeber kann die fehlende Schutzimpfung nicht sanktionieren, da es weder eine gesetzliche Impfpflicht gibt noch diese vom Arbeitgeber eingeführt werden kann.
Rechtliche Nachteile sind allerdings im Zusammenhang mit der Entschädigungszahlung bei der behördlich angeordneten Quarantäne möglich. Beschäftigte, die durch die Quarantäne einen Verdienstausfall erleiden (etwa dann, wenn sie während der Quarantäne nicht von Zuhause arbeiten können), haben zwar grundsätzlich Anspruch auf eine Entschädigung ihres Verdienstausfalls durch den Staat (§ 56 Abs. 1 IfSG). Dieses Recht entfällt aber, wenn die Quarantäneanordnung durch die Inanspruchnahme einer Schutzimpfung, die öffentlich empfohlen wurde, vermeidbar gewesen wäre. Personen, die künftig durch die Schutzimpfung die Quarantäne vermeiden können, laufen die Gefahr, dass sie das Recht auf Entschädigung verlieren, wenn sie die Impfung ablehnen.
Beschäftigte, die an COVID-19 erkranken und dadurch arbeitsunfähig sind, sind grundsätzlich wie andere Beschäftigte zu behandeln. Das bedeutet, dass sie zunächst grundsätzlich für sechs Wochen (zugunsten der Beschäftigten abweichende Regelungen sind möglich) die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall von ihrem Arbeitgeber erhalten und anschließend das Krankengeld von der Krankenkasse. Diese Regel gilt auch dann, wenn ein Beschäftigter an Covid-19 erkrankt, obwohl er sich hätte impfen lassen können.
Teilweise wird zwar die Auffassung vertreten, dass bei einer Corona-Erkrankung, die aktuell auch stets eine Quarantäneanordnung nach sich zieht, die Arbeitsunfähigkeit nicht durch die Erkrankung, sondern durch die behördliche Anordnung erfolgt, so dass der Arbeitgeber nicht zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist. Richtigerweise ist aber die Quarantäneanordnung nicht die Ursache des Arbeitsausfalls, sondern die Folge der Erkrankung. Das Bundesarbeitsgericht hat daher vor Jahren entschieden, dass in diesem Fall das Recht auf Entgeltfortzahlung weiterhin besteht (BAG, Urteil vom 26. April 1978 – 5 AZR 7/77).
ArbeitnehmerInnen können unter Umständen ihren Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verlieren, wenn sie ihre Erkrankung verschuldet haben. Das setzt aber voraus, dass sie sich leichtfertig oder gar vorsätzlich Risiken ausgesetzt haben in einer Weise, die gravierend gegen "das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten" (so die Arbeitsgerichte) verstößt. Alleine die Tatsache, dass eine empfohlene Impfung nicht wahrgenommen wurde begründet einen solchen Verstoß nicht – selbiges gilt im Übrigen bei sonstigen Erkrankungen, gegen die Impfungen vorhanden sind und empfohlen werden.