Um den angestauten Investitionsbedarf zu decken, benötigt der Staat höhere Steuereinnahmen. Eine Möglichkeit wäre die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Anders als oftmals behauptet, wäre dies nicht verfassungswidrig, sondern sogar geboten. Der DGB hat Vorschläge gemacht, wie eine verfassungskonforme Vermögensteuer aussehen kann.
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Der Staat braucht eine solidere Einnahmebasis. Der angestaute Investitionsbedarf und die Lücken in der öffentlichen Versorgung sind jeden Tag offensichtlich: Züge, Busse und U-Bahnen sind verspätet oder fallen aus. In Krankenhäusern, Kitas und Schulen herrscht akuter Personalmangel. Es braucht attraktivere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne im öffentlichen Dienst, um wieder mehr Menschen für die dortigen Berufe zu begeistern. Geld zur Lösung dieser Probleme ist vorhanden. Und es reicht noch für viel mehr, wenn endlich gerecht verteilt wird.
Die Zahl der Einkommensmillionäre und die Einkommensungleichheit in Deutschland wachsen. Vor allem die Ungleichheit bei Vermögen ist extrem: Das reichste Hundertstel der Bevölkerung besitzt rund 30 Prozent des gesamten Vermögens. Gleichzeitig haben ärmere Haushalte kein Vermögen oder sind netto sogar verschuldet. Und auch das öffentliche Vermögen verrottet vielerorts: Wegen des Sparkurses waren die staatlichen Investitionen in den letzten 20 Jahren oft geringer als die Abschreibungen. Das heißt: Es wurde noch nicht einmal genug zur Instandhaltung bestehender Infrastruktur investiert. Von einer Modernisierung ganz zu schweigen.
Steuern auf Vermögen tragen in Deutschland viel weniger zum gesamten Steueraufkommen bei als in anderen Ländern (siehe Grafik). Es gibt also viele gute Gründe, eine stärkere Besteuerung großer Vermögen ins Zentrum einer gerechten Steuerreform zu stellen. Das betrifft zum einen Vermögen, das vererbt wird: Es ist nicht nachvollziehbar, dass ausgerechnet reiche Unternehmenserben von weitgehenden Erleichterungen bei der Erbschaftsteuer profitieren. Diese Ausnahmen sind regelmäßig die größte Steuersubvention im Subventionsbericht der Bundesregierung, sie kosten die Allgemeinheit jedes Jahr rund fünf bis sieben Milliarden Euro. Sie gehören abgeschafft.
Außerdem braucht es die Wiedererhebung der Vermögensteuer. Sie wird seit 1997 nicht mehr erhoben, weil das Bundesverfassungsgericht seinerzeit Teile des damaligen Vermögensteuergesetzes für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärte, weil verschiedene Vermögensarten zu unterschiedlich behandelt würden.
*Taxes on Property DGB/ Quelle: OECD
Das heißt aber nicht, dass eine Wiedererhebung verfassungswidrig wäre, wie interessierte Kreise gern behaupten. Im Gegenteil: Das Grundgesetz erwähnt die Vermögensteuer ausdrücklich. Und das Bundesverfassungsgericht hatte den Gesetzgeber auch aufgefordert, bis Ende 1996 eine verfassungskonforme Neuregelung im Gesetz vorzunehmen. Das haben die Bundesregierungen seitdem allerdings verweigert.
Ein neues Rechtsgutachten im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung bestätigt jetzt erneut, dass die Wiedererhebung der Vermögensteuer nicht nur verfassungsgemäß, sondern auch geboten ist: „Die notwendige Erfassung der gesamten steuerlichen Leistungsfähigkeit spricht (…) dafür, neben der Einkommen- auch eine Vermögensteuer zu etablieren“.
Der DGB hat einen Vorschlag für eine verfassungskonforme Vermögensteuer gemacht: Der Steuersatz ab einem Vermögen von mehr als eine Million Euro beträgt ein Prozent und steigt dann progressiv in mehreren Schritten. Bei über einer Milliarde Euro wird der Höchststeuersatz von zwei Prozent fällig.
DGB/hqrloveq/123rf.com
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