Die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro war notwendig und längst überfällig. Das bestätigen aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Seit der Erhöhung im Oktober haben 5,8 Millionen Menschen mehr Geld im Portemonnaie. Aufgrund der gestiegenen Inflation ist aber auch klar, dass der Mindestlohn weiter steigen und zu einem existenzsichernden Lohn weiterentwickelt werden muss.
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Seit letztem Oktober beträgt die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns 12 Euro je Stunde - auch dank der Gewerkschaften, die sich für diesen außerplanmäßigen Schritt durch den Gesetzgeber stark gemacht haben. Neue statistische Auswertungen bestätigen jetzt noch einmal: Der 12 Euro Mindestlohn war notwendig und längst überfällig.
Das Statistische Bundesamt hat aktuelle Zahlen veröffentlicht, die zeigen, wie viele Personen von der Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohnes auf 12 Euro profitierten. So haben 5,8 Millionen Menschen seit Oktober letzten Jahres mehr Geld im Portemonnaie (siehe Abbildung). Das sind rund 15 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse. In Ostdeutschland sind es rund 900.000 Beschäftigte, was einen Anteil von 18,2 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse bedeutet.
Besonders profitierten Frauen, denn etwa jede sechste Frau arbeitet zu Mindestlohnbedingungen (3,3 Millionen). Mehr als jeder zweite Mensch im Minijob hat außerdem vor Oktober 2022 unter 12 Euro die Stunde verdient. Mit der Erhöhung erhielten drei Millionen dieser geringfügig entlohnten Beschäftigten von heute auf morgen mehr Geld. Zudem zeigen die Zahlen des Bundesamtes, dass der Anteil derer, die zu Niedriglöhnen arbeiten, durch die Mindestlohnerhöhung von 19 auf 15,2 Prozent sank. Das zeigt: Der Mindestlohn erfüllt eines seiner vorrangigen Ziele – nämlich den Schutz der Beschäftigten.
Die Mindestlohn-Erhöhung wirkte sich zusätzlich positiv auf die Wirtschaft aus, da die Kaufkraft der Beschäftigten stieg. Die stärkere Kaufkraft und höhere Binnennachfrage helfen in den aktuellen Krisen, die Konjunktur zu stabilisieren. Ausgeblieben sind so genannte negative Beschäftigungseffekte, das zeigt die Forschung. Wer also weiterhin behauptet, durch einen höheren Mindestlohn gehen Jobs verloren, lebt in einer Märchenwelt.
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Die unerwartet stark gestiegene Inflation frisst die letzte Mindestlohnerhöhung weitgehend auf. Deshalb gilt es nun, den Blick nach vorne zu richten. Bereits Ende Juni wird die zuständige Mindestlohnkommission, die paritätisch mit Vertreter*innen der Arbeitgeber und Gewerkschaften besetzt ist, wieder über die Höhe des Mindestlohns entscheiden, der dann ab dem 01.01.2024 gilt.
Für die Gewerkschaften ist klar: Der Mindestlohn muss weiter steigen und zu einem existenzsichernden Lohn weiterentwickelt werden. Die Teuerung bei Energie und Lebensmitteln trifft die arbeitende Bevölkerung hart – und ganz besonders Menschen, die zum Mindestlohn arbeiten und ohnehin ein geringes Einkommen haben. Dies sind oftmals Beschäftigte, die buchstäblich den Laden am Laufen halten – zum Beispiel im Handel, in der Logistik und im Gastgewerbe.
Es geht auch darum, dass der Mindestlohn zukünftig die Kaufkraft der Beschäftigten sichert. Dass die Kaufkraftentwicklung von der Mindestlohnkommission berücksichtigt werden muss, schreibt auch die neue EU-Mindestlohnrichtlinie vor. Zudem sieht die Richtlinie vor, dass angemessene gesetzliche Lohnuntergrenzen mindestens 60 Prozent des mittleren gesamtwirtschaftlichen Lohns (Medialohn) entsprechen müssen.
Fakt ist aber auch: Der Mindestlohn ist nur die zweitbeste Lösung. Gute Löhne gibt es nur mit Tarifverträgen. Umso wichtiger ist es, die zurückgegangene Tarifbindung wieder zu stärken.
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Gewerkschaftliche Wirtschaftspolitik stellt sich der Frage, wie der gesellschaftliche Reichtum gesteigert und zum Wohl der arbeitenden Bevölkerung verteilt werden kann. Uns geht es darum, den Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit für höhere Löhne, weniger Arbeitszeit und mehr Sozialstaat zu nutzen. Dies erfordert ein produktives Zusammenwirken von Staat und Markt. Märkte können schöpferisch sein und den gesellschaftlichen Wohlstand mehren. Märkte sind jedoch sozial und ökologisch blind. Die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise hat das destruktive Potenzial unregulierter Märkte eindrucksvoll offengelegt. Deswegen bedarf es staatlicher Regulierung, Verteilungs-, Wirtschafts-, Sozial-, sowie Industrie- und Dienstleistungspolitik, um die Marktkräfte zu zivilisieren. Die Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik entwickelt und popularisiert wirtschaftspolitische Strategien und Instrumente, die diesen Zielen dienen.
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