Deutscher Gewerkschaftsbund

26.10.2023

"Ein erheblicher Nachholbedarf besteht"

Am 11. Oktober 2023 haben die DGB-Gewerkschaften für den öffentlichen Dienst die Forderung für die Tarifverhandlungen für die rund 1,2 Millionen Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder beschlossen. Wir haben Christine Behle, ver.di-Vize und eine der gewerkschaftlichen Verhandlungsführer*innen, dazu befragt.

Portrait: Christine Behle, stellvertretende ver.di-Vorsitzende

Christine Behle, ver.di-Vize und eine der gewerkschaftlichen Verhandlungsführer*innen. Kay Herschelmann

Ihr fordert 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro. Was entgegnet ihr jenen, die die Forderung für zu hoch halten?

Wir befinden uns aktuell in einer außergewöhnlichen Situation. Auch wenn die Inflationsrate im September auf 4,5 Prozent gefallen ist, rechnen die Wirtschaftsinstitute mit einer durchschnittlichen Inflation im Jahr 2023 von rund 6 Prozent. Und im Jahr 2022 hatten wir mit 7,9 Prozent die höchste Preissteigerungsrate seit Bestehen der Bundesrepublik. Unser letzter Tarifabschluss in 2021 konnte das nicht annähernd ausgleichen, so dass ein erheblicher Nachholbedarf besteht. Gleichzeitig befinden sich die Länder im Wettbewerb um Arbeits- und Fachkräfte. Der lässt sich nur mit wettbewerbsfähigen Vergütungen bewältigen. Hinzu kommt, dass die Beschäftigten dafür Sorge tragen, dass unser Staat, unsere Daseinsvorsorge funktioniert. Das wird in solchen Krisenzeiten, in den wir uns befinden, überdeutlich. Dafür sind sie auch ordentlich zu bezahlen. Im öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen haben wir bereits im April einen ordentlichen Tarifabschluss erzielt. Zum März 2024 beträgt die Vergütungsdifferenz durchschnittlich 10,5 Prozent. Jetzt müssen die Länder nachziehen.

Über 66.000 Beschäftigte haben an eurer Befragung, die Grundlage der aufgestellten Tarifforderung ist, innerhalb von 6 Wochen teilgenommen. Ein starkes Zeichen an die Arbeitgeber, oder?

Auf jeden Fall. Bei unserer Befragung zur letzten Tarifrunde in 2021 haben nur etwa die Hälfte teilgenommen. Auch in den Dienststellen und Betrieben tut sich was. Wir führen derzeit viele persönliche Gespräche vor Ort oder am Telefon und informieren über die anstehende Tarifrunde. Deutlich mehr Beschäftigte als in den Vorjahren wollen sich engagieren. Es zeigt sich, dass es eine Aufbruchsstimmung bei den Beschäftigten gibt. Viele wissen, es geht um viel. Wenn wir jetzt gemeinsam keinen ordentlichen Tarifabschluss durchsetzen, sind wir für lange Zeit im Bereich der Länder abgehängt.

ver.di nutzt seit einiger Zeit sogenannte Tarifbotschafter*innen. Was steckt hinter diesem Konzept?

Die Beschäftigten im Bereich der Länder sind auf viele Dienststellen und Betriebe verteilt. Und in vielen insbesondere kleineren Bereichen gibt es keine gewerkschaftlichen Aktivenstrukturen. Viele Beschäftigte bekommen daher Informationen zur Tarifrunde oft sehr spät oder gar nicht. Wir wollen das ändern und Beschäftigte bei ihrer eigenen Tarifrunde zu Akteur*innen machen. Deshalb können sich unsere Mitglieder für die Zeit der Verhandlungen als Tarifbotschafter*in melden. Unmittelbar nach Forderungsbeschluss und Verhandlungsrunden laden wir alle Tarifbotschafter*innen zu Videokonferenzen ein und informieren als Verhandlungsführung exklusiv und direkt über die Verhandlungen, so dass alle sprechfähig sind. Gleichzeitig nehmen wir auch Anregungen auf, die wir in die Verhandlungen einfließen lassen. Wir hatten schon Konferenzen mit 3.000 Beschäftigten. Das wird also gut angenommen. Die Tarifbotschafter*innen informieren dann ihre unmittelbaren Arbeitskolleg*innen. Manche engagieren sich auch darüber hinaus in betrieblichen Aktivitäten und Warnstreiks.


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