Gewerkschaften, Umwelt- und Sozialverbände fordern eine Kurskorrektur bei der Haushaltsplanung des Bundes. Mit ihren Kürzungsplänen schwäche die Bundesregierung die Stabilität unserer Demokratie, heißt es in einem gemeinsamen Brief an Fraktionsspitzen und Haushaltsausschuss.
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Am 15. November lehnte das Bundesverfassungsgericht den Nachtragshaushalt 2021 und somit die Aufstockung des Klima- und Transformationsfonds um 60 Milliarden Euro als verfassungswidrig ab. Trotzdem nahm der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages am 16. November seine entscheidenden Beratungen zum Bundeshaushalt 2024 auf. Der endgültige Beschluss wird am 23. November erwartet. Der Bundeshaushalt für das nächste Jahr geht dabei mit massiven Kürzungen einher.
10 Verbände hatten deshalb breits im Vorfeld der Haushaltsverhandlungen einen gemeinsamen Brief an die Fraktionsspitzen der im Bundestag vertretenen demokratischen Parteien und an die Mitglieder des Haushaltsausschusses geschrieben.
Unterzeichnet haben neben dem DGB der AWO Arbeiterwohlfahrt Bundesverband, Deutscher Kulturrat, Bundesjugendring, BUND, Mieterbund, freier Zusammenschluss von
Student*innenschaften, Der Paritätische, SoVD, Deutscher Naturschutzring.
Kurskorrektur bei Sparpolitik der Bundesregierung dringend notwendig!
Wir sind zutiefst besorgt über die von der Bundesregierung eingeleitete Sparpolitik und fordern Sie nachdrücklich zu einer Kurskorrektur auf. Der vom Kabinett beschlossene Haushalt für das kommende Jahr geht mit drastischen sozialen Kürzungen – von Hilfen für Arbeitslose über die Kinder- und Jugendhilfe bis zur Unterstützung Geflüchteter – mit Streichungen beim Umweltschutz sowie der Verweigerung erforderlicher Zukunftsinvestitionen einher. Mit diesem Kurs gefährdet die Bundesregierung den Erfolg der sozial-ökologischen Transformation.
In einer Zeit, in der antidemokratische Kräfte immer stärker Raum greifen, die Klimakrise sich verschärft und die soziale Ungleichheit wächst, brauchen wir nichts dringender als Investitionen in die Zukunft und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Stattdessen beschneidet die Bundesregierung die soziale Infrastruktur und schwächt mit ihren Kürzungsplänen die Stabilität unserer Demokratie. Mit der angekündigten Rückkehr zur "fiskalpolitischen Normalität" verkennt sie nicht nur die aktuellen konjunkturellen und transformativen Erfordernisse, sondern knüpft an eine Finanz- und Haushaltspolitik vor Beginn der Corona-Krise an, die schon damals weder sozial gerecht noch zukunftsfest und an ökologischen Zielen orientiert war.
Bereits 2019 waren der Investitionsstau und der Modernisierungsdruck bei der öffentlichen Infrastruktur, im Bildungs- und Kulturbereich, bei bezahlbarem Wohnraum und im Gesundheitswesen groß. Seither sind die Bedarfe weiter gewachsen. Um die Umwelt- und Klimaziele zu erreichen, brauchen wir deutlich höhere Investitionen in die Dekarbonisierung von Wirtschaft und Gesellschaft und ihre soziale Flankierung.
Was heute an notwendigen Investitionen unterlassen und bei der Daseinsvorsorge eingespart wird, schadet nicht nur unmittelbar, sondern belastet gerade auch künftige Generationen mit den Kosten ungelöster Aufgaben und vertaner Chancen.
Statt unsere Gesellschaft und Wirtschaft mit einem Konsolidierungskurs zu schwächen, braucht es eine zukunftsfeste und gerechtere Finanz- und Steuerpolitik, die staatliche Handlungsfähigkeit und Demokratie stärkt und mutig in die Zukunft investiert.
Deshalb müssen kurzfristig alle vorhandenen Spielräume genutzt werden. Mittelfristig bedarf es gleichermaßen einer investitionsfreundlichen Reform der Schuldenbremse, den schrittweisen sozialverträglichen Abbau umweltschädlicher Subventionen sowie einer stärkeren Beteiligung sehr hoher Einkommen und Vermögen an der Finanzierung des Gemeinwesens und der Transformation.
Wir rufen Sie daher auf, sich mit Ihrer Stimme gegen den von der Bundesregierung anvisierten Sparkurs einzusetzen.
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Gewerkschaftliche Wirtschaftspolitik stellt sich der Frage, wie der gesellschaftliche Reichtum gesteigert und zum Wohl der arbeitenden Bevölkerung verteilt werden kann. Uns geht es darum, den Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit für höhere Löhne, weniger Arbeitszeit und mehr Sozialstaat zu nutzen. Dies erfordert ein produktives Zusammenwirken von Staat und Markt. Märkte können schöpferisch sein und den gesellschaftlichen Wohlstand mehren. Märkte sind jedoch sozial und ökologisch blind. Die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise hat das destruktive Potenzial unregulierter Märkte eindrucksvoll offengelegt. Deswegen bedarf es staatlicher Regulierung, Verteilungs-, Wirtschafts-, Sozial-, sowie Industrie- und Dienstleistungspolitik, um die Marktkräfte zu zivilisieren. Die Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik entwickelt und popularisiert wirtschaftspolitische Strategien und Instrumente, die diesen Zielen dienen.
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Steuerpolitik
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Tarifpolitische Koordinierung und Mindestlohn
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Wohnungs- und Verbraucherpolitik