Die Prognosen für das laufende Jahr zeigen einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts an, doch diese Wirtschaftsflaute trifft Branchen und Unternehmen sehr unterschiedlich: Während einige gute Krisengewinne einfahren, ächzen viele Unternehmen und Haushalte unter den gestiegenen Kosten. Es braucht jetzt zielgenaue Maßnahmen, um Haushalte und Unternehmen in der Krise zu unterstützen.
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In Deutschland hat sich die wirtschaftliche Lage verschlechtert. Prognosen gehen für das laufende Jahr von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von -0,3 bis -0,5 Prozent aus. Dazu tragen besonders die Entwicklung der Industrieproduktion, die schwache Auslandsnachfrage, aber auch der schwächelnde Konsum der privaten Haushalte bei (siehe Grafik). Die Branchen und Haushalte sind allerdings sehr unterschiedlich betroffen.
Während nicht wenige Unternehmen gute Krisengewinne einfahren, treffen die hohen Energiepreise bzw. die gestiegenen Bau- und Zinskosten v. a. die energieintensive Industrie und die Bauwirtschaft hart. Zudem leiden trotz guter Lohnabschlüsse Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen unter den nach wie vor hohen Preissteigerungen. Gerade Haushaltsenergie und Nahrungsmittel schlagen hier kräftig zu Buche.
Angesichts dieser Gemengelage liegen zahlreiche Vorschläge zur Unterstützung der taumelnden Wirtschaft auf dem Tisch.
Grafik: eigene Darstellung, DGB
So enthält z. B. der Entwurf des „Wachstumschancengesetzes“ eine Prämie für Investitionen in Energie- und Ressourceneffizienz oder vereinfachte Abschreibungsregeln für Unternehmen. Beide Maßnahmen sind potenziell konjunkturwirksam. Sinnvoller wäre es aber, die Sonderabschreibungen gezielt an Investitionen in Digitalisierung und Klimaschutz zu knüpfen.
Abzulehnen ist der im Gesetzentwurf enthaltene Vorschlag, die Mindestgewinnbesteuerung von Unternehmen auszusetzen und eine großzügigere Verlustverrechnung zu ermöglichen. Die Maßnahme ist nicht nur hinsichtlich ihrer Wirksamkeit auf die Investitionstätigkeit fragwürdig, sondern auch teuer. Denn: Die Verlustverrechnung bietet Unternehmen viele Möglichkeiten zur Steuerumgehung und reißt tiefe Löcher in die Kassen der ohnehin finanziell angeschlagenen Kommunen.
Ganz grundsätzlich lassen die im Gesetz enthaltenen Vorschläge Unternehmensverpflichtungen hinsichtlich Standort-, Beschäftigungs- und Tariftreue vermissen. Solch eine unkonditionierte „Gießkannenpolitik“ ist kontraproduktiv. Vielmehr sind zielgenaue Maßnahmen sinnvoll, die die Kaufkraft der Beschäftigten stabilisieren, Gute Arbeit und Wertschöpfung sichern und die wichtigen Investitionen in die sozial-ökologische Transformation vorantreiben.
Deshalb braucht es einen Zukunftspakt, der neben der Stärkung der Tarifbindung, eine gezielte Entlastung kleinerer und mittlerer Einkommen durch die Anhebung des Grundfreibetrages, die Einführung eines sozialen Klimageldes und die Umsetzung der Kindergrundsicherung vorsieht.
Außerdem sollten die Energiepreisbremsen für die privaten und gewerblichen Verbraucher*innen weitergeführt werden, um diese vor Kostenüberlastungen zu schützen. Für die energieintensive Industrie ist ein wettbewerbsfähiger Brückenstrompreis notwendig, bis genug preisgünstiger Strom aus Erneuerbaren zur Verfügung steht.
All die Maßnahmen müssen begleitet werden von einer öffentlichen Investitionsoffensive in bezahlbaren Wohnraum, Klimaschutz, Zukunftsmobilität, Bildung und Digitalisierung. Das zahlt nicht nur auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt ein, sondern schafft auch die Rahmenbedingungen, die die teilweise angeschlagene Wirtschaft braucht, um Wertschöpfung zu modernisieren und Beschäftigung zu sichern. Hierfür muss die Schuldenbremse endlich reformiert werden und eine Altschuldenlösung für hochverschuldete Kommunen gefunden werden!
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