Für den DGB ist eine stärkere Tarifbindung eines der zentralen Themen. Tarifbindung stärken heißt: Es müssen wieder deutlich mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Tarifverträgen profitieren und unter den Schutz von Tarifverträgen fallen.
DGB/Kathrin Biegner
Nur noch bei rund 44 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland ist das Beschäftigungsverhältnis nach den Zahlen des Statistischen Bundesamts durch einen Tarifvertrag geregelt. Gute Arbeits- und Einkommensbedingungen gibt es aber nur mit guten Tarifverträgen. Das hat auch die Corona-Krise noch einmal gezeigt. Für den DGB ist deshalb eine stärkere Tarifbindung eines der zentralen Themen. Tarifbindung stärken heißt: Es müssen wieder deutlich mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Tarifverträgen profitieren und unter den Schutz von Tarifverträgen fallen.
Die DGB-Positionen zum Thema Tarifbindung auf einen Blick
Der DGB hat seine Forderungen zum Thema Tarifbindung klar formuliert:
Tarifverträge regeln deutlich mehr als Lohn und Gehalt: Sie bieten den Beschäftigten etwa bei Urlaub und Arbeitszeit deutlich bessere als die gesetzlichen Regelungen und können auch bei Altersversorgung, Zahlung von Zulagen und Zuschlägen, bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder bei den Details zur Einführung von Kurzarbeit wichtige Verbesserungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer setzen. Gerade Letzteres hatte auch in der Corona-Krise einen erheblichen Effekt: Beschäftigte mit Tarifvertrag sind in der Regel deutlich besser durch die Krise gekommen. So wurde laut Hans-Böckler-Stiftung bei Beschäftigten mit Tarifvertrag das Kurzarbeitergeld mehr als doppelt so häufig aufgestockt wie bei Beschäftigten, für die kein Tarifvertrag gilt. Tarifverträge sorgen also für gute Arbeitsbedingungen und Sicherheit. Aber: Die Tarifbindung, also der Anteil der Beschäftigten, für die die Regelungen eines Tarifvertrags gelten, geht zurück. Ein wesentlicher Grund: Viele Arbeitgeber kommen ihrer Verantwortung nicht mehr nach, mit den Gewerkschaften ordentliche Tarifverträge auszuhandeln.
Der DGB fordert deshalb verschiedene Maßnahmen, um die Tarifbindung wieder zu stärken. Ein wesentlicher Ansatzpunkt: Die Aufträge, die die öffentliche Hand – also Bund, Länder und Kommunen – vergeben. In etlichen Branchen machen diese öffentlichen Aufträge einen erheblichen Anteil der Gesamtaufträge aus. Doch während es in vielen Bundesländern Tariftreueregelungen gibt, ist das im Bund noch nicht der Fall. Der DGB fordert deshalb ein Bundestariftreuegesetz – öffentliche Aufträge und Fördergelder sollen nur noch an Unternehmen gehen, die auch Tarif zahlen.
Außerdem fordert der DGB eine leichtere Allgemeinverbindlichkeitserklärung geltender Tarifverträge. Wenn ein Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt wird, müssen sich aller Arbeitgeber einer Branche daran halten – ganz gleich, ob sie den Tarifvertrag mit abgeschlossen haben. Das würde der Tarifflucht vieler Arbeitgeber einen Riegel vorschieben.
Weitere Maßnahmen, die für mehr Tarifbindung sorgen würden: tarifvertraglich vereinbarte Zusatzleistungen könnten durch Steuerbefreiung privilegiert werden, die verbindliche Fortgeltung von Tarifverträgen in ausgegliederten Unternehmenseinheiten und die Abschaffung von sogenannten „Ohne-Tarif“-Mitgliedschaften (OT-Mitgliedschaften) in Arbeitgeberverbänden, mit denen die Tarifflucht von Arbeitgebern gefördert wird. Alle DGB-Forderungen finden sich in der Auflistung weiter oben.
Noch sind die Wahlprogramme der Parteien zur Bundestagswahl nicht final beschlossen. Von SPD, Linken und Grünen liegen aber bereits umfassende Entwürfe vor. Alle drei Wahlprogramme thematisieren das Thema Tarifbindung ausdrücklich. Alle drei Parteien haben dabei Forderungen des DGB aufgegriffen:
Die SPD will unter anderem ein Bundestariftreuegesetz, eine leichtere Allgemeinverbindlichkeitserklärung (AVE) und OT-Mitgliedschaften in Arbeitgeberverbänden „zurückdrängen“.
Auch die Grünen fordern eine leichtere AVE und ein Bundestariftreuegesetz.
„Tarifverträge müssen wieder allgemeinverbindlich werden“, heißt es auch im Programmentwurf von DIE LINKE. Die Vergabe öffentlicher Aufträge will DIE LINKE neben Tariftreue auch an das Kriterium „ökologisches Wirtschaften“ binden.
CDU/CSU und FDP haben noch keine Programmentwürfe vorgelegt. Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet hat aber Ende März die Beteiligungskampagne zum Regierungsprogramm zur CDU zur Bundestagswahl 2021 gestartet. An 11 digitalen „Thementischen“ soll über die Inhalte des CDU-Programms diskutiert werden. Das Thema Tarifbindung wird Teil des Thementisches „Wirtschaft und Arbeit“ sein.
(Stand: 2021)
SPD: "Das Zukunftsprogramm" (Entwurf)
DIE LINKE: "Zeit zu handeln. Für soziale Sicherheit,Frieden undKlimagerechtigkeit!" (Entwurf)
Bündnis 90/Die Grünen: "Deutschland. Alles ist drin." (Entwurf)
CDU/CSU
Programmentwurf liegt noch nicht vor.
FDP
Programmentwurf liegt noch nicht vor.
DGB-Positionspapier für Maßnahmen zur Stärkung der Tarifbindung
#1 Eine starke Tarifbindung gegen Niedriglöhne
Ob bei Löhnen, Arbeitszeiten oder Urlaubstagen – zur Regelung von Arbeitsbedingungen gibt der Gesetzgeber in Deutschland lediglich Mindestanforderungen vor. Der Großteil der Bedingungen wird zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften ausgehandelt und in Tarifverträgen festgeschrieben. Doch die Tarifbindung sinkt. Lesen sie hier die wichtigsten Fakten zum Thema.
#2 Allgemeinverbindlicherklärung: Mehr Tarifschutz für alle!
In Deutschland profitieren immer weniger Beschäftigte von einem Tarifvertrag. Arbeitgeber, die nicht in Arbeitgeberverbände eintreten oder nur eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung wählen, tragen zur Schwächung des Tarifsystems bei. Um die Tarifbindung zu stärken, braucht es deshalb u.a. eine weitere Erleichterung der so genannten Allgemeinverbindlicherklärung (AVE). Lesen sie hier die wichtigsten Fakten zum Thema.
#3 Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen stärkt das Tarifsystem
Die Tarifbindung in Deutschland ist seit Mitte der 1990er Jahre rückläufig. Für immer weniger Beschäftigte und Betriebe gilt in Deutschland noch ein Tarifvertrag. Tariftreue in der öffentlichen Vergabe und der Wirtschaftsförderung ist – neben verschiedenen notwendigen Maßnahmen – ein gutes Mittel zur Stärkung der von Tarifverträgen.