In Folge der Inflation sind die Reallöhne im letzten Jahr um 4,1 Prozent gesunken. Um dem entgegenzuwirken, kämpfen die DGB-Gewerkschaften in den laufenden Tarifverhandlungen für deutliche Lohnerhöhungen. Diese sind notwendig und gerecht. Die Beschäftigten verdienen Wertschätzung und die zeigt sich nicht in warmen Worten, sondern im Geldbeutel der Beschäftigten und guten Arbeitsbedingungen.
DGB/Hans-Christian Plambeck
Diese Woche veröffentlichte das Statistische Bundesamt neueste Zahlen zur Lohnentwicklung im Jahr 2022. So stiegen die nominalen Löhne ohne Berücksichtigung der Inflation um 3,4 Prozent im Vergleich zum Jahr 2021 und damit so stark wie seit 2008 nicht. Bezieht man allerdings die Preisentwicklung in die Berechnung mit ein, so sind die Reallöhne im vergangenen Jahr um 4,1 Prozent gefallen (siehe Abb.). Grundsätzlich zeigen die Zahlen wie hart die Inflation die arbeitende Bevölkerung trifft. Die Sorgen um die wirtschaftliche Situation gehen bis tief in die Mitte unserer Gesellschaft.
Umso wichtiger ist der Kampf der Gewerkschaften für höhere Löhne bei den anstehenden Tarifrunden. Im Öffentlichen Dienst fordern die verhandelnden Gewerkschaften für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten Lohnerhöhungen von 10,5 Prozent, aber mindestens 500 Euro monatlich. Die EVG verlangt für die Beschäftigten bei Bus und Bahn in der anstehenden Tarifrunde ein Lohnplus von 12 Prozent, mindestens aber 650 Euro. Die Gewerkschaft ver.di strebt für die rund 160.000 Postangestellten eine Erhöhung von 15 Prozent an. Auch in anderen Branchen stehen Tarifverhandlungen an.
Klar ist: Angesichts enorm gestiegener Energie- und Lebenshaltungskosten muss die Lohnerhöhung deutlich ausfallen. Deshalb sind die Forderungen notwendig und gerecht. Gerade das Beispiel Deutsche Post zeigt, dass die Forderungen nicht haltlos sind. Denn erst kürzlich verkündete der gelbe Riese einen Rekordgewinn von 8,4 Milliarden Euro – erwirtschaftet von den vielen Kolleginnen und Kollegen, die bei Wind und Wetter dafür sorgen, dass Briefe und Pakete an den Haustüren landen.
DGB/Quelle: Statistisches Bundesamt
Im Kern geht es bei den Tarifrunden auch um mehr Personal. Seit Jahren ist die besorgniserregende Personalsituation bekannt und zumeist Folge von Missmanagement der Arbeitgeber. Im Öffentlichen Dienst fehlen hunderttausende Stellen bzw. sind unbesetzt. Die Arbeitsfähigkeit der öffentlichen Hand wird dadurch langfristig gefährdet. Allein die Deutsche Bahn muss zeitnah mindestens 25.000 Stellen besetzen. Der vielzitierte Fachkräftemangel macht an der Schiene und an der Straße nicht einfach Halt. Fahrtausfälle, ausgedünnte Taktzeiten sowie Verspätungen sind die Folge. Auch bei der Post klafft ein erhebliches Loch in der Personaldecke.
Doch motiviertes und gut qualifiziertes Personal braucht es, um der Vielzahl der Aufgaben gerecht zu werden – in Verwaltung, in der öffentlichen Daseinsvorsorge, im Verkehr- und im Postwesen. Fakt ist: Personal kann man am besten mit guten Löhnen und Arbeitsbedingungen gewinnen. Die Arbeitgeber können nicht auf der einen Seite den Personalnotstand beklagen und auf der anderen Seite den Beschäftigten gute Löhne vorenthalten.
Die Arbeitgeber müssen sich in den aktuellen Tarifrunden bewegen und in Verhandlungen gehen, bei denen sie ernsthaft an einer Weiterentwicklung der Branchen interessiert sind. Es darf nicht sein, dass die Krisenlast auf dem Rücken der Beschäftigten abgeladen wird.
Die Beschäftigten verdienen Anerkennung und Respekt auch in Form von mehr Geld und durch Entlastung durch mehr Personal. Sie sind es, die unsere Gesellschaft zum Teil unter Gefährdung der eignen Gesundheit und mit hohem Arbeitseinsatz versorgen und in vielen Bereichen am Laufen halten. Wertschätzung zeigt sich nicht in warmen Worten, sondern im Geldbeutel der Beschäftigten und guten Arbeitsbedingungen.
DGB/hqrloveq/123rf.com
Gewerkschaftliche Wirtschaftspolitik stellt sich der Frage, wie der gesellschaftliche Reichtum gesteigert und zum Wohl der arbeitenden Bevölkerung verteilt werden kann. Uns geht es darum, den Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit für höhere Löhne, weniger Arbeitszeit und mehr Sozialstaat zu nutzen. Dies erfordert ein produktives Zusammenwirken von Staat und Markt. Märkte können schöpferisch sein und den gesellschaftlichen Wohlstand mehren. Märkte sind jedoch sozial und ökologisch blind. Die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise hat das destruktive Potenzial unregulierter Märkte eindrucksvoll offengelegt. Deswegen bedarf es staatlicher Regulierung, Verteilungs-, Wirtschafts-, Sozial-, sowie Industrie- und Dienstleistungspolitik, um die Marktkräfte zu zivilisieren. Die Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik entwickelt und popularisiert wirtschaftspolitische Strategien und Instrumente, die diesen Zielen dienen.
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