Die Hürden für Frauen im Erwerbsleben sind weiterhin hoch. Damit sie daran teilhaben können, benötigen sie eine gute Kinderbetreuung. Doch leider gehen den Kitas immer mehr die Fachkräfte aus. Grund dafür sind schlechte Bezahlung und unzureichende Arbeitsbedingungen. Bund und Kommunen müssen als Arbeitgeber*innen jetzt handeln und die Erziehungsberufe aufwerten.
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„Wer Fachkräfte sucht, kann auf Frauen nicht verzichten!“ so lautete das Motto des diesjährigen Internationalen Frauentages. Was selbstverständlich klingt, weicht stark von der Realität ab: Nach wie vor sind die Hürden für Frauen im Erwerbsleben hoch und die gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsmarkt nicht sichergestellt.
Letzteres zeigt auch der sogenannte Gender Pay Gap, die geschlechtsspezifische Entgeltlücke zwischen Männern und Frauen, die seit drei Jahren bei 18 Prozent stagniert. Der Equal Pay Day fiel somit auch in diesem Jahr auf den 7. März (mehr Infos hier).
Ein zentraler Faktor in der Fachkräftedebatte und bei der Entgeltfrage sind Kinderbetreuungsangebote, und zwar in mehrfacher Hinsicht: Zum einen sind Kitas wichtige Bildungseinrichtungen und Orte des sozialen Miteinander, der Teilhabe. Wir müssen alles daran setzen, Kindern über diese zentralen Einrichtungen der Daseinsvorsorge die besten Startchancen zu ermöglichen – unabhängig von Kassenlage, Region und Elternhaus – auch, weil sie Fachkräfte von morgen sind.
Zum anderen ist eine bedarfsgerechte und flächendeckend gute Kinderbetreuung Voraussetzung dafür, dass v.a. Mütter überhaupt die Chance erhalten, ihre Arbeitszeiten auszuweiten. Denn Untersuchungen zeigen, dass Frauen bei guter Kinderbetreuung eine 35 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit haben, erwerbstätig zu sein. Je nach Kindesalter steigen die Wochenarbeitsstunden der Mütter durchschnittlich um sechs bis zwölf Stunden. Zudem steigt ihr Einkommen im Durchschnitt um fast 300 Euro monatlich bei einer Ganztags- im Vergleich zu einer Halbtagsbetreuung.
DGB/Quelle: wiff am DJI
Für Alleinerziehende ist zuverlässige Kinderbetreuung sogar eine existenzielle Frage. Und auch für die Umverteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen Frauen und Männern ist sie unverzichtbar. Das zeigen gerade die Erfahrungen mit Kita-Schließungen in der Pandemie.
Das Problem: Bei Kindertagesstätten handelt es sich selbst um einen Bereich mit enormem Fachkräftebedarf. Je nach Schätzung fehlen in den kommenden Jahren 100.000 bis 200.000 Fachkräfte (siehe Grafik). Hier sind selbst überwiegend Frauen beschäftigt und auch hier spiegelt die Bezahlung nicht die gesellschaftliche Verantwortung dieses systemrelevanten Berufes.
Kitas wirken also als gesellschaftlicher und volkswirtschaftlicher Verstärker in die eine oder andere Richtung. Schon jetzt müssen viele Einrichtungen die Betreuungszeiten reduzieren oder gar schließen, weil Personal fehlt. Eine Spirale setzt sich in Gang: Da es noch überwiegend Mütter sind, die die Sorgearbeit leisten, sind sie es, die im Fall von Kitaschließungen beruflich zurückstecken. Kinder und Erzieher*innen leiden, der Fachkräftebedarf bleibt, die volkswirtschaftliche Produktivität wird gedämpft.
Für die Gewerkschaften ist deshalb klar: Wer die mit den Fachkräftebedarfen einhergehenden Herausforderungen bewältigen will und Geschlechtergerechtigkeit anstrebt, muss die Erwerbsbeteiligung von Frauen erhöhen. Dazu gehört maßgeblich die Ausweitung der Kapazitäten und die Verlässlichkeit bei der Kinderbetreuung. Das geht nur durch Aufwertung der Erziehungsberufe. Bund und Kommunen als Arbeitgeber*innen müssen jetzt handeln!
DGB/hqrloveq/123rf.com
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