Die Bundesregierung hat diese Woche ihren Entwurf für den Bundeshaushalt 2024 und den Finanzplan für die kommenden Jahre verabschiedet. Sie plant massive Ausgabenkürzungen für das kommende Jahr. Das ist fatal und gefährdet die Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland.
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Die Bundesregierung hat diese Woche ihren Entwurf für den Bundeshaushalt 2024 und den Finanzplan für die kommenden Jahre verabschiedet. Sie plant massive Ausgabenkürzungen für das kommende Jahr. Und auch für die Zeit danach sind laut Zeitungsberichten alle Ressorts (mit Ausnahme des Verteidigungsministeriums) zu weiteren Einsparungen aufgefordert worden.
2024 will die Bundesregierung die Ausgaben gegenüber dem Vorjahr um gut 31 Milliarden Euro bzw. 6,4 Prozent kürzen. Bedenkt man, dass die Inflation zusätzlich den Geldwert reduziert, schlagen die Kürzungen noch stärker ein: Legt man die Inflationsprognose der Wirtschaftsweisen zugrunde und nimmt an, dass ab 2025 wieder die Zielinflation der Zentralbank erreicht wird, zeigt sich, dass die Ausgaben des Bundes bis 2027 Jahr für Jahr real sinken sollen (siehe Grafik). Gemessen an der Wirtschaftsleistung halten die Ausgaben zwar voraussichtlich ungefähr das Niveau der Vor-Corona-Zeit. Allerdings stecken wir nach wie vor mitten in einer Energie-Krise und die ungelösten Investitions-Probleme bei Infrastruktur, Daseinsvorsorge, Dekarbonisierung und sozial-ökologischer Transformation sind heute noch größer als sie es 2019 schon waren.
Tatsächlich hat das Bundesfinanzministerium schon angekündigt, dass ab 2025 wohl noch mehr gekürzt werden soll, als geplant. Hinzu kommt, dass sich die Politik selbst dazu verpflichtet hat, ab 2028 die seit Corona krisenbedingt aufgenommenen Schulden zu tilgen, was jährlich weitere Mittel in Milliardenhöhe binden wird.
Ändert der Bundestag den Haushaltsentwurf nicht noch deutlich, bringt das soziale Härten – wenn etwa eine Kindergrundsicherung auf Sparflamme kommen sollte. Außerdem gefährdet es die Zukunftsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland – wenn die Infrastruktur verrottet, statt modernisiert zu werden.
Unter der Annahme, dass ab 2025 wieder die Zielinflation der Zentralbank erreicht wird, zeigt sich, dass die Ausgaben des Bundes bis 2027 Jahr für Jahr real sinken sollen. DGB / Quelle: BMF, *VPI laut Destatis und SVR-Prognose
Die staatlichen Ausgabenkürzungen sind schädlich und absolut unnötig. Es wäre kein Problem, stattdessen die Einnahmen des Gesamtstaates zu erhöhen – beispielsweise durch die Wiedererhebung der Vermögensteuer und die Streichung von Sonderregeln bei der Erbschaftsteuer für reiche Unternehmenserben. Die Wirtschaftsweisen empfehlen mit Blick auf die Krisen-Kosten in ihrem aktuellen Gutachten, den Spitzensteuersatz zu erhöhen oder einen Energiesolidaritätszuschlag für Reiche einzuführen.
Auch zusätzlichen kreditfinanzierten Ausgaben steht nichts entgegen außer Ideologie. Die deutsche Staatsverschuldung ist gemessen an der Wirtschaftsleistung im historischen und im internationalen Vergleich eher niedrig und absolut unproblematisch. Die Schuldenbremse hätte mit Verweis auf den Ukraine-Krieg und die Energiekrise ohne weiteres weiter ausgesetzt werden können. Für solche außergewöhnlichen Notsituationen enthält das Grundgesetz explizit eine entsprechende Klausel. Alternativ ließen sich kreditfinanzierte Zukunftsinvestitionen auch über ein weiteres Sondervermögen finanzieren. Die Kürzungen im Bundeshaushalt sind also eine rein politische Entscheidung der Bundesregierung. Es ist eine fatale Entscheidung!
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