Vor zwei Jahren kündigte die neugewählte Bundesregierung an, die öffentlichen und privaten Investitionen deutlich zu erhöhen. Die steigenden Zinsen und zusätzliche Ausgaben, beispielsweise zur Bekämpfung der Inflation, verleiten die Regierung jedoch einen Sparkurs zu fahren. Dabei braucht Deutschland gerade jetzt einen Investitionsturbo.
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„Wir […] leiten ein Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen ein“ – so verkündete es die neugewählte Bundesregierung noch vor zwei Jahren und versprach, die öffentlichen und privaten Investitionen in Klimaschutz, Digitalisierung, Infrastruktur, Bildung und Forschung deutlich zu erhöhen.
Die aktuellen Debatten um den Bundeshaushalt werfen allerdings die Frage auf, wie ernst es der Bundesregierung noch mit den Zukunftsinvestitionen ist. Die Prognosen lassen vielmehr eine weitere verlorene Dekade vermuten (siehe Grafik), nachdem schon die vergleichsweise günstigen Bedingungen der 2010er Jahre nicht ausreichend für umfangreiche öffentliche Investitionen genutzt wurden. Die steigenden Zinsen und zusätzliche Ausgaben, zum Beispiel zur Bekämpfung der Inflation, verleiten die Regierung mittlerweile zusätzlich, jetzt einen Sparkurs zu fahren. Vor allem, weil sie daran festhält, 2024 die Schuldenbremse wieder einhalten zu wollen.
Dabei braucht Deutschland gerade jetzt statt Sparzwang einen Investitionsturbo: Marode Schulen, Brücken und Schienen, schließende Krankenhäuser, Schwimmbäder und Bahnhöfe nehmen viele Menschen zunehmend als Sinnbild der Handlungsunfähigkeit des Staates wahr. Politikverdrossenheit und Protestwahlverhalten sind die Folge. Mit Investitionen in die Infrastrukturen der Daseinsvorsorge könnte der Staat dem entgegenwirken und zeigen, dass er die Lebensrealität der Menschen spürbar verbessern kann.
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Gerade auf kommunaler Ebene muss für eine auskömmliche Finanzierung gesorgt werden. Denn viele der zentralen Infrastrukturen wie ÖPNV, Kitas, Schulen, Feuerwehr und Krankenhäuser liegen in ihrer Verantwortung. Vor allem finanziell schlechter aufgestellte Kommunen geben an, dass sie den Unterhalt der Infrastrukturen in den letzten fünf Jahren bestenfalls in geringem Umfang erbringen konnten, wie die jüngste Befragung der KfW Bankengruppe im Rahmen des Kommunalpanels 2023 zeigt. Hinzu kommt, dass gerade die Kommunen, deren Situation sich durch die Krisen der vergangenen zehn Jahre verschlechtert hat, besonders negativ auf die Auswirkungen der Zinswende blicken und dadurch eher noch weniger investieren. Hier muss endlich gegengesteuert werden, um die kommunalen Finanzen auf ein stabiles Fundament zu stellen.
Nicht zuletzt behindern fehlende Investitionen den sozial-ökologischen Umbau der Industrie. Auch hier müssen Infrastrukturen modernisiert und nachhaltig umgebaut werden, um auf Grund des veralteten Kapitalstocks im internationalen Wettbewerb nicht den Anschluss zu verlieren.
Die Krisen der vergangenen Jahre haben sowohl die privaten als auch die öffentlichen Haushalte vor enorme Herausforderungen gestellt. Nichtsdestotrotz müssen auch die langfristigen Herausforderungen jetzt angegangen werden. In den Haushaltsverhandlungen dürfen wichtige Investitionen nicht verschoben oder auf ein Minimum reduziert werden. Vielmehr muss das Versprechen der Zukunftsinvestitionen eingehalten werden, um Deutschland zu modernisieren und zukunftsfähig zu machen. Ein öffentlicher Sparkurs käme Wirtschaft und Gesellschaft mittelfristig viel teurer zu stehen. Das können wir uns nicht leisten!
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Gewerkschaftliche Wirtschaftspolitik stellt sich der Frage, wie der gesellschaftliche Reichtum gesteigert und zum Wohl der arbeitenden Bevölkerung verteilt werden kann. Uns geht es darum, den Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit für höhere Löhne, weniger Arbeitszeit und mehr Sozialstaat zu nutzen. Dies erfordert ein produktives Zusammenwirken von Staat und Markt. Märkte können schöpferisch sein und den gesellschaftlichen Wohlstand mehren. Märkte sind jedoch sozial und ökologisch blind. Die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise hat das destruktive Potenzial unregulierter Märkte eindrucksvoll offengelegt. Deswegen bedarf es staatlicher Regulierung, Verteilungs-, Wirtschafts-, Sozial-, sowie Industrie- und Dienstleistungspolitik, um die Marktkräfte zu zivilisieren. Die Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik entwickelt und popularisiert wirtschaftspolitische Strategien und Instrumente, die diesen Zielen dienen.
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