Das dritte Entlastungspaket enthält viele Forderungen der Gewerkschaften und weist in eine richtige Richtung. Nun kommt es auf die konkrete Ausgestaltung an. Der Bund muss die Maßnahmen ausreichend gegenfinanzieren, auch um Länder und Kommunen mit Altschulden nicht weiter zu belasten. Ein Sparkurs verschärft die Krise. Es braucht einen soliden Nachtragshaushalt und das weitere Aussetzen der Schuldenbremse.
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Am Wochenende hat die Bundesregierung ihr drittes Entlastungspaket verabschiedet. Die Maßnahmen werden auf ein Volumen von ca. 65 Milliarden Euro geschätzt, von denen etwa die Hälfte auf den Bund entfallen soll.
Das Paket enthält einige wichtige Forderungen der Gewerkschaften, wie zum Beispiel die überfälligen Einmalzahlungen an Rentner*innen und Studierende, die bei der Energiepreispauschale zunächst übergangen worden waren und für die sich der DGB immer wieder stark gemacht hatte. Auch die Ausweitung des Wohngeldes, die Einführung einer Strompreisbremse oder die Unterstützung für (energieintensive) Unternehmen sind gut. Mögliche Wege hin zu einem Gaspreisdeckel, wie ihn auch der DGB für geboten hält, sollen noch über eine Expertenkommission ausgelotet werden.
Für den DGB ist klar: Auch wenn viele Punkte des Entlastungspakets in die richtige Richtung gehen, gibt es zum Teil Korrekturbedarf und einiges bleibt noch unkonkret. Es wird also in den nächsten Wochen auf die konkrete Ausgestaltung der Maßnahmen ankommen.
Ein umfassender Bestandteil des Maßnahmenkataloges ist der geplante Abbau der sogenannten kalten Progression. Im zwischenzeitlich vorgelegten Inflationsausgleichgesetz werden die Vorschläge des Finanzministeriums konkretisiert. Durch diese würden obere Einkommen vergleichsweise stark entlastet, Geringverdienende hingegen weniger. Der DGB hat in seinem Steuerkonzept einen eigenen Vorschlag für den Einkommensteuertarif gemacht, der z.B. Einkommen von rund 50.000 Euro doppelt so stark entlasten würde, wie das geplante Inflationsausgleichsgesetz vorsieht.
Quelle: IMK (Auswahl) / Grafik: DGB
Es ist wichtig, dass die angekündigten Maßnahmen ausreichend gegenfinanziert sind und der Bund die Länder und Kommunen nicht überlastet. Gerade die Städte und Gemeinden sind aufgrund hoher Altschulden und der Auswirkungen der Corona- und Energiekrise ohnehin massiv belastet. Zudem schieben sie seit Jahren einen riesigen Investitionsstau von insgesamt 159 Milliarden Euro vor sich her. Dies gilt besonders für Bereiche, in denen sich die Menschen viel mehr öffentliche Investitionen wünschen, wie aktuelle Umfragen zeigen (Grafik).
Die Bundesregierung plant zwar zur Gegenfinanzierung u.a. auf europäischer Ebene eine Lösung zum Abschöpfen von Zufallsgewinnen im Strommarkt voranzutreiben. Dieser Schritt ist wichtig! Dennoch ist völlig unklar, wie schnell man hier vorankommen wird und wie hoch die hier zu generierenden Einnahmen sein werden.
Darüber hinaus setzt der Finanzminister auf Konsolidierung und Stellenabbau im Öffentlichen Dienst. Die Schuldenbremse will er ab 2023 wieder einhalten, wie er auch in den aktuellen Debatten zum Bundeshaushalt immer wieder betont.
Für den DGB ist klar: Ein Sparkurs verschärft die Krise! Stattdessen braucht es einen soliden Nachtragshaushalt und das Aussetzen der Schuldenbremse auch im nächsten Jahr. Nur so können ausreichend Entlastungsmaßnahmen, die notwendigen Zukunftsinvestitionen und die Ausgaben für dringend benötigtes und gut bezahltes Personal im Öffentlichen Dienst gesichert werden. Dazu gehört auch, die Städte und Gemeinden zu ertüchtigen und die Altschuldenproblematik, wie im Koalitionsvertrag angekündigt, zu lösen.
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