Beim Wohngipfel trafen sich Bundeskanzler und Mitglieder des Bündnisses für bezahlbaren Wohnraum im Kanzleramt, um über Impulse für die kriselnde Immobilien- und Bauwirtschaft zu beraten. Ohne zufriedenstellendes Ergebnis: Die Belange der Mieter*innen kamen zu kurz, denn Maßnahmen für beispielsweise bezahlbaren Mietwohnungsbau und für höhere Klimastandards bleiben aus.
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Am 25. September lud der Bundeskanzler die Mitglieder des Bündnisses für bezahlbaren Wohnraum ins Kanzleramt. Bereits im Vorfeld wurde diese wohnungspolitische Veranstaltung jedoch zum Baugipfel umbenannt. Im Mittelpunkt der Diskussion stand daher auch nicht die Arbeit des Bündnisses, sondern ein 14-Punkte-Papier, das am Morgen des Baugipfels an die Mitglieder verschickt wurde. Darin finden sich Impulse für die Immobilien- und Bauwirtschaft. Maßnahmen für den bezahlbaren Mietwohnungsbau sind Fehlanzeige und von höheren Klimastandards wird abgesehen.
Mit einer degressiven Abschreibungsmöglichkeit von jährlich 6 Prozent, erhofft sich die Bundesregierung eine kurzfristige Belebung des Wohnungsbaus. Zudem soll mit einem Fördervolumen von 480 Millionen Euro der Umbau von Gewerberäume in Wohnungen angekurbelt werden. In beiden Fällen gibt es weder Vorgaben bezüglich Baukostenobergrenzen noch Miethöhen. Hier besteht die Gefahr, dass Luxuswohnungen staatlich gefördert werden.
In dem Maßnahmenpapier verabschiedet sich die Bundesregierung von ihrem Ziel, den strengeren Energieeffizienzstandard EH 40 einzuführen. Zudem wird der verpflichtenden Vorgabe zur Sanierung besonders klimaschädlicher Gebäude eine Absage erteilt. Ob so die Klimaziele im Gebäudebereich erfüllt werden, darf bezweifelt werden. Die Förderung für den Einbau klimafreundlicher Heizungen wurde leicht aufgestockt.
Quelle: ImmoScout24 / Darstellung: DGB
Auch die Eigentumsförderung wird ausgeweitet. Die Einkommensgrenze für bestehende Neubauförderprogramme wird angehoben. Mit einem neuen Förderprogramm „Jung kauft Alt“ soll Familien der Erwerb von Bestandsimmobilien, die sie dann sanieren, erleichtert werden. Die noch nicht näher bezifferten Fördermittel sollen dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) entnommen werden. Eine Absenkung der Grunderwerbssteuer durch die Länder soll mehr Menschen ermöglichen, Wohneigentum zu erwerben. Ein verbindlicher Vorschlag, wie die Mindereinnahmen ausgeglichen werden, legt die Bundesregierung nicht vor.
Zu allen Maßnahmen, die auf eine Förderung des preisgebundenen Mietwohnungsbaus verweisen, wird hingegen nichts Neues vereinbart. Zwischen 2022 und 2027 will die Bundesregierung insgesamt 18,15 Milliarden Euro dafür aufbringen. Man hofft, dass die Länder ihre Fördermittel ebenfalls erhöhen. Zu begrüßen ist, dass die Möglichkeit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), Kommunen Grundstücke verbilligt zum Zweck der sozialen Wohnraumförderung zu überlassen, bestehen bleibt. Darüber hinaus wird auch die Einführung einer Neuen Wohngemeinnützigkeit als Maßnahme genannt. Doch weder liegt die Zustimmung des Bundesfinanzministeriums vor, noch sind Haushaltsmittel für das Projekt eingestellt.
Die Botschaft aus dem Kanzleramt lautet: Steuererleichterungen und geringe Klimastandards sollen den Bausektor stärken. Wie teuer die fertiggestellten Wohnungen sind, ist egal. Weder wird das Problem der hohen Baulandpreise adressiert, noch wird Geld für den preisgebundenen Mietwohnungsbau in die Hand genommen. Auch das Mietrecht wird nicht verschärft. Angesichts stark steigender Mieten (siehe Grafik) agiert die Bundesregierung damit in der Wohnungspolitik grob fahrlässig und Mieter*innen gehen leer aus.
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