Die Inflation trifft viele Menschen hart– laut einer aktuellen Umfrage gaben 61 Prozent der Befragten an, ihren Konsum in den letzten Monaten eingeschränkt zu haben. Gleichzeitig zeigt sich, dass es auch viele Krisengewinner*innen gibt. Die reichsten 10 Prozent konnten ihr Vermögen weiter festigen. Es braucht jetzt geeignete Gegenmaßnahmen.
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Die steigenden Preise spüren alle Verbraucher*innen – aber nicht in gleichem Maß. Laut einer aktuellen Umfrage des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) gaben 61 Prozent der Befragten an, in den letzten Monaten ihren Konsum zurückgefahren zu haben. Das ist der höchste Wert seit 2005. Gespart wird in erster Linie beim Restaurantbesuch, beim täglichen Einkauf oder beim Urlaub. Die Anzahl abgeschlossener Ratenkredite ist 2022 sprunghaft um 30 Prozent auf 9,1 Millionen Verträge angestiegen. Immer mehr Menschen können die notwendigen Ausgaben nicht mehr aus den eigenen Einkommen bestreiten.
Die Konsumzurückhaltung liegt einerseits an den sinkenden Reallöhnen in den vergangenen 3 Krisenjahren und der hohen Inflationsrate. Andererseits mussten viele Haushalte auf ihr Vermögen – v. a. in Form von Spareinlagen - zurückgreifen, sehen dieses aber (langsam) durch die hohen Preise aufgezehrt. Dabei besaß die untere Hälfte der Bevölkerung 2022 keine 3 Prozent des Gesamtvermögens in Deutschland (siehe Grafik).
Gleichzeitig nahm die Vermögenskonzentration weiter zu und die reichsten 10 Prozent konnten ihr Vermögen trotz oder wegen der Krisen bei 63 Prozent festigen. Hier spielen z. B. Betriebsvermögen eine wichtige Rolle. Es gibt also auch reichlich Krisengewinner*innen.
DGB / Eigene Darstellung, Quelle: Global Wealth Report 2023
Das zeigt auch das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung, das untersucht hat, inwieweit gestiegene Unternehmensgewinne die Inflation anheizen, also eine "Gewinnflation" zu beobachten ist. Hiervon wird gesprochen, wenn Stückgewinne über einen längeren Zeitraum über dem Inflationsziel der EZB von 2 Prozent liegen. Die Forschenden kommen zu dem Ergebnis, dass seit Mitte 2021 Stückgewinne angezogen haben und vor allem in den Bereichen "Baugewerbe", "Produzierendes Gewerbe ohne Bau- und Verarbeitendes Gewerbe" sowie "Handel, Verkehr und Gastgewerbe" Übergewinne zu verzeichnen sind.
Ein sozial- und wirtschaftspolitisches Muss sind ordentliche Tarifabschlüsse über Inflationsniveau und ein armutsfester Mindestlohn. Sie sind Grundlage dafür, dass Beschäftigte ihre Konsumausgaben bestreiten und ein paar Groschen zurücklegen können, der private Konsum und die Binnennachfrage stabilisiert werden. Eine starke Tarifbindung schafft Marktgegenmacht, sorgt für fairen Wettbewerb und wirkt ausufernden Gewinnen entgegen. Tarifverträge müssen daher wieder mehr Beschäftigten zugutekommen!
Aber auch das Wettbewerbsrecht selbst bietet die Möglichkeit, Übergewinne abzuschöpfen und schädlicher Marktkonzentration entgegenzuwirken. Eine weitere Maßnahme, auch um den Konsum zu stärken, ist eine stärkere Regulierung der Mieten. Wenn 40 oder gar 50 Prozent des Einkommens an die Vermieter*innen gehen, bleibt für weitere Konsumausgaben nicht genug übrig. Schließlich ist ein gerechteres Steuersystem Gebot der Stunde: kleine wie mittlere Einkommen müssen entlastet, sehr hohe Einkommen und Vermögen stärker zur Verantwortung gezogen werden.
DGB/hqrloveq/123rf.com
Gewerkschaftliche Wirtschaftspolitik stellt sich der Frage, wie der gesellschaftliche Reichtum gesteigert und zum Wohl der arbeitenden Bevölkerung verteilt werden kann. Uns geht es darum, den Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit für höhere Löhne, weniger Arbeitszeit und mehr Sozialstaat zu nutzen. Dies erfordert ein produktives Zusammenwirken von Staat und Markt. Märkte können schöpferisch sein und den gesellschaftlichen Wohlstand mehren. Märkte sind jedoch sozial und ökologisch blind. Die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise hat das destruktive Potenzial unregulierter Märkte eindrucksvoll offengelegt. Deswegen bedarf es staatlicher Regulierung, Verteilungs-, Wirtschafts-, Sozial-, sowie Industrie- und Dienstleistungspolitik, um die Marktkräfte zu zivilisieren. Die Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik entwickelt und popularisiert wirtschaftspolitische Strategien und Instrumente, die diesen Zielen dienen.
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