Damit Deutschland nicht den Anschluss im Transformationsprozess verliert, muss die "grüne" Investitionslücke geschlossen werden. Dafür müssen öffentliche Gelder im Sinne von Gemeinwohl und Guter Arbeit eingesetzt werden. Ein Gutachten zeigt, dass die öffentliche Hand hier das Recht hat, für finanzielle Zuschüsse Standort- und Tariftreue einzufordern.
Die Investitionsbedarfe in Deutschland sind enorm. Allein um die Klimaziele zu erreichen, sind zusätzliche Investitionen von über 850 Milliarden Euro bis 2030 nötig. Die Umstellung auf klimafreundliche Produktionsverfahren sind dabei mit erheblichen Mehrkosten und schwer kalkulierbaren Preisrisiken verbunden. Viele dieser Investitionen rentieren sich betriebswirtschaftlich im aktuellen Marktumfeld nicht und sind noch nicht wettbewerbsfähig.
Die großen Wirtschaftsräume in China und den USA haben die ökologische Modernisierung durch massive öffentliche Investitionen zu einem Markenkern ihrer Wirtschaftspolitik gemacht und setzen auf eine grüne Wachstumsstrategie. Dadurch haben sie deutlich bessere Wirtschaftsdaten als Europa und sind schon aus der Inflations- und Energiepreiskrise herausgewachsen. Deutschland und Europa drohen in der Transformation abgehängt zu werden. Das kann perspektivisch nicht nur zu Wertschöpfungsverlusten führen, sondern auch tarifgebundene Arbeitsplätze kosten und damit breite Wohlstandseinbußen zur Folge haben. 2023 waren die deutschen Direktinvestitionen im Ausland mit 125 Milliarden Euro so hoch wie nie, während hierzulande Flaute war. Der Produktionsrückgang in der energieintensiven Industrie war mit 20 Prozent zu 2020 enorm (siehe Grafik).
Um die "grüne" Investitionslücke zu schließen, sollten Deutschland und Europa daraus Lehren ziehen und Unternehmen ebenfalls stärker beim Umstieg unterstützen. Die öffentliche Förderung darf dabei nicht nach dem Gießkannenprinzip erfolgen. Das verbietet der verantwortungsvolle Umgang mit öffentlichen Mittel.
DGB/ Quelle: Destatis 2024
Öffentliche Gelder müssen vielmehr im Sinne von Gemeinwohl und Guter Arbeit eingesetzt werden. Deshalb sind öffentliche Zuwendungen (Subventionen, Steuererleichterungen etc.) neben der Transformationsdienlichkeit zwingend auch an Standort- und Tariftreue als Zugangsvoraussetzung zu knüpfen. Diese Vorgaben führen zu einem deutlich effizienteren Mitteleinsatz. Tarifvertraglich abgesicherte und mitbestimmte Arbeitsplätze sorgen dafür, dass große Teile der Bevölkerung an der wirtschaftlichen Entwicklung beteiligt werden und fördern die betriebliche Innovationskraft.
Mit den in dieser Woche vorgestellten Klimaschutzverträgen (KSV) setzt die Bundesregierung erste Zeichen für eine Trendwende. Neben der aktiven Transformationsförderung beinhalten die KSV erstmalig Klauseln zur Standortsicherheit und Beschäftigungsentwicklung. Das ist ein erster Schritt, um Beschäftigte aktiv am Transformationsprozess zu beteiligen und über Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen abzusichern.
Allerdings hält sich im politischen Diskurs hartnäckig die Einschätzung, solche Vorgaben seien auf Grund juristischer Bedenken nicht umsetzbar. Bei vielen Maßnahmen fehlen deshalb klare Vorgaben oder haben, wie bei den KSV, entsprechende Öffnungsklauseln.
Ein vom DGB beauftragtes Gutachten der Kanzlei Becker Büttner Held (BBH) zeigt, dass soziale Vorgaben wie Standort- und Tariftreue als Zugangsvoraussetzung für öffentliche Zuwendungen sehr wohl möglich sind. Jetzt ist die Politik gefordert, eine Trendwende einzuleiten, zielgerichtet und konditioniert in die Transformation zu investieren.
DGB/hqrloveq/123rf.com
Gewerkschaftliche Wirtschaftspolitik stellt sich der Frage, wie der gesellschaftliche Reichtum gesteigert und zum Wohl der arbeitenden Bevölkerung verteilt werden kann. Uns geht es darum, den Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit für höhere Löhne, weniger Arbeitszeit und mehr Sozialstaat zu nutzen. Dies erfordert ein produktives Zusammenwirken von Staat und Markt. Märkte können schöpferisch sein und den gesellschaftlichen Wohlstand mehren. Märkte sind jedoch sozial und ökologisch blind. Die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise hat das destruktive Potenzial unregulierter Märkte eindrucksvoll offengelegt. Deswegen bedarf es staatlicher Regulierung, Verteilungs-, Wirtschafts-, Sozial-, sowie Industrie- und Dienstleistungspolitik, um die Marktkräfte zu zivilisieren. Die Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik entwickelt und popularisiert wirtschaftspolitische Strategien und Instrumente, die diesen Zielen dienen.
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