Deutscher Gewerkschaftsbund

15.03.2024

Öffentliche Zuschüsse: Bindung an Gute Arbeit zulässig

Gutachten zeigt: der Gesetzgeber darf Zuschüsse von Standortsicherung und Tariftreue abhängig machen

Öffentliche Gelder müssen im Sinne von Gemeinwohl und Guter Arbeit eingesetzt werden, fordert der DGB. Dass die öffentliche Hand auch das Recht hat, für finanzielle Zuschüsse Standort- und Tariftreue einzufordern, zeigt ein aktuelles juristisches Gutachten.

Die Herausforderungen sind gewaltig: Transformationsprozesse wie Digitalisierung, Automatisierung und die Begrenzung des fortschreitenden Klimawandels stellen Regionen, Beschäftigte und Wirtschaftsstrukturen vor enorme Anforderungen.

Öffentliche Hand muss Transformation unterstützen

Allein um die Klimaziele zu erreichen, sind zusätzliche Investitionen von über 850 Milliarden Euro bis 2030 nötig. Die Umstellung auf klimafreundliche Produktionsverfahren verursacht erhebliche Mehrkosten, die Preisrisiken sind schwer kalkulierbar. Viele dieser Investitionen rentieren sich betriebswirtschaftlich im aktuellen Marktumfeld nicht und sind gegenüber konventionellen Produktionsverfahren noch nicht wettbewerbsfähig. Der Anschluss an die USA und China darf nicht verloren gehen und wir müssen die "grüne" Investitionslücke schließen.

Dafür muss der Staat die Unternehmen im Wandel finanziell unterstützen. Eine solche Wirtschafts- und Transformationspolitik hilft dabei, Wertschöpfungsketten in Deutschland und Europa zu modernisieren und gute und tarifgebundene Arbeitsplätze auch langfristig  zu sichern. Doch diese öffentliche Förderung darf nicht nach dem Gießkannenprinzip verteilt werden. Das verbietet sowohl die Verantwortung für die öffentlichen Mittel wie auch die derzeitigen haushaltspolitischen Beschränkungen.

Portrait Stefan Körzell

DGB/Simone M. Neumann

"Tarifverträge und Mitbestimmung garantieren, dass breite Teile der Gesellschaft an der wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben. Sie helfen auch bei der Transformation in Betrieben. Deshalb muss die Bundesregierung Tarifbindung, Standorttreue und Mitbestimmung zur Bedingung machen, wenn für die Transformation staatliches Geld an Unternehmen fließt. Das schafft Sicherheit und Akzeptanz und hilft gegen Abstiegsängste der Beschäftigten. Dass der Staat seine Förderung für Unternehmen an Bedingungen knüpft ist deshalb auch ein Vorteil für die Demokratie."

DGB-Vorstand Stefan Körzell, 13.03.2024

Juristische Bedenken gegen Verpflichtungen zur Tariftreue

Die Bundesregierung hat in den Klimaschutzverträgen entsprechende Klauseln zur Standort- und Beschäftigungsentwicklung verabschiedet. Damit ist die Bundesregierung einen ersten wichtigen Schritt gegangen, um Beschäftigte aktiv am Transformationsprozess zu beteiligen und über Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen abzusichern.

Auch die Industriestrategie des BMWK sieht entsprechende Vorgaben vor. Allerdings hält sich im politischen Diskurs hartnäckig die Einschätzung, solche Vorgaben seien auf Grund juristischer Bedenken nicht umsetzbar. Bei vielen angekündigten Maßnahmen fehlen diese Vorgaben oder haben, wie bei den Klimaschutzverträgen, entsprechende Öffnungsklauseln.

Forderung nach Standort- und Tariftreue in Einklang mit europäischem Recht

Das vorliegende Gutachten der Kanzlei Becker Büttner Held (BBH) setzt dem etwas entgegen und zeigt, dass soziale Vorgaben wie Standort- und Tariftreue als Zugangsvoraussetzung für öffentliche Zuwendungen (Subventionen, Steuererleichterungen, etc.) sehr wohl möglich sind und nicht im Widerspruch zum nationalen oder europäischen Recht stehen. Jetzt ist die Politik gefordert den nächsten Schritt zu gehen: Sie muss die Transformation in der Breite der Gesellschaft verankern, den gesellschaftlichen Mehrwert für Jede und Jeden verdeutlichen und aktiv gestalten, indem Standorttreue und Tarifbindung Standardpraxis bei der Vergabe öffentlicher Zuwendungen werden.


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Stellungnahmen (ab 2018)

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25.04.2024
Stel­lung­nah­me des DGB zur Um­set­zung der CSRD in deut­sches Recht
Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet Unternehmen, transparente und vergleichbare Informationen zu den Auswirkungen ihrer unternehmerischen Tätigkeit auf Nachhaltigkeitsaspekte offenzulegen. Die Richtlinie sieht außerdem Möglichkeiten der Einflussnahme durch Arbeitnehmervertretungen vor. In der Stellungnahme zum entsprechenden Referentenentwurf werden diese Möglichkeiten eingefordert.
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26.03.2024
DGB-­Stel­lung­nah­me zur zu­künf­ti­gen Aus­rich­tung der EU-Struk­tur­po­li­tik
Knapp ein Drittel der EU-Mittel stehen den europäischen Strukturfonds zur Verfügung, um wirtschaftliche Unterschiede innerhalb und zwischen den Mitgliedsstaaten abzubauen. Anlässlich der bevorstehenden Verhandlungen zum mittelfristigen Finanzrahmen beginnen die Debatten, um die zukünftige Ausrichtung der europäischen Strukturpolitik.
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25.03.2024
CO2-Ab­schei­dung, Spei­che­rung und Nut­zung sind ein Bau­stein ei­ner um­fas­sen­den Trans­for­ma­ti­onss­tra­te­gie
Das BMWK hat Eckpunkte für eine Carbon Management Strategie und die Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes vorgelegt und will damit rechtliche Rahmenbedingungen für die zügige Anwendung von CO2-Abscheidung, Speicherung und Nutzung schaffen. Der DGB sieht CCU/S-Technologien als ein Baustein einer umfassenden Transformationsstrategie und hat sich mit einer Stellungnahme zu Wort gemeldet.
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