Öffentliche Gelder müssen im Sinne von Gemeinwohl und Guter Arbeit eingesetzt werden, fordert der DGB. Dass die öffentliche Hand auch das Recht hat, für finanzielle Zuschüsse Standort- und Tariftreue einzufordern, zeigt ein aktuelles juristisches Gutachten.
Die Herausforderungen sind gewaltig: Transformationsprozesse wie Digitalisierung, Automatisierung und die Begrenzung des fortschreitenden Klimawandels stellen Regionen, Beschäftigte und Wirtschaftsstrukturen vor enorme Anforderungen.
Allein um die Klimaziele zu erreichen, sind zusätzliche Investitionen von über 850 Milliarden Euro bis 2030 nötig. Die Umstellung auf klimafreundliche Produktionsverfahren verursacht erhebliche Mehrkosten, die Preisrisiken sind schwer kalkulierbar. Viele dieser Investitionen rentieren sich betriebswirtschaftlich im aktuellen Marktumfeld nicht und sind gegenüber konventionellen Produktionsverfahren noch nicht wettbewerbsfähig. Der Anschluss an die USA und China darf nicht verloren gehen und wir müssen die "grüne" Investitionslücke schließen.
Dafür muss der Staat die Unternehmen im Wandel finanziell unterstützen. Eine solche Wirtschafts- und Transformationspolitik hilft dabei, Wertschöpfungsketten in Deutschland und Europa zu modernisieren und gute und tarifgebundene Arbeitsplätze auch langfristig zu sichern. Doch diese öffentliche Förderung darf nicht nach dem Gießkannenprinzip verteilt werden. Das verbietet sowohl die Verantwortung für die öffentlichen Mittel wie auch die derzeitigen haushaltspolitischen Beschränkungen.
DGB/Simone M. Neumann
"Tarifverträge und Mitbestimmung garantieren, dass breite Teile der Gesellschaft an der wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben. Sie helfen auch bei der Transformation in Betrieben. Deshalb muss die Bundesregierung Tarifbindung, Standorttreue und Mitbestimmung zur Bedingung machen, wenn für die Transformation staatliches Geld an Unternehmen fließt. Das schafft Sicherheit und Akzeptanz und hilft gegen Abstiegsängste der Beschäftigten. Dass der Staat seine Förderung für Unternehmen an Bedingungen knüpft ist deshalb auch ein Vorteil für die Demokratie."
DGB-Vorstand Stefan Körzell, 13.03.2024
Die Bundesregierung hat in den Klimaschutzverträgen entsprechende Klauseln zur Standort- und Beschäftigungsentwicklung verabschiedet. Damit ist die Bundesregierung einen ersten wichtigen Schritt gegangen, um Beschäftigte aktiv am Transformationsprozess zu beteiligen und über Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen abzusichern.
Auch die Industriestrategie des BMWK sieht entsprechende Vorgaben vor. Allerdings hält sich im politischen Diskurs hartnäckig die Einschätzung, solche Vorgaben seien auf Grund juristischer Bedenken nicht umsetzbar. Bei vielen angekündigten Maßnahmen fehlen diese Vorgaben oder haben, wie bei den Klimaschutzverträgen, entsprechende Öffnungsklauseln.
Das vorliegende Gutachten der Kanzlei Becker Büttner Held (BBH) setzt dem etwas entgegen und zeigt, dass soziale Vorgaben wie Standort- und Tariftreue als Zugangsvoraussetzung für öffentliche Zuwendungen (Subventionen, Steuererleichterungen, etc.) sehr wohl möglich sind und nicht im Widerspruch zum nationalen oder europäischen Recht stehen. Jetzt ist die Politik gefordert den nächsten Schritt zu gehen: Sie muss die Transformation in der Breite der Gesellschaft verankern, den gesellschaftlichen Mehrwert für Jede und Jeden verdeutlichen und aktiv gestalten, indem Standorttreue und Tarifbindung Standardpraxis bei der Vergabe öffentlicher Zuwendungen werden.