Deutscher Gewerkschaftsbund

20.10.2023
klartext Nr. 36/2023

Die Konjunktur braucht Unterstützung

Nach aktuellen Konjunkturprognosen ist Deutschland das einzige große westliche Industrieland mit einem negativen Wirtschaftswachstum. Was es jetzt braucht sind höhere Investitionen. Doch die Leitzinserhöhung der EZB und die restriktive Finanzpolitik der Bundesregierung bremsen diese aus. Statt Sparzwang braucht es mehr Anreize zur Ausweitung von Investitionen.

Grafik Abwärtskurs an der Börse

DGB/Setsiri Silapasuwanchai/123rf.com

Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung

In den vergangenen Tagen sind mehrere neue Konjunkturprognosen erschienen. Sowohl die Bundesregierung als auch der Internationale Währungsfonds (IWF) veröffentlichten ihre Vorausschau auf die wirtschaftliche Entwicklung. Beide sind sich einig: Die Lage ist schlechter als bislang angenommen.

Der IWF korrigierte seine Prognose vom Juli um 0,2 Prozentpunkte nach unten und geht jetzt davon aus, dass die deutsche Wirtschaft im Jahr 2023 um ein halbes Prozent schrumpft. Deutschland ist dann das einzige große westliche Industrieland mit negativem Wirtschaftswachstum. Vergleichbaren Ländern, wie Frankreich, Spanien und den USA werden positive Wachstumsraten vorausgesagt. Die Bundesregierung geht für Deutschland von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um preisbereinigt 0,4 Prozent im laufenden Jahr aus. Vor einem halben Jahr hatte sie noch ein Wachstum von 0,4 Prozent erwartet.

Viele Probleme auf einmal

Deutschland kämpft mit vielen Problemen gleichzeitig: Die Exportnachfrage aus dem Ausland schwächelt. Die weltweit gestiegenen Zinsen belasten auch die Nachfrage nach deutschen Investitionsgütern. Der Ukraine-Krieg und die Energiekrise haben nicht nur Probleme bei der Energieversorgung und in Lieferketten geschaffen. Die hohe Inflation und die seit Jahren sinkenden Reallöhne drücken auch die Konsumnachfrage.

Investitionen werden ausgebremst

Obwohl die Inflationsraten in der Eurozone und Deutschland deutlich zurückgehen, erhöht die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen übertrieben stark und bremst damit die Investitionen in Deutschland. Hinzu kommt jetzt auch noch eine restriktive Fiskalpolitik, die die Lage verschlimmert. Die Bundesregierung sagt in ihrer Projektion einen Rückgang der staatlichen Konsumausgaben um preisbereinigt 2,2 Prozent voraus. Der Entwurf des Bundeshaushalts enthält deutliche Kürzungen im Vergleich zu den Vorjahren. Gemessen am BIP liegen die Ausgaben kaum höher als vor Corona.

Prognosen des Bruttoinlandprodukts der Bundesregierung

Die Wirtschaftsleistung wird bei unveränderter Geld- und Fiskalpolitik gut 3 Prozent unter dem früher erwarteten Niveau liegen. DGB/ Quelle: BMWK

Deutschland hat noch viele Krisen zu bewältigen

Der Bundesfinanzminister rechtfertigt das mit einer angeblich notwendigen "Rückkehr zu finanzpolitischer Normalität". Er will damit andeuten, die Krise sei vorbei, der Staat müsse nicht mehr stabilisieren, sondern sparen. Das Gegenteil ist richtig: Wie stark der Krieg in der Ukraine und die Energiekrise die deutsche Konjunktur nach wie vor belasten, zeigt der Vergleich der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung mit der Entwicklung, wie sie kurz vor dem russischen Angriff erwartet worden war. Damals – im Januar 2022 – ging die Bundesregierung noch von einem stetigen Wachstum in den folgenden Monaten und Jahren aus. Heute ist klar, dass die Wirtschaftsleistung bei unveränderter Geld- und Fiskalpolitik gut 3 Prozent unter dem früher erwarteten Niveau liegen wird (siehe Grafik).

Deutschland ist nach wie vor mit erheblichen Krisen konfrontiert. Allein deshalb wäre es sinnvoll, die Schuldenbremse erneut auszusetzen und fiskalpolitisch gegenzusteuern, anstatt die Rezession durch einen Sparkurs noch zu befördern. Hinzu kommen die immer deutlicher werdenden Mängel in der öffentlichen Infrastruktur, neue globale Herausforderungen und die immer drängendere sozial-ökologische Transformation.

Investieren statt sparen

Statt Sparzwang braucht es eine Ausreizung aller Möglichkeiten zur Ausweitung von Investitionen. Das trägt langfristig zum Erhalt der Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft und zu einem solidarischen
Zusammenhalt in der Gesellschaft bei. Kurzfristig stabilisiert es auch die schwache Konjunktur.


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Gewerkschaftliche Wirtschaftspolitik stellt sich der Frage, wie der gesellschaftliche Reichtum gesteigert und zum Wohl der arbeitenden Bevölkerung verteilt werden kann. Uns geht es darum, den Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit für höhere Löhne, weniger Arbeitszeit und mehr Sozialstaat zu nutzen. Dies erfordert ein produktives Zusammenwirken von Staat und Markt. Märkte können schöpferisch sein und den gesellschaftlichen Wohlstand mehren. Märkte sind jedoch sozial und ökologisch blind. Die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise hat das destruktive Potenzial unregulierter Märkte eindrucksvoll offengelegt. Deswegen bedarf es staatlicher Regulierung, Verteilungs-, Wirtschafts-, Sozial-, sowie Industrie- und Dienstleistungspolitik, um die Marktkräfte zu zivilisieren. Die Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik entwickelt und popularisiert wirtschaftspolitische Strategien und Instrumente, die diesen Zielen dienen.

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E-Mail: info.wirtschaftspolitik.bvv@dgb.de

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Telefon +49 30 24060-727


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