Deutscher Gewerkschaftsbund

13.04.2015
Ausbildungsmarkt

Hauptschülern bleiben zwei von drei Ausbildungsplätzen verwehrt

Fast zwei Drittel aller Ausbildungsplätze in der IHK-Lehrstellenbörse schließen Hauptschülerinnen und Hauptschüler von vornherein von Bewerbungen aus. Das zeigt eine DGB-Auswertung. Dieses Vorgehen passt nicht zu den ewigen Klagen der Betriebe über den vermeintlichen Fachkräftemangel, kritisiert DGB-Vize Elke Hannack.

Schüler vor Schulgebäude

61,6 Prozent aller angebotenen Ausbildungsplätze in der gemeinsamen Lehrstellenbörse der Industrie- und Handelskammern bleiben für Hauptschülerinnen und Hauptschüler von vornherein verschlossen Colourbox

Ohne Abitur oder mittleren Abschluss oft keine Chance

"Willkommen in der gemeinsamen Lehrstellenbörse der IHKs! Hier findest Du Deinen Ausbildungsplatz", heißt es online auf der Startseit der IHK-Lehrstellenbörse. Doch das gilt bei vielen Stellen offenbar nicht für Absolventinnen und Absolventen einer Hauptschule. Auf 61,6 Prozent der angebotenen Ausbildungsplätze können sie sich de facto gar nicht bewerben, weil sie durch die formalen Anforderungen von vornherein ausgeschlossen werden. Das ist das Ergebnis einer DGB-Expertise. Für die Studie wurden fast 44.000 offene Ausbildungsplatz-Angebote der bundesweiten IHK-Lehrstellenbörse ausgewertet. Das Ergebnis: Auf etwa zwei von drei Plätze brauchen Hauptschüler sich eigentlich gar nicht zu bewerben.

Hotels und Gaststätten grenzen Hauptschüler trotz Bewerbermangel von vornherein aus

"Es passt nicht zu den ewigen Klagen über den vermeintlichen Fachkräftemangel, dass viele Unternehmen junge Menschen mit Hauptschulabschluss von vornherein aus der betrieblichen Ausbildung ausgrenzen", kritisiert die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack das Verhalten vieler Betriebe. "Fast zwei von drei Ausbildungsplätzen in der IHK-Lehrstellenbörse bleiben diesen Jugendlichen komplett verschlossen. Sie brauchen nicht einmal ihre Bewerbungsunterlagen einzureichen." Besonders auffällig sei, "dass insbesondere die Hotel- und Gastronomiebranche, die seit Jahren über unbesetzte Ausbildungsplätze klagt, noch immer vielfach Jugendliche mit Hauptschulabschluss bei der Auswahl der Auszubildenden außen vorlässt", so Hannack.

Tatsächlich zeigt die DGB-Auswertung, dass Hotels und Gastronomie Jugendliche mit Hauptschulabschluss oft nicht als Azubis in Betracht ziehen. So bleiben auch hier mehr als 60 Prozent der Ausbildungsplätze bei den Hotelfachkräften sowie mehr als 40 Prozent bei den Restaurantfachkräften jungen Menschen mit Hauptschulabschluss von vorneherein verschlossen.

In manchen Berufen sind die Chancen von Hauptschülern gleich Null

Auch im gewerblich-technischen Bereich haben Jugendliche mit Hauptschulabschluss schlechte Chancen. So sind 85,4 Prozent der Ausbildungsplatzangebote bei den Mechatronikern, 47,1 Prozent bei den Zerspanungsmechanikern und immerhin noch 22,7 Prozent bei den Anlagenmechanikern nicht für Hauptschulabsolventen offen. Bei den Bank- und Büroberufen tendieren die Chancen der Hauptschulabsolventen gen Null. So liegt die Ausschlussquote im Bereich Büromanagement (91,2 Prozent), Groß- und Außenhandel (93,2 Prozent) sowie bei den Industriekaufleuten (92,8 Prozent) jeweils deutlich über der 90-Prozent-Marke.

Anteil von Hauptschülern im dualen Ausbildungssystem erstmals unter 30 Prozent

Die DGB-Studie zeigt: Das Abitur und der mittlere Schulabschluss werden mehr und mehr zum Standard auf dem Ausbildungsmarkt. Fast 70 Prozent (67,3 Prozent) der Jugendlichen im dualen Ausbildungsystem verfügen über einen solchen gehobenen Abschluss. 2009 waren es noch 63,3 Prozent. Für diesen Trend ist vor allem die wachsende Zahl der Abiturienten im dualen System verantwortlich: Sie ist laut Berufsbildungsbericht in nur vier Jahren um 5 Prozentpunkte gestiegen: von 20,3 (2009) auf 25,3 Prozent (2013). Der Anteil der Jugendlichen mit Hauptschulabschluss hingegen sinkt kontinuierlich: Lag er 2009 noch bei 33,1 Prozent, ist er inzwischen erstmals unter die 30-Prozent-Marke gerutscht (29,5% in 2012).

Hannack: Jugendliche mit Hauptschulabschluss wieder verstärkt ausbilden

"Die sinkende Zahl der Ausbildungsverträge in Deutschland lässt sich nicht allein mit dem Akademisierungstrend begründen. Zu viele Betriebe setzen immer noch auf eine Bestenauslese", so Hannack. "Wer künftig seinen Fachkräftenachwuchs sichern will, muss verstärkt Jugendliche mit Hauptschulabschluss ausbilden." In der Allianz für Aus- und Weiterbildung seien, insbesondere auf Drängen der Gewerkschaften, mit dem Ausbau der ausbildungsgleitenden Hilfen und der Assistierten Ausbildung wirksame Instrumente eingeführt, um leistungsschwächere Jugendliche und ihre Ausbildungsbetriebe zu unterstützen. "Nun stehen die Spitzenverbände der Wirtschaft in der Pflicht, bei den Unternehmen für diese Instrumente zu werben. Denn wir brauchen in unserem Land in Zukunft mehr und nicht weniger Jugendliche in betrieblicher Ausbildung", fordert Hannack.


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