Zu teuer, zu kompliziert in der Umsetzung: Bereits Anfang 2012 hatte die Bundesregierung in aller Stille mit dem „Bildungssparen“ eines ihrer Prestigeprojekte beerdigt. Nun versucht die FDP das Konzept wiederzubeleben – sie pocht weiter auf die Umsetzung des Koalitionsvertrags. Warum damit weder Kleinverdienern noch der Mittelschicht geholfen wäre, erklärt DGB-Bildungsexperte Matthias Anbuhl im Interview.
Bundesbildungsministerin Annette Schavan wollte ursprünglich für jedes Neugeborene ein „Zukunftskonto Bildung“ einrichten. Wie bei einem Bausparvertrag sollte der Staat damit private Bildungsinvestitionen mit 150 Euro im Monat aufstocken. Im Januar dieses Jahres erklärte das Bildungsministerium die Idee jedoch für zu kompliziert, als dass sie umgesetzt werden könnte. Es gebe „eine Reihe von Abgrenzungsproblemen“, war in der taz zu lesen. Doch die FDP legt jetzt ein eigenes Konzept vor und veranstaltet heute gar einen Kongress zum Bildungssparen.
Wir kennen doch solche Konzepte aus der privaten Altersvorsorge – Stichwort Riesterrente. Wäre die staatliche Förderung für eine Privatvorsorge für Bildung überhaupt sinnvoll?
Matthias Anbuhl: Nein, denn das sogenannte Bildungssparen würde die soziale Spaltung im Bildungswesen weiter vertiefen. Was bei der Riester-Rente kaum gelingt, wird beim Bildungssparen erst recht scheitern: jene zur privaten Vorsorge zu bewegen, die wenig haben. Das Sparmodell geht doch an der Lebenswirklichkeit der Geringverdiener schlicht vorbei. Sie sind schon damit überfordert, privat für die Rente zu sparen. Das Zukunftskonto armer Kinder wird genauso leer bleiben wie der Geldbeutel ihrer Eltern.
Aber Eltern mit mittleren Einkommen könnten von der Unterstützung doch durchaus profitieren.
Auch für die Mittelschicht ist das Zukunftskonto ein vergiftetes Geschenk. Millionen Eltern zahlen schon jetzt viel Geld für Schulbücher, Nachhilfe und Hort. Machen alle Eltern eifrig beim Bildungssparen mit, zieht sich der Staat weiter aus dem Bildungswesen zurück. Was soll später von diesem Konto bezahlt werden: Schulgeld? Das Nachholen von Schulabschlüssen? Studiengebühren?
Die privaten Ausgaben der Deutschen für Studium und Weiterbildung seien im internationalen Vergleich relativ niedrig, sagt die FDP. Sie will diesen Anteil steigern. Ist das sinnvoll?
Nein, der Ansatz zielt in die falsche Richtung. Der Staat sollte besser in ein gutes öffentliches Bildungswesen denn in private Sparmodelle investieren. Gerade in der Weiterbildung wurden die öffentlichen Ausgaben massiv zurückgefahren, während die Menschen immer mehr aus der eigenen Tasche zahlen müssen. Dabei sind es gerade Geringqualifizierte, die noch zu wenig an Weiterbildung teilnehmen. Immerhin haben heute mehr als zwei Millionen Menschen im Alter von 20 bis 34 Jahren keinen Berufsabschluss. Sie sind zum größten Teil erwerbslos oder arbeiten in prekären Verhältnissen. Das Bildungssparen werden sich diese Menschen schlicht nicht leisten können.
Ohnehin muss auch im internationalen Vergleich mehr in das öffentliche Bildungssystem investiert werden: und zwar in besser qualifizierte und bezahlte Erzieherinnen und Erzieher, mehr gute Ganztagsschulen und in mehr Personal an Hochschulen. Das ergibt mehr Qualität und erhöht die Chancen. Wenn endlich hohe Erbschaften, Vermögen und Finanztransaktionen angemessen besteuert würden, ließen sich solche Investitionen gut finanzieren.