Welche Rechte haben Menschen, die aus der Ukraine geflüchtet sind und in Deutschland arbeiten wollen? Erfahren Sie hier die wichtigsten Infos von A wie Aufenthaltserlaubnis, über F wie Fiktionsbescheinigung bis U wie Unfallversicherung. Noch mehr Infos bietet unsere 35-seitige Broschüre auf Deutsch und Ukrainisch.
Ukrainische Staatsangehörige, die vor dem 24. Februar 2022 ihren Aufenthalt in der Ukraine hatten, ihre Familienangehörige, sowie bestimmte Staatsangehörige anderer Drittländer als der Ukraine (siehe Broschüre Kapitel 2.3 "Aufenthalt für nicht-ukrainische Staatsangehörige und Staatenlose"), die aus der Ukraine vertrieben worden sind, haben Anspruch auf den sogenannten vorübergehenden Schutz nach § 24 AufenthG.
Soweit Sie einen Antrag auf die Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG bei der Ausländerbehörde Ihres Wohnortes gestellt haben, bekommen Sie in der Regel zuerst eine sogenannte Fiktionsbescheinigung gem. § 81 Abs. 3 S. 1 AufenthG ("Bescheinigung über einen Antrag für Geflüchtete aus der Ukraine auf vorübergehenden Schutz nach § 24 AufenthG").
Die Fiktionsbescheinigung ist ein Dokument, das nach der Beantragung der Aufenthaltserlaubnis ausgegeben wird. In ihr wird das Aufenthaltsrecht bis zur endgültigen Entscheidung über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis bestätigt. Die Bescheinigung ist bis zur Entscheidung gültig.
Auch die Familienmitglieder, auf die sich die Fiktionsbescheinigung bezieht, dürfen auf dieser Grundlage eine Arbeit aufnehmen.
Die Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG wird erstmal nur für zwei Jahre erteilt. Sie dürfen mit diesem Titel arbeiten, aber auch studieren oder eine Berufsausbildung machen. Es spielt dabei keine Rolle, dass der Titel auf zwei Jahre beschränkt ist. Sie dürfen auch eine Ausbildung oder ein Studium aufnehmen, selbst wenn diese länger als zwei Jahre dauern.
Wichtig: Sie sind nicht verpflichtet, den Antrag auf die Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Aufenthaltsgesetzes zu stellen. Es könnte sein, dass eine Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen Zweck – zum Beispiel zum Studium oder zur Erwerbstätigkeit – vorteilhafter für Sie ist. Lassen Sie sich vor der Antragstellung bei einer aufenthaltsrechtlichen Beratungsstelle dazu beraten:
Eine Arbeit, die nach Weisungen des Arbeitgebers und mit der Eingliederung in seine Arbeitsstruktur ausgeführt wird und aus welcher ein monatliches Einkommen über 520 Euro brutto erzielt wird, unterliegt der Sozialversicherungspflicht. Das bedeutet, dass bei Arbeitnehmer*innen Abgaben zur Sozialversicherung vom Bruttolohn abgeführt werden. Ihr Arbeitgeber zahlt denselben Betrag, der Ihnen vom Lohn abgezogen wird, dazu.
Die Sozialversicherung umfasst: Krankenversicherung, Unfallversicherung, Rentenversicherung, Pflegeversicherung und Arbeitslosenversicherung. Dafür bekommen die Arbeitnehmer*innen die Versicherungsleistungen, zum Beispiel Krankengeld bei Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit, Leistungen nach Arbeitsunfällen und bei Berufskrankheiten, Renten im Alter und bei Erwerbsminderung.
Die Sozialabgaben werden über Ihre Krankenkasse eingezogen. Falls Sie schon Mitglied in einer Krankenkasse sind, melden Sie diese Ihrem Arbeitgeber. Grundsätzlich können Sie als Arbeitnehmer*in Ihre Krankenkasse frei wählen. Es gibt viele verschiedene Krankenkassen, die teilweise unterschiedliche Leistungen anbieten. Der Arbeitgeber meldet Ihr Arbeitsverhältnis dann bei der Krankenkasse an.
Nach der ersten Meldung zur Sozialversicherung bekommen Sie einen Sozialversicherungsausweis mit Ihrer Sozialversicherungsnummer und Ihren Vor- und Nachnamen, den Sie gut aufbewahren müssen. Sie behalten diese Nummer, auch wenn Sie den Arbeitgeber wechseln. Manche Arbeitgeber verweigern die Bezahlung des Lohns mit dem Argument, dass Sie keine Sozialversicherungsnummer vorgelegt haben. Das ist falsch! Der Arbeitgeber hat die Pflicht, Sie bei der Rentenversicherung anzumelden. Wenn er oder sie dies nicht tut, wenden Sie sich an Ihre Gewerkschaft oder eine Beratungsstelle.
Bei Fragen können Sie sich auch direkt an die Deutsche Rentenversicherung wenden (Servicetelefon 0800 10004800).
Auch ohne schriftlichen Arbeitsvertrag können Sie einen gültigen Arbeitsvertrag haben!
Üblicherweise wird vor Beginn eines Arbeitsverhältnisses ein schriftlicher Arbeitsvertrag unterschrieben. Ein Arbeitsverhältnis kann aber auch mündlich vereinbart werden; die wesentlichen Vertragsbedingungen sind jedoch schriftlich niederzulegen, vom Arbeitgeber zu unterzeichnen und dem oder der Arbeitnehmer*in auszuhändigen.
Ein mündlicher Arbeitsvertrag ist grundsätzlich wirksam. Der Arbeitgeber muss Ihnen aber auf jeden Fall Informationen zu der Arbeit geben, zum Beispiel, um welche Tätigkeit es sich handelt, wie viele Stunden pro Tag Sie arbeiten sollen und wie hoch Ihr Lohn ist. Sie haben das Recht auf eine schriftliche Bestätigung ("Nachweis") Ihrer Arbeitsbedingungen.
Tipp: Fordern Sie in jedem Fall einen schriftlichen Arbeitsvertrag! Lassen Sie sich ein Exemplar des unterschriebenen Vertrages aushändigen! Ein Arbeitgeber, der den Arbeitsvertrag nicht rechtzeitig aushändigt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einem Bußgeld von bis zu 2000 Euro bestraft werden.
In einem Arbeitsvertrag muss Folgendes stehen:
Der Arbeitgeber ist verpflichtet Ihnen Angaben zu den Punkten 1,7, 8 und 9 spätestens am ersten Arbeitstag, zu den Punkten 2, 3, 4, 5, 6, 10 und 11 spätestens am siebten Kalendertag nach dem Arbeitsbeginn und zu den restlichen Punkten spätestens einen Monat nach dem Arbeitsbeginn vorzulegen.
Häufig sind in einem Arbeitsvertrag weitere Punkte geregelt. Es besteht keine Pflicht für den Arbeitgeber, den Arbeitsvertrag in Ihre Muttersprache oder ins Englische zu übersetzen. Eine Ausnahme sind Beschäftigte in der Leiharbeit: Sie bekommen auf Verlangen den Arbeitsvertrag in ihrer Muttersprache.
Tipp: Unterschreiben Sie nichts, was sie nicht verstehen! Wenn Sie den Arbeitsvertrag nicht verstehen, suchen Sie jemanden, der Ihnen den Vertrag übersetzt oder erklärt!
Es gilt der Grundsatz: Keine Arbeit ohne Bezahlung!
Wichtig: Auch ohne Arbeitspapiere und schriftlichen Vertrag ist der Arbeitgeber verpflichtet, Ihnen Ihren Lohn zu zahlen! Lassen Sie sich nicht von Ihrem Arbeitgeber einschüchtern oder zwingen, ohne Lohn zu arbeiten. Sie haben ein Recht auf die Bezahlung Ihrer Arbeit!
Info: Der Begriff Entgelt ist die formale Bezeichnung für die Bezahlung der Arbeit durch den Arbeitgeber. Deswegen steht oben auf Ihrer monatlichen Abrechnung häufig Entgeltabrechnung. Häufig werden statt Entgelt auch die Begriffe Lohn oder Gehalt verwendet. Wir sprechen hier von Lohn.
Der Lohn wird in der Regel auf Ihr Konto überwiesen. In Ihrem Arbeitsertrag ist normalerweise geregelt, wann das passiert. Wenn nichts geregelt ist, gilt die gesetzliche Regelung, wonach der Lohn am ersten Werktag des Folgemonats zu zahlen ist. Eine Besonderheit gilt für den gesetzlichen Mindestlohn: Der Mindestlohn ist spätestens am letzten Bankarbeitstag des Folgemonats zu zahlen.
Ihr Arbeitgeber muss Ihnen jeden Monat eine Lohnabrechnung geben. Es sei denn, Ihr Lohn hat sich zur letzten Lohnabrechnung nicht geändert. Auf dieser Abrechnung steht, wie viel Sie verdient haben und welche Beträge an Steuern und Versicherungsbeiträgen abgezogen wurden.
Grundsätzlich gilt: Sie müssen für jede Stunde, die Sie arbeiten, bezahlt werden. Eine Ausnahme ist, wenn Sie noch nicht angestellt sind und sich mit einer Firma auf eine kostenlose Probearbeit einigen.
Tipp: Notieren Sie sich ihre Arbeitsstunden! Fordern Sie bei Ihrem Arbeitgeber die Lohnabrechnung ein, wenn Sie diese nicht erhalten. Prüfen Sie rechtzeitig, ob Sie Ihren vollen Lohn bekommen haben!
In Deutschland wird zwischen Brutto- und Nettolohn unterschieden: Der Bruttolohn ist in der Regel das Gehalt, das im Arbeitsvertrag vereinbart ist. Das Gehalt wird in der Lohnabrechnung zusammen mit dem Nettolohn aufgelistet. Vom Bruttolohn werden verschiedene Beträge abgezogen:
Der Nettolohn ist der Betrag, der am Ende nach Abzug aller Abgaben und Steuern ausgezahlt wird.
Sie dürfen nicht weniger als den Mindestlohn bekommen!
Ab dem 1. Oktober 2022 gilt in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn von 12 Euro brutto pro Stunde für alle Arbeitnehmer*innen.
Ausnahmen gelten für Personen, die unter 18 Jahre alt sind und keine Berufsausbildung abgeschlossen haben, für Auszubildende und Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten nach Wiederaufnahme einer Tätigkeit und für bestimmte Arten von Praktika, zum Beispiel bei Einstiegsqualifizierungen zur Vorbereitung einer Berufsausbildung.
Neben dem gesetzlichen Mindestlohn gibt es in bestimmten Branchen allgemeinverbindlich erklärte tarifliche Mindestlöhne, die grundsätzlich Vorrang vor dem gesetzlichen Mindestlohn haben. Diese liegen höher als der gesetzliche Mindestlohn. Zu diesen Branchen zählen zum Beispiel das Baugewerbe, die Gebäudereinigung, das Elektrohandwerk und Pflegetätigkeiten.
Tipp: Fragen Sie am besten bei Ihrer Gewerkschaft nach, welcher Mindestlohn für Sie gilt! Hier bieten wir eine Liste der aktuellen Branchenmindestlöhne.
Achtung: Oft macht der Arbeitgeber die Bezahlung von Vorgaben, die Sie zu erfüllen haben, abhängig. Das ist nicht immer erlaubt.
Lassen Sie Ihren Arbeitsvertrag von Ihrer Gewerkschaft oder einer Beratungsstelle prüfen! Ihr Lohn darf nicht unter dem jeweils geltenden Mindestlohn liegen!
Beispiel: Wenn Sie in einem Hotel Zimmer reinigen, bestimmt oft der Arbeitgeber, wie viele Zimmer Sie in einer Stunde reinigen müssen. Der Arbeitgeber darf Ihren Lohn nicht unter den Mindestlohn kürzen. Schreiben Sie immer Ihre Arbeitsstunden auf und sichern Sie Beweise! Der Arbeitgeber muss jede Stunde, die Sie für ihn gearbeitet haben, mindestens den Mindestlohn, bezahlen, unabhängig davon wie viele Zimmer Sie gereinigt haben.
Ab Registrierung und Beantragung der Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG bekommen Geflüchtete Bürgergeld nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II).
Das Bürgergeld ist eine Sozialleistung, die an Personen gezahlt wird, die in Deutschland ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind.
Das Bürgergeld kann auch dann bezogen werden, wenn man arbeitet, aber das erzielte Einkommen für die Deckung der Lebenskosten nicht ausreicht. Das kann der Fall sein, wenn man mit dem sogenannten Minijobvertrag (vergleiche Broschüre Kapitel 4.2. "Minijob") arbeitet und damit ein Einkommen von nicht mehr als 520 Euro erzielt.
Bürgergeld wird von Jobcentern gewährt. Personen, die 65 Jahre oder älter sind, erhalten die Sozialleistungen vom Sozialamt gemäß Sozialgesetzbuch XII (SGB XII).
Das Bürgergeld beträgt ab Januar 2023 für alleinstehende Erwachsene 502 Euro im Monat.
Laden Sie sich hier unsere 35-seitige Broschüre mit den wichtigsten Infos für ukrainische Geflüchtete auf dem deutschen Arbeitsmarkt kostenfrei herunter.
Що потрібно знати для успішної роботи в Німеччині