Deutscher Gewerkschaftsbund

03.04.2023
Definition, Beispiele, Geschichte, Zahlen und Fakten

Was bedeutet Solidarität?

Die Idee der Solidarität ist uralt. Doch was macht solidarisches Handelns heute aus – vor allem jetzt, in einer Zeit, in der sich verschiedene Krisen überlagern. Fakt ist: Nur mit Solidarität lässt sich ein Weg aus der aktuellen Situation finden. Wir zeigen, warum wir ungebrochen solidarisch sind.

Text: "Ungebrochen Solidarisch, 1. Mai 2023" Hintergrund gelb, darauf ein Stern in Blau und Rot

DGB

Inhaltsverzeichns

Definition und Ursprung von Solidarität

So·li·da·ri·tät - (zolidariˈtɛːt)

  • aus dem Lateinischen: solidus „gediegen, echt, fest“)
  • Substantiv, feminin

Definition laut Oxford Dictionary

  1. unbedingtes Zusammenhalten mit jemandem aufgrund gleicher Anschauungen und Ziele
    "die Solidarität in, unter der Belegschaft wächst"
  2. (besonders in der Arbeiterbewegung) auf das Zusammengehörigkeitsgefühl und das Eintreten füreinander sich gründende Unterstützung "Spenden für die internationale Solidarität"

Die Idee der Solidarität ist uralt – sie ankert im Römischen Recht, entwickelt zwischen dem 5. Jahrhundert vor Christus und dem 3. Jahrhundert nach Christus: Solidus selbst heißt so viel wie gediegen, fest, „in solidum“ hieß es damals: Alle für einen und einer für alle, und beschrieb ein Schuldverhältnis, in dem jeder und alle haften – es gibt eine verbindliche Verpflichtung, eine Gesamtschuld. Solidarität hat gerade in Krisenzeiten Konjunktur.

Solidarität in der Arbeitswelt

Solidarität war für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stets von zentraler Bedeutung. Sich auch grenzüberscheitend mit Kolleginnen und Kollegen zu solidarisieren, gab und gibt Mut und Kraft - vor allem in schwierigen Zeiten. Das galt in der Industrialisierung im 19. Jahrhundert und das gilt auch im digitalen Zeitalter.

Für die Gründung von Gewerkschaften war das Prinzip der Solidarität unerlässlich. Denn ohne den Zusammenhalt der Arbeiterinnen und Arbeiter in den Industriefabriken, Bergwerken und Metallhütten im 19. Jahrhundert hätte es einen Zusammenschluss von Menschen zu Gewerkschaften nicht gegeben. Erst das gemeinsame - auch grenzüberschreitende Einstehen von Arbeitnehmer*innen füreinander - auch unter schwierigen Bedingungen hat dazu geführt, dass gewerkschaftliche Forderungen im Betrieb und von der Politik umgesetzt wurden.

Wie wichtig Solidarität in der Arbeitswelt ist, zeigt sich etwa bei einem Streik. Erst wenn alle Beschäftigten die Arbeit niederlegen, um so ihre Forderungen zu unterstreichen, erzeugt das den nötigen Druck, damit Unternehmen sich bewegen. Nicht ohne Grund setzen einige Arbeitgeber auf Streikbrecher, um einen Streik ins Leere laufen zu lassen. Etwa indem Beschäftigte von anderen Standorten am bestreikten Werk eingesetzt werden.

Zum Glück ist der Einsatz von Streikbrechern in Deutschland klar reglementiert. Es gilt: Kein/e Arbeitnehmer*in darf gezwungen werden, die Arbeit streikender Arbeitnehmer*innen zu übernehmen. Das stärkt den solidarischen Zusammenhalt in Deutschland. Auch für Leiharbeiter*innen gilt: gemäß dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz dürfen sie nicht zum Streikbrechen verpflichtet werden. Sie haben das Recht, die Arbeit in einem bestreikten Betrieb zu verweigern. Seit 1. April 2017 dürfen Arbeitgeber keine Leiharbeiter – auch nicht mittelbar – als Ersatz für streikende Arbeitnehmer einsetzen.


"Ungebrochen solidarisch" - Maimotto 2023: Internationale Solidarität in globalen Krisenzeiten

Die vergangenen 15 Jahre waren geprägt von sich teilweise überlagernden Krisen. Die Welt ist im Dauerkrisenmodus: Die Finanzkrise (2008), Banken- und Eurokrise (2010 bis 2012), die Folgen des Kriegs in Syrien (ab 2012), die Coronapandemie (2020 bis 2022), der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine oder das schwere Erdbeben in der Türkei und Nordsyrien – all diese großen Katastrophen fordern den oder die Einzelne/n auf, sich solidarisch zu zeigen mit den Menschen, die unter Krieg und Krisen leiden.

Wir Gewerkschaften stehen an ihrer Seite. Gemeinsam setzen wir am Tag der Arbeit ein sichtbares Zeichen für eine gerechte und friedliche Zukunft, für einen starken Sozialstaat und eine leistungsfähige öffentliche Daseinsvorsorge.

Der Tag der Arbeit 2023 steht deshalb unter dem Motto UNGEBROCHEN SOLIDARISCH. "Denn wir als Gewerkschaften stehen für ein solidarisches Miteinander, auch in unruhigen Zeiten. Gemeinsam gehen wir in diesem Jahr daher wieder auf die Straße, um am Tag der Arbeit ein sichtbares Zeichen für eine gerechte, solidarische Zukunft setzen."

Solidarität in der Corona-Pandemie

Es war Anfang März 2020, als eine junge Bayerin in das Münchner Krankenhaus gebracht wurde: Sie hatte Covid19, eine der ersten Kranken. Es dauerte Wochen, bis sie wieder gesund war – aber jetzt trifft man sie wieder in dem Krankenhaus an. Aber als Stationsassistentin, bis April. Die junge Frau „möchte den Menschen was zurückgeben, die mir so viel gegeben haben, dem Stationspersonal“ sagte sie dem Sender Bayern 2.

Es ist nur eines von vielen Beispielen für Solidarität in dieser fürchterlichen Pandemie. Fast jede und jeder kann ein Beispiel dafür nennen, ob die Nachbarschaftshilfe für Ältere, die plötzlich aufblühte, oder die Beutel mit Lebensmitteln für Obdachlose, die an Zäunen hingen, ob das kostenlose Taxi für die PflegerInnen oder der Kinobetreiber, dem die Fans einen neuen Projektor finanzieren, weil der alte kaputt ist: Die Pandemie hat zu einer Welle der Solidarität geführt. Auch wenn diese Bewegung durchsetzt ist mit Querdenkern und Querulanten: Sie sind wenige im Vergleich zu den Millionen, die sich zusammengetan haben, um die Schwachen zu schützen, die Alten, die Vorerkrankten. Und das nicht nur in Deutschland, sondern in den meisten Ländern der Welt.

Solidarität im Internet

Solidarität hat auch im Internet Konjunktur. Jeden Monat suchen weltweit mehrere zehntausend Menschen nach dem Begriff Solidarität in den Suchmaschinen. DGB

Individuelle Verwundbarkeit als „Grundmodell der Solidarität“

Der renommierte Soziologe Heinz Bude glaubt, dass diese Welle der Solidarität nicht einmalig und befristet ist. Vor der Pandemie habe es eine Krise des Sozialstaates gegeben, erklärte er in einem Vortrag, und es herrschte die neoliberale Überzeugung vor, dass eine gute Gesellschaft eine mit starken Einzelnen ist, die in der Lage sind, für sich selber zu sorgen. „Das glauben die Menschen nicht mehr. Die Pandemie hat ein neues Motiv geschaffen: Man kann noch so reich, noch so schlau sein: Man kann sich nicht selber schützen, wenn andere sich nicht auch schützen“, sagt er. Dieses Bewusstsein für die individuelle Verwundbarkeit sei „das Grundmodell der Solidarität“. „Eine zukunftsfähige Solidarität muss die Idee des verwundbaren Individuums ernst nehmen“, fordert Bude – und beobachtet in der Pandemie genau das. Zudem habe sich gezeigt, dass vor allem Länder mit funktionierendem Staatswesen die jeweilige Bevölkerung verhältnismäßig erfolgreich durch die Pandemie gesteuert haben. Daraus resultiere, so Bude, für die Zivilgesellschaft ein Bewußtsein für die „Staatsbedürftigkeit“ – ohne den Staat, ohne seine Institutionen wäre die Menschheit dem Virus vollständig hilflos ausgeliefert.

Motto 1. Mai 2021: Solidarität ist Zukunft

Der DGB hat nicht nur deswegen für den 1. Mai die Solidarität in sein Motto gehoben: „Solidarität ist Zukunft“. Nur mit Solidarität, so der DGB, lässt sich ein Weg aus der Krise finden. Das passende Bild zum Motiv hat der junge Künstler Niklas Apfel von der Berliner Universität der Künste entworfen. „Gerade heute in einer sich immer mehr globalisierenden Welt, und auch in der aktuellen Pandemiesituation, ist es sehr wichtig, dass es Menschen gibt, die sich für die Arbeitsrechte anderer einsetzen. Denn gemeinsam sind wir stärker“, beschreibt er sein Ziel.

Definition und Zitate

"Solidarität ist eine Beziehung auf Augenhöhe. Es hat etwas mit Reziprozität zu tun, mit Wechselseitigkeit. Das bedeutet nicht nur, ich gebe und ich kriege, sondern in dieses Verhältnis ist etwas Größeres eingebaut." Heinz Bude, Soziologe und Autor

Solidaritätslied: „Vorwärts, und nicht vergessen, / worin uns’re Stärke besteht! / Beim Hungern und beim Essen, / vorwärts und nicht vergessen / die Solidarität!“ Bertholt Brecht, Dichter

„Wer sich solidarisch verhält, nimmt im Vertrauen darauf, dass sich der andere in ähnlichen Situationen ebenso verhalten wird, im langfristigen Eigeninteresse Nachteile in Kauf.“ Jürgen Habermas, Philosoph und Soziologe

„Solidarität ist die Gesinnung einer Gemeinschaft mit starker innerer Verbundenheit“ Alfred Vierkandt, Philosoph und Soziologe

„Solidarität ist das Zusammengehörigkeitsgefühl, das praktisch werden kann und soll.“ Alfred Vierkandt, Philosoph und Soziologe

„Nur eine solidarische Welt kann eine gerechte und friedvolle Welt sein.“ Richard von Weizsäcker, Politiker und ehemaliger Bundespräsident

„Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker.“ Gioconda Belli, nicaraguanische Schriftstellerin

Revolutionen, Reformen, Google-Recherche

Seit der Ursprung der Solidarität im alten Rom hat diese gegenseitige Verpflichtung, sich zu unterstützen, immer wieder Glanzzeiten erlebt: Mit der französischen Revolution, mit dem Wiederaufbau nach den beiden Weltkriegen, mit der Errichtung des hochsolidarischen Sozialsystems mit Krankenkasse, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung. Heute kann man die Attraktivität des Begriffs sogar ganz einfach messen – im März 2020, zu Beginn der Pandemie, wurde der Begriff „Solidarität“ extrem oft gegoogelt (allerdings auch der Begriff „Aktien kaufen“).

Solidarität im Coronajahr

Besonders zu Beginn des ersten Lockdowns im März 2020 wurde häufig nach dem Begriff Solidarität gegoogelt. Vor allem Politikerinnen und Politiker appellierten an den Gemeinschaftssinn in der Bevölkerung.

USA: Black live matters und die Suche nach Solidarität

Am 25. Mai 2020 kam der US-Bürger George Perry Floyd Jr. bei einem Polizeieinsatz ums Leben (der rote Pfeil in der Grafik unten kennzeichnet die Woche nach dem Tod von George Floyd). Daraufhin protestierte die Black lives matters-Bewegung über Monate in vielen US-Städten gegen Polizeigewalt und Rassismus. In den Google-Suchnachfragen zeigt sich, dass es bei den Protesten vor allem auch um Solidarität mit dem Opfer ging.

USA Solidarität

Alltagshelden haben Solidarität verdient

Dass noch viel Luft nach oben ist, zeigt die Pandemie ebenfalls, und das nicht nur darin, dass in den ersten Wochen des Lockdowns Toilettenpapier ausverkauft war und Desinfektionsmittel gestohlen wurde. Solidarität sieht anders aus. Und während im ersten Lockdown noch für das Pflegepersonal und die Alltagshelden wie LKW-Fahrer und Verkäuferinnen von Balkonen geklatscht wird, hört man davon im derzeitigen Dauerlockdown wenig. Auch für die 60 000 Erntehelfer*innen aus Ost- und Südeuropa, die voraussichtlich dieses Jahr wieder einreisen werden, gibt es bis heute keine soziale Absicherung, heißt, keine Krankenversicherung - mitten in der Pandemie. Im ersten Moment wurde auch der Skandal im Sommer kleingeredet, als die Beschäftigten in den Schlachthöfen wegen mangelnder Hygienekonzepten und schlechten Arbeitsbedingungen dem Virus hilflos ausgeliefert waren.

Historischer Schritt für Pflegepersonal

Aber hier war plötzlich unter dem Druck der Öffentlichkeit möglich, was über Jahre gefordert wurde und angeblich bis dahin nie umsetzbar war: Scharfe gesetzliche Regelungen für die Arbeitsbedingungen und Unterkünfte der meist ost- und südeuropäischen Schlachthofmitarbeiterinnen und -mitarbeiter. Selbst der letzte Versuch der Schlachtindustrie, die gesetzlichen Vorschriften aufzuweichen, scheiterte in der Politik.

Offen ist, ob die solidarische politische Energie ausreicht, um auch beim Pflegepersonal einen historischen Schritt zu gehen. Dass sie mehr verdienen sollten, dass Pflege mehr wert ist als ein paar Prämien, ist durch die Pandemie gesellschaftlicher Konsens geworden. Ein entsprechender Tarifvertrag zwischen Verdi und dem Arbeitgeberverband BVAP steht – doch noch steht aus, wie sich die Kirchen zu dem Tarifvertrag stellen. Erst Ende Februar will man sich in der paritätisch besetzte Arbeitsrechtlichen Kommission zusammensetzen und entscheiden, ob die Kirchen den „Dritten Weg“ aufgeben – und damit die Basis für eine Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrages ermöglichen.

Solidarität in Europa

Doch nicht nur auf nationaler Ebene hakt es noch mit der Solidarität. Zwar hat die EU gerade deswegen so lange bei den Impfstoffen verhandelt, damit sie alle 27 EU-Länder unter einem (solidarischen) Hut hatte bei der Pandemiebekämpfung. Aber um die Pandemie zu bewältigen, muss sie nicht nur europaweit, sondern weltweit bezwungen werden; schon und auch aus ökonomischen Gründen. Es bringt wenig, wenn die reichen Länder durchgeimpft sind, aber die Wirtschaft in anderen Ländern, sei es Liefer- oder Exportland, still steht, weil das Virus weiter wütet. Trotzdem haben die reichen Ländern bis Mitte Januar 60 Prozent des damals verfügbaren Impfstoffs aufgekauft oder vertraglich gesichert, obwohl sie nur 16 Prozent der Bevölkerung ausmachen, zitiert die „Zeit“ eine Studie. Und obwohl die Impfstoffe mit riesigen staatlichen Hilfen entwickelt wurden – Biontech hat allein 375 Millionen Euro bekommen – unterliegen sie dem Patentschutz, der sie teuer macht. Dabei appellieren bereits 100 Länder an die Welthandelsorganisation, den Patentschutz wenigstens zu lockern, damit die armen Länder günstig an Impfstoff kommen.

1. Mai 2021: Solidarität in der Corona-Krise

Gewerkschaften werden deswegen am 1. Mai wieder für Solidarität eintreten – digital, aber auch persönlich. In Deutschland wollen die Gewerkschafter*innen dort, wo es unter Einhaltung der Hygieneauflagen möglich ist, auf den Plätzen ein Netz der Solidarität spannen – weil Solidarität die Zukunft ist.

Gewerkschafter*Innen können Materialien für den 1. Mai bei der Druckerei bestellen...

Solidaritätszuschlag: Innerdeutscher Zusammenhalt

Der Solidaritätszuschlag (umgangssprachlich „Soli“) ist eine Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer. Eingeführt wurde die Abgabe 1991 – befristet auf ein Jahr. Der Hintergrund zur Einführung des Solidaritätszuschlag war unter anderem der Zweite Golfkrieg. Deutschland hatte zugesagt, 15–20 Prozent der Kosten (16,9 Milliarden DM) zu übernehmen. 1993 und 1994 wurde kein Solidaritätszuschlag erhoben. Ab 1995 wurde erneut ein Soli eingeführt, um die Kosten der deutschen Einheit zu finanzieren. Von 1995 bis 1997 betrug der Zuschlag 7,5 Prozent, seit 1998 beträgt er 5,5 Prozent.

Abschaffung Solidaritätszuschlag seit 2021

Im August 2019 legte das Bundesfinanzministerium um Olaf Scholz einen Gesetzentwurf zur Abschaffung des Solidaritätszuschlags vor. Darauf hatte sich die Koalition aus CDU/CSU und SPD im Koalitionsvertrag geeinigt. Das Bundeskabinett stimmte den Plänen von Olaf Scholz zu. Nach diesen müssten ledige Arbeitnehmer den Zuschlag ab 2021 erst ab einem Bruttojahreseinkommen von mehr als 74.000 Euro zahlen. Am 14. November 2019 hat der Bundestag dieses Gesetz beschlossen. Somit entfällt seit 2021 der Solidaritätszuschlag (Soli) für fast alle Bürgerinnen und Bürger: Rund 90 Prozent der Lohn- und EinkommensteuerzahlerInnen, die bisher mit dem Soli belastet waren, werden vollständig von der Zahlung befreit, weitere 6,5 Prozent zahlen weniger.

Solidarität FAQ: Häufig gestellte Fragen im Internet

Was bedeutet Solidarität einfach erklärt?

Solidarität bedeutet in einfachen Worten, dass alle Menschen aufeinander Rücksicht nehmen – auch wenn sich daraus kein eigener Vorteil ergibt. Gerade in Zeiten, in denen es darum geht, immer schneller, größer und weiter zu kommen, drohen viele Menschen den Anschluss zu verlieren. Hier ist Solidarität gefragt: global aber auch in der eigenen Stadt oder der Familie.

Ist Solidarität ein Wert?

Solidarität meint den Zusammenhalt zwischen Individuen oder verschiedenen Gruppen. Also etwa, wenn ArbeitnehmerInnen zusammenstehen, wenn ihre Arbeitsplätze bedroht sind. Dabei geht es um den Einsatz für gemeinsame Werte. Man spricht dann auch von einem Solidaritätsprinzip. Dies gilt in Deutschland aber auch vielen anderen Ländern als Grundlage für den Sozialstaat. Solidarität ist selbst ein Wert und zugleich bedeutet solidarisches Handeln auch, für Werte einzutreten.

Was bedeutet Solidarität für Gewerkschaften?

Gewerkschaften setzen sich seit jeher für Solidarität ein. Vor allem solidarisches Handeln in der Arbeitswelt ist zentraler Bestandteil der gewerkschaftlichen Identität. Nur gemeinsam ist es möglich Arbeitsbedingungen zu verbessern. Das gilt auch in der Gesellschaft: Starke Schultern – also vermögende Bürgerinnen und Bürger – sollen einen größeren Anteil bei der Finanzierung des Gemeinwesens übernehmen.

Solidarität in der globalen Welt

In der Arbeitswelt ist Solidarität auch deshalb wichtig, damit Beschäftigte nicht gegeneinander ausgespielt werden. Gerade in einer globalen Wirtschaft ist es für einige Arbeitgeber ein Leichtes, Standorte zu verlagern. Es ist deshalb auch wichtig, dass sich ArbeitnehmerInnen global vernetzen und auch grenzübergreifend solidarisch sind. Also zum Beispiel protestieren, wenn bei einem Unternehmen in einem anderen Land Jobs gestrichen werden.

Was bedeutet Solidarität für mich?

Jede/r muss für sich klären, was Solidarität bedeutet und wie man sich im Alltag solidarisch zeigt. Anlass für Solidarität gibt es in der Familie, im Freundeskreis, in der Gemeinde, im Straßenverkehr, in der Politik, in der Arbeitswelt. Manchmal handelt man bereits solidarisch, wenn man anderen einfach nur den Vortritt lässt und auf seinen eigenen Vorteil verzichtet.

Ist Solidarität ein Wert oder ein Wort?

Solidarität ist sowohl ein Wort aber auch ein Wert. Wie oben beschrieben ist solidarisches Handeln ganz zentral für die gewerkschaftliche Identität. Nur gemeinsam können Beschäftigte die Arbeitsbedingungen besser machen. Ein aktuelles Beispiel, bei dem es vor allem um Solidarität geht, ist das Lieferkettengesetz. Mit dem Vorhaben sollen vor allem ArbeiterInnen in anderen Ländern geschützt werden. Vielen ist die Rana Plaza-Katastrophe in Bangladesch 2013 noch in Erinnerung. Beim Einsturz eines maroden Fabrikgebäudes sind 1135 Menschen gestorben. Sie alle produzierten Kleidung für die westliche Welt. Mit dem Lieferkettengesetz sollen westliche Konzerne nun dafür Sorge tragen, dass die Arbeitsbedingungen in anderen Ländern gut sind.

Buchtipp: Solidarität reloaded

Kann Solidarität unsere Gesellschaft vor dem Auseinanderbrechen bewahren? Heinz Bude appelliert an eine neue Art des Zusammenlebens. Solidarität war einmal ein starkes Wort. Es geriet in Verruf, als jeder für sein Glück und seine Not selbst verantwortlich gemacht wurde. Heute ist die Gesellschaft tiefer denn je zwischen Arm und Reich gespalten. Natürlich gibt es ein Sozialsystem, das einen Ausgleich bewirkt. Dazu brauchen wir aber ein neues Verständnis von Solidarität. Wir sollten uns nicht damit begnügen, materielle Not zu lindern, sondern im anderen uns selbst als Mensch wiedererkennen. Erst durch diese freie Entscheidung zur Mitmenschlichkeit findet eine Gesellschaft wieder zusammen. Heinz Budes Reflexionen über die solidarische Existenz liefern die Antworten auf die soziale Frage unserer Zeit.

Heinz Bude: Solidarität, Hanser Literatur-Verlag, 176 Seiten, 19,60 Euro


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