Sechzehn Jahre christlich-liberale Regierung haben das Land und das Wirtschaftsmodell Deutschland grundlegend verändert. Doch 1998 ist Helmut Kohls Nimbus des Vereinigungskanzlers verblasst, jetzt besteht die Chance einer sozialen Wende in der Regierungspolitik. Rot-Grün übernimmt die Macht.
Die Bundestagswahlen im September 1998 brachten eine neue Bundesregierung aus SPD und Bündnis 90/ Die Grünen. Mit dem Regierungswechsel verbanden die Gewerkschaften die Hoffnung auf einen Politikwechsel für Arbeit und soziale Gerechtigkeit.
Schon in den ersten Wochen der neuen Legislaturperiode korrigierte die neue Regierungskoalition einige der sozial- und arbeitsrechtlichen Restriktionen der Vorgängerregierung. Nach 16 Jahren konservativ-liberaler Regierungspolitik ging der neue Bundeskanzler Gerhard Schröder an die Aufgabe, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Er lud Arbeitgeber und Gewerkschaften zum „Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit“.
Soziale Ungerechtigkeiten rückgängig gemacht
Ein Jahr nach den Bundestagswahlen hatte die neue Bundesregierung einige wichtige Etappen des Politikwechsels genommen. Sie hatte den Kündigungsschutz in Kleinbetrieben, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wiederhergestellt. Die Koalition entfristete das von den Gewerkschaften geforderte Entsendegesetz gegen Lohndumping, auch einige der größten sozialen Ungerechtigkeiten in der Krankenversicherungs- und Rentenpolitik wurden zurückgenommen.
Auf der Habenseite der Bundesregierung standen außerdem die Erhöhung des Kindergeldes und die steuerliche Entlastung von ArbeitnehmerInnen mit geringen Einkommen. Ein Sofortprogramm gab 100 000 jungen Menschen Chancen für einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz.