Deutscher Gewerkschaftsbund

03.06.2019

Arbeitszeit: Fairness muss sein

einblick Juni 2019

Wichtig für die Arbeitswelt 4.0 oder aus der Zeit gefallen? Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur Arbeitszeiterfassung schlägt hohe Wellen. Aus Sicht des DGB profitieren die Beschäftigten davon, Arbeitszeiten und Überstunden genau zu erfassen – gerade in Zeiten von zunehmend mobiler und flexibler Arbeit.

Frau am Schreibtisch mit Laptop schaut auf die Armbanduhr

DGB/ammentorp/123RF.com

Viele ArbeitnehmerInnen erfassen ihre Arbeitszeiten nicht komplett

Abends nach Dienstschluss noch ein paar E-Mails beantworten oder per Diensthandy noch schnell einen Anruf tätigen – das gehört für viele ArbeitnehmerInnen in Deutschland und Europa längst zum Arbeitsalltag. Oft bleiben diese Zeiten undokumentiert – und damit auch unbezahlt. Dieser Flatrate-Arbeit hat der Europäische Gerichtshof nun einen Riegel vorgeschoben. Am 14. Mai stellten die RichterInnen in Luxemburg fest, dass Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet sind, die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten systematisch zu erfassen.

Bisher besteht in Deutschland nur die Pflicht, Überstunden zu erfassen, nicht jedoch die gesamte Arbeitszeit. Für die meisten ist irgendeine Form des Aufschreibens von Arbeitsbeginn und -ende jedoch heute schon Alltag. Nur etwa 20 Prozent der Beschäftigten hierzulande geben an, dass bei ihnen überhaupt keine Zeiten erfasst werden.

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Höchstarbeits- und Ruhezeiten? Danke EU

Das Urteil zeigt einmal mehr, was europäische ArbeitnehmerInnen an der EU haben. In der Arbeitszeitrichtlinie und in der Europäischen Grundrechtecharta sind Höchstarbeitszeiten und Ruhezeiten garantiert. Deswegen ist das Urteil der Luxemburger RichterInnen folgerichtig: Wenn Beschäftigte nicht ihre gesamte Arbeitszeit erfassen, können sie ihre Rechte nicht wahrnehmen und durchsetzen.

Arbeitsbeginn und -ende aufzeichnen – alles kein Problem im 21. Jahrhundert, sollte man meinen. Wozu gibt es Apps und Programme auf dem Smartphone oder Computer? So viel Kreativität scheinen die Arbeitgeberverbände und die FDP nicht zu haben: Schnell war die Rede von einer Arbeitszeiterfassung 1.0 und der „Stechuhr“. Es wurde das alte Lied von „zu viel Bürokratie“ und „zu wenig Flexibilität“ angestimmt, um – wie üblich – Regeln im Sinne der Beschäftigten als zu kompliziert darzustellen. Das gewünschte Bild war klar: Arbeitszeiterfassung ist von gestern.

Stechuhr reloaded? Nicht in digitalen Zeiten

Dabei gilt: Gerade in Zeiten der Digitalisierung – in der die Arbeit sich räumlich und zeitlich entgrenzt – ist es wichtig, zu wissen, wie viel gearbeitet wird. Das Prinzip „abends noch schnell eine E-Mail vom Diensthandy beanworten“ führt zu permanentem Standby-Modus für die Beschäftigten und damit zu mehr Stress. „Eine Erfassung der Arbeitszeit ist deshalb wichtig, um sie zu beschränken“, fasst DGB-Bundesvorstandsmitglied Annelie Buntenbach die Haltung der Gewerkschaften zusammen. Die Gewerkschaften wollen Möglichkeiten der mobilen Arbeit nicht einschränken – wenn sie den Beschäftigten nützt und in ihrem Sinn gestaltet ist.

Schon in der Diskussion um das Recht auf Home Office wiesen die Gewerkschaften darauf hin, dass die mobile Arbeit klare Grenzen braucht und vollständig erfasst und vergütet werden muss. Dass diese Sorge absolut angebracht ist, zeigen die aktuellen Zahlen: In Deutschland werden jedes Jahr über 2 Milliarden Überstunden geleistet, davon über 1 Milliarde, die nicht bezahlt oder ausgeglichen werden. Das komme einem „Lohn- und Zeitdiebstahl“ gleich, kritisiert Buntenbach.


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