Wie lange wir arbeiten, wie viele Pausen wir nehmen und wann wir uns längere Zeit am Stück erholen können, regelt in Deutschland das Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Zweck des Gesetzes ist es, die Sicherheit und den Schutz der Gesundheit aller Arbeitnehmer*innen bei der Arbeitszeitgestaltung zu verbessern. Außerdem soll es dafür sorgen, dass alle ausreichend Freizeit haben.
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Überstunden oder hyperflexibles Arbeiten können nicht nur seelische, sondern auch körperliche Gesundheitsschäden bei Beschäftigten bewirken. Besonders beim mobilen Arbeiten und im Homeoffice sind die Regulierung der Arbeitszeit und deren Dokumentation daher besonders wichtig. Für diese Regelungen setzen sich der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften ein.
Gerade wenn sich Arbeit und Privates immer mehr vermischen, muss das Privatleben gut geschützt und die Grenzen der Arbeitszeit wie die Ruhezeiten stärker durchgesetzt werden. Um die gesamte Arbeitszeit sichtbar zu machen, müssen die Arbeitgeber*innen die Arbeitszeit vollständig erfassen. So will es auch die EU.
Unter dem Vorwand angeblicher Anforderungen der digitalisierten Arbeitswelt und mit Verweisen auf Vereinbarkeitsbedarfe fordern Arbeitgeber*innen schon seit langem eine Deregulierung des Arbeitszeitgesetzes. Das passiert besonders durch die Verkürzung der ununterbrochenen Ruhezeit, den Wechsel zur wöchentlichen statt täglicher Berechnung der Höchstarbeitszeit und eine weitergehende Öffnung der Bestimmungen zur Höchstarbeitszeit für die Tarifvertragsparteien. Diese Forderungen nach Deregulierung, die im Zusammenhang mit der Ausweitung mobiler Arbeit im Zuge der Pandemie zugenommen haben, lehnen der DGB und seine Mitgliedsgewerkschafen ab. Das Arbeitszeitgesetz, insbesondere die Regelungen zu Ruhezeiten, gelten auch im Homeoffice und beim mobilen Arbeiten. Trotzdem fehlt es unabhängig von der Arbeitszeitdokumentationsfrage nach wie vor an einem gesetzlichen Rahmen für ein selbstbestimmtes mobiles Arbeiten.
Zwar hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2019 in einem Urteil entschieden, dass Arbeitszeiten künftig dokumentiert werden müssen, aber passiert ist in Deutschland seither wenig. EU-Mitgliedstaaten sollen ein System errichten, in dem nachvollziehbar und manipulationssicher die Arbeitszeiten von Mitarbeiter*innen erfasst werden.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte das Urteil und hat dazu ein Eckpunktepapier mit rechtspolitischen Erwartungen der Gewerkschaften an den Gesetzgeber für die Umsetzung der EuGH-Entscheidung in nationales Recht erarbeitet.
Das Arbeitszeitgesetz lässt schon jetzt viel zu: Es erlaubt für Arbeitnehmer*innen von Montag bis Samstag eine maximale tägliche Arbeitszeit von acht Stunden – also 48 Stunden pro Woche. Das ergibt 2264 Stunden Arbeitszeit pro Jahr. Denn nach dem Bundesurlaubsgesetz stehen Arbeitnehmern bei einer Sechstagewoche 24 Tage Urlaub zu.
Die Rechnung berücksichtigt allerdings weder Feiertage, die auf Werktage fallen, noch die zahlreichen Ausnahmen, die das Arbeitszeitgesetz zulässt. So kann die Arbeitszeit an einzelnen Tagen sogar bis auf zehn Stunden verlängert werden, wenn im Durchschnitt eine Arbeitszeit von acht Stunden gewahrt ist. Auch die Ruhezeit von elf Stunden zwischen zwei Arbeitstagen gilt nicht uneingeschränkt, in Krankenhäusern und Gaststätten sind es beispielsweise nur 10 Stunden.
Das Gesetz sieht außerdem umfangreiche Möglichkeiten vor, wie durch Tarifvertragsparteien die Arbeitszeit über einen Tarifvertrag gestaltet werden kann. Auch das Verbot der Sonntagsarbeit kennt umfangreiche Ausnahmen.
Wie viele Stunden gearbeitet werden muss, ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag oder aus dem Tarifvertrag. Diese sehen eine bestimmte Anzahl von Wochenarbeitsstunden vor. Alles, was darüber hinausgeht sind Überstunden und müssen grundsätzlich erst einmal nicht geleistet werden, weil sie vertraglich nicht vereinbart sind. Oft steht in Arbeitsverträgen, dass Überstunden angeordnet werden dürfen. Hier zählt der Einzelfall, denn zu prüfen ist, ob die Klausel im Arbeitsvertrag wirksam ist. Dennoch sind sie für etwa jeden achten Beschäftigten in Deutschland üblich. Durchschnittlich 4,5 Millionen Menschen haben laut Statistischem Bundesamt 2021 mehr gearbeitet, als in ihrem Arbeitsvertrag vereinbart ist. Von den Personen, die 2021 mehr gearbeitet hatten als vertraglich vereinbart, leisteten sogar knapp 22 Prozent unbezahlte Überstunden.
Wer Beschäftigte dauerhaft länger als zehn Stunden am Tag schuften lässt oder duldet, dass sie länger arbeiten, begeht übrigens eine Ordnungswidrigkeit. Die kann sogar mit einer Geldbuße von bis zu 30.000 Euro geahndet werden und droht auch Arbeitgebern, die Beschäftigten die gesetzlich vorgeschriebenen Pausen und Ruhezeiten nicht zugestehen.
Arbeitgeber*innen müssen ihren Mitarbeitenden eine Pause von wenigstens 30 Minuten ermöglichen, wenn sie an einem Tag zwischen sechs und neun Stunden arbeiten. Ab einer Arbeitszeit von neun Stunden muss die Pause mindestens 45 Minuten lang sein. Die Pause kann an einem Stück oder in mehreren Pausen von wenigstens 15 Minuten genommen werden.
Wie die Arbeitszeit und die Pausen an einzelnen Wochentagen organisiert sind, entscheidet der Arbeitgeber. Er muss sich darüber aber gegebenenfalls mit dem Betriebsrat verständigen und die Vorgaben des ArbZG zu Ruhezeiten sowie zu Sonn- und Feiertagsarbeit einhalten. Denn grundsätzlich haben Arbeitnehmer*innen nach der täglichen Arbeitszeit Anspruch auf wenigstens elf Stunden ununterbrochene Ruhezeit.