Mit dem Gesetzentwurf für ein Gesetz zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege (PUEG) soll die Pflegereform ab dem 1.7.2023 in Kraft treten. Dabei werden die im Koalitionsvertrag angekündigten Entlastungen nur teilweise umgesetzt, während gleichzeitig weitere Belastungen für Pflegebedürftige und ihre pflegenden Angehörigen in Kauf genommen werden. Für viele Menschen ist das eine Katastrophe.
DGB/Alexander Raths/123RF.com
Die im Koalitionsvertrag versprochenen Entlastungen für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen drohen in der Umsetzung durch das PUEG mehr als dürftig auszufallen. Dabei fällt vor allem die Übernahme der versicherungsfremden Leistungen (Rentenbeiträge von pflegebedürftigen Angehörigen) durch Steuermittel sowie die Übernahme der von der Pflegeversicherung verauslagten Pandemiekosten ins Auge, zusammen mehr als neun Milliarden Euro, die zur Entlastung fest eingeplant waren und nun doch nicht kommen sollen.
Hinzu kommt, dass die angekündigten Beitragssatzerhöhungen in Höhe von 0,35 Prozentpunkten sowie zusätzlich für Kinderlose um 0,25 Prozent bereits ab Juli 2023 in Kraft treten soll, während die Entlastungen durch eine fünf prozentige Anhebung von Pflegegeld und Sachleistungen erst ab Januar 2024 geplant sind. Zu wenig und zu spät lautet deshalb die Kritik von DGB und Gewerkschaften. Bereits 2017 war eine Erhöhung angekündigt worden, die jedoch nie zustande kam. Notwendig ist aus gewerkschaftlicher Sicht eine zeitnahe Anhebung des Pflegegeldes sowie der ambulanten Sachleistungen bereits zum 1. Juli 2023 in dem Umfang, der die Inflation in den vergangenen fünf Jahren annähernd ausgleicht.
Erneute Leistungszuschläge zum Eigenanteil stationär Pflegebedürftiger sollen zum 1.1.2024 um fünf bis zehn Prozent (je nach Dauer der Pflegebedürftigkeit) angehoben werden. Dieser Betrag ist aus Sicht des DGB viel zu gering und wird von der zu erwartenden Lohnentwicklung in der Pflege sowie den steigenden Lebenshaltungskosten umgehend egalisiert. Notwendig ist vielmehr eine strukturelle Reform mit einer Deckelung der Eigenanteile in einem ersten Schritt und danach die Etablierung einer Pflegebürgervollversicherung, die alle pflegerischen Leistungen zuverlässig übernimmt. Dies spiegelt das auch das Ergebnis einer aktuellen Umfrage des wissenschaftlichen Instituts der AOK wider, nach der die Mehrheit der Bevölkerung sich für eine solidarische Lösung zur Weiterentwicklung des Sozialversicherungssystems ausgesprochen hat.
Leistungen der Kurzzeit- und Verhinderungspflege sollten noch im Referentenentwurf ab 1.1.2024 flexibel in einem Gesamtleistungsbetrag genutzt werden können. Diese Regelung stand schon im letzten Koalitionsvertrag und ist längst überfällig, um die pflegenden Angehörigen zu entlasten und die informelle Pflege zu entbürokratisieren. Umso enttäuschender ist es für Millionen pflegende Angehörige, dass diese Regelung nun doch nicht im Gesetzentwurf enthalten ist. Damit wird die Bundesregierung ihrem Anspruch nach ausreichender Unterstützung und Entlastung in der Pflege nicht gerecht. Das strukturelle Problem der Unterfinanzierung der Pflegeversicherung bleibt weiter bestehen.