Immer mehr Arbeitgeber missbrauchen Werkverträge. Das führt dazu, dass Beschäftigte unterschiedlich bezahlt werden, obwohl sie beide die gleiche Arbeit erledigen. Der DGB sagt: Wir wollen keine Angestellten zweiter Klasse.
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Mit einem Werkvertrag vergibt ein Auftraggeber fest definierte Gewerke an eine Fremdfirma oder eine Einzelperson. Anders als bei einem Dienstvertrag wird nicht nur eine Leistung geschuldet, sondern auch der Erfolg. In den letzten Jahren wird von vielen Unternehmen dieses "Werk" sehr frei definiert. Ein großes schwedisches Möbelhaus ließ 2011 in einem seiner Zentrallager in Dortmund die gesamte Nachtschicht von einer litauischen Firma mit Werkvertrag erledigen. Dafür gab es eine Pauschale je abgeladenen Container. In anderen Fällen bestand das "Werk" darin, Schweinehälften im Akkord zu zerteilen oder Flaschen in einem Getränkegroßhandel zu sortieren. "Wenn aber ein Schlachter Schweinehälften schneidet oder ein Lagerarbeiter Flaschen sortiert, dann ist das die typische Arbeit eines Festangestellten", kritisiert Claus-Harald Güster, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Mehr Infos
Wesentliches Merkmal eines Werkvertrags ist es außerdem, dass der Auftragnehmer das Werk mit eigenen Arbeitskräften erstellt, für dieses Werk haftet und selbst bestimmt, wie es produziert wird. In der Regel hält er dafür eigene Maschinen und Anlagen vor. Der Auftragnehmer ist zuständig für den eventuellen Einsatz weiterer Arbeitnehmer und diesen gegenüber auch weisungsberechtigt. Das heißt im Klartext: Das Unternehmen, das eine Werkvertragsfirma beauftragt, darf deren Angestellten eigentlich keine Weisungen erteilen. In der Praxis sieht das oft anders aus.
Welche Merkmale erfüllt sein müssen, damit ein Werkvertrag vorliegt, ist in allgemeiner Form im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Eine klare Regelung zur Abgrenzung von einer abhängigen Tätigkeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses gibt es jedoch nicht. Das führt dazu, dass Werkverträge zum Nachteil der Beschäftigten missbraucht werden können. Und da durch den Einsatz der Gewerkschaften für Branchen-Mindestlöhne und tarifliche Regelungen Lohndumping durch Leiharbeit kaum noch möglich, nutzen immer mehr Arbeitgeber Werkverträge statt Leiharbeit, um die Tariflöhne der Stammbelegschaften zu unterlaufen.
Der DGB zeigt in der Broschüre "Werkverträge – Missbrauch stoppen, Gute Arbeit durchsetzen", wie Arbeitgeber Werkverträge missbrauchen, um Lohndumping zu betreiben. Der DGB hat deshalb konkrete Lösungsvorschläge entwickelt, wie der Missbrauch von Werkverträgen endlich gestoppt werden kann.
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Rechtsfolgen eines Missbrauchs festlegen: Wenn festgestellt wird, dass missbräuchlichen Werkvertrag vorliegt, hat dies zur Folge, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Solo-Selbständigen beziehungsweise den Beschäftigten des Werknehmers entsteht.
Mitbestimmung stärken: Die betriebliche Interessenvertretung muss das Recht erhalten, den Einsatz von Fremdfirmen zu verweigern, wenn die Interessen der eigenen Belegschaft unmittelbar berührt sind. Die Informationsrechte müssen gestärkt werden. Die Betriebsräte, Personalräte und Mitarbeitervertretungen müssen wissen, welche Personen sich überhaupt auf dem Gelände befinden und welche Tätigkeiten sie konkret ausüben.
Kontrollen und Klagerecht ausweiten: Derzeit müssen die Beschäftigten ihre Rechte selbst durchsetzen. Dies ist oft mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verbunden. Deswegen müssen die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften ein Verbandsklagerecht erhalten, um diese Rechte stellvertretend durchzusetzen. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit und die Sozialversicherungsträger benötigen wirkungsvolle Kontrollmöglichkeiten, so dass missbräuchliche Konstruktionen rechtssicher unterbunden werden können.
Scheinselbständigkeit konsequenter verfolgen und unterbinden: Immer mehr Selbstständige sind faktisch scheinselbstständig, weil sie nur für einen Auftraggeber arbeiten. Durch die Beschäftigung von Scheinselbstständigen werden betriebliche und sozialrechtliche Risiken auf diese verlagert und Schutzbestimmungen für die ArbeitnehmerInnen unterlaufen. Der DGB schlägt deshalb vor, die Kriterien für die Abgrenzung von Selbstständigen und Scheinselbständigen zu präzisieren und zu ergänzen.
Kettenverträge eingrenzen: Der DGB schlägt vor, die Subunternehmerketten zu begrenzen und zu verlangen, dass die Subunternehmen wenigstens einen Teil des Auftrages selbst ausführen müssen.
Ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besser schützen: Der grenzüberschreitende Arbeitskräfteeinsatz ist besonders missbrauchsanfällig und schwer zu überwachen. Hierzu muss die Europäische Union ihr Regelwerk für grenzüberschreitenden Arbeitseinsatz verbessern, Kontrollen erleichtern und fälschungssichere Bescheinigungen einführen.
Zehn Jahre nach der "Reform" der Leiharbeit im Zuge der Hartz-Gesetze kann von einer wirklichen Gleichbehandlung und einem angemessenen Gesamtschutz keine Rede sein. Es ist deswegen richtig, dass die Regierungsparteien in ihrem Koalitionsvertrag weitere Verbesserungen zur vollständigen Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie vorsehen. Die Koalitionsparteien haben unter anderem vereinbart, die Überlassungshöchstdauer gesetzlich auf 18 Monate zu begrenzen und die Leiharbeitskräfte nach spätestens neun Monaten beim Entgelt mit den Stammarbeitskräften des Einsatzbetriebes gleichzustellen.
Aus gewerkschaftlicher Sicht gibt es dringenden Handlungsbedarf insbesondere auch zu folgenden Aspekten:
Handlungsbedarf gibt es ebenso bezüglich der Überwachung des Verleihgewerbes und einer Verbesserung der Stabilität der Leiharbeitsverhältnisse. So sollte das Leiharbeitsverhältnis nicht länger auf die Dauer der erstmaligen Einsatzzeit beim Entleiher begrenzt werden können. Das Verbot dieser Synchronisation war geltendes Recht bis 2003. Die Umsetzung der Koalitionsvereinbarung und weiterer Schritte sind überfällig.
Leiharbeitsbeschäftigte sind überdurchschnittlich oft von Arbeitslosigkeit betroffen. So wird rund die Hälfte aller Leiharbeitsverhältnisse bereits nach weniger als drei Monaten beendet. Und mehr als ein Drittel rutscht direkt in Hartz IV, obwohl sie vorher sozialversicherungspflichtig gearbeitet haben.
Der DGB zeigt in der Broschüre "Werkverträge – Missbrauch stoppen", wie Arbeitgeber in verschiedenen Branchen Werkverträge einsetzen, um Belegschaften zu spalten und Lohndumping zu betreiben. Außerdem hat der Deutsche Gewerkschaftsbund konkrete Lösungsvorschläge entwickelt, wie der Missbrauch von Werkverträgen endlich unterbunden werden kann.