Im September hat das Bundeskabinett eine Energiesparverordnung ausgearbeitet und auf den Weg gebracht. Darin steht, dass öffentliche Gebäude ab Oktober bis auf wenige Ausnahmen nur noch bis 19 Grad beheizt werden dürfen. Für private Arbeitgeber gilt die Verordnung zwar nicht zwingend, jedoch dürfen auch Unternehmen weniger heizen. Für die Beschäftigen ist das eine frostige Nachricht.
Die Reduzierung der Gasimportmengen nach Deutschland hat die Bundesregierung veranlasst, eine Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen (EnSikuMaV) auf den Weg zu bringen. So soll der Gas- und Stromverbrauch bereits in dieser Heizsaison verringert und eine mögliche Gasmangellage abgewendet werden. Die Verordnung trat zum 01.09.2022 in Kraft und soll bis zum 28.02.2023 gelten.
Für Beschäftigte kann die Verordnung zum Teil spürbare Folgen haben. DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel fordert: „Energiesparen am Arbeitsplatz darf nicht krank machen. Der Schutz der Gesundheit der Beschäftigten muss immer im Vordergrund stehen. Die Kritik der Betriebs- und Werksärzte am Absenken der Temperaturen in Betrieben und Büros ist berechtigt."
Die Lufttemperatur in Arbeitsstätten bzw. Arbeitsräumen darf neuerdings unter die bisher geltenden Mindestwerte sinken. Die Verordnung ist Teil eines breit aufgestellten Energiesicherungspakets des Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministeriums (BMWK). Sie umfasst neben Anforderungen für private Haushalte vor allem Vorsorgemaßnahmen zur Energieeinsparung in öffentlichen Einrichtungen und bei öffentlichen Arbeitgebern. Aber auch für Arbeitsstätten im Bereich der Privatwirtschaft gibt es neue Regelungen. Dazu gehören etwa Anforderungen zum energieeffizienten Betrieb von Ladentüren und Eingangssystemen im Einzelhandel oder eine zeitliche Nutzungseinschränkung beleuchteter Werbeanlagen.
Arbeitnehmer*innen haben bei Über- oder Unterschreiten der Temperaturgrenzen übrigens keinen automatischen Anspruch auf Arbeitsbefreiung oder Verkürzung der Arbeitszeit. Allerdings muss der Arbeitgeber gewährleisten, dass der Arbeitsplatz kein Gesundheitsrisiko wird. Falls ein Betriebsrat besteht, sollten sich Beschäftigte bei widrigen Temperaturen an ihn wenden.
Für den Arbeitsschutz von besonderer Bedeutung ist eine vorübergehende Änderung der Mindestlufttemperatur in Arbeitsstätten bzw. Arbeitsräumen. Damit wird privaten Arbeitgebern allerdings nicht vorgeschrieben, die Temperatur im Betrieb auf diese Mindestwerte abzusenken. Vielmehr wird erlaubt, die bisherigen Mindesttemperaturen, die in der Technischen Regel zur Raumtemperatur festgelegt sind, zu unterschreiten.
Die in der EnSikuMaV festgehaltenen Maßnahmen sollen Arbeitgeber dazu veranlassen, wirksame Anstrengungen zur Reduzierung des Energieverbrauchs zu unternehmen. Andere wichtige Schutzziele – wie etwa die Gesundheit der Beschäftigten dürfen dabei nicht vernachlässigt werden. Der Arbeitgeber ist nach wie vor dazu verpflichtet, die mit der Arbeit verbundenen Gefährdungen für die Gesundheit der Beschäftigten zu ermitteln und gemäß den gesetzlichen Präventionsanforderungen zu beseitigen oder zumindest zu minimieren
„Auch in Krisen bleiben Arbeitgeber in der Verantwortung, gesundheitliche Gefährdungen am Arbeitsplatz zu vermeiden und allen Beschäftigten menschenwürdige, gesunde Arbeit zu garantieren – das gilt natürlich auch für die Temperatur am Arbeitsplatz. Wer wirklich Energie sparen will, kann Potentiale energetischer Sanierung für Arbeitsstätten ausschöpfen, Vorlauftemperaturen absenken und bei der Arbeitsorganisation nachsteuern. Beschäftigte bei der Arbeit frieren zu lassen oder ihnen Pullover, Schal und Mütze zu verordnen und damit die Last der aktuellen Krise auf sie abzuwälzen, geht auf keinen Fall", warnt Piel.