Darf mein*e Chef*in mir wegen Krankheit kündigen?
Wer krank ist, darf nicht gekündigt werden: Das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Wenn jemand sehr häufig oder sehr lange wegen Krankheit fehlt, darf der*die Chef*in sich unter bestimmten Voraussetzungen von ihm*ihr trennen – und ihm*ihr die Kündigung auch ans Krankenbett schicken. Eine gelegentliche Grippe oder ab und zu ein Infekt reichen dafür aber nicht aus.
Wann ist eine krankheitsbedingte Kündigung erlaubt?
Eine krankheitsbedingte Kündigung ist grundsätzlich nur möglich, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Es liegt eine negative Gesundheitsprognose vor.
- Die Fehlzeiten beinträchtigen die wirtschaftlichen und betrieblichen Interessen des Arbeitgebers stark.
- Die Interessen des Arbeitgebers wiegen stärker als die des*der Beschäftigten.
Das heißt konkret: Wenn du wegen Krankheit gekündigt wirst, muss dein Arbeitgeber nicht nur belegen, dass du in der Vergangenheit häufig krankheitsbedingt arbeitsunfähig warst, sondern auch nachweisen, dass damit auch in Zukunft zu rechnen ist. Das kann zum Beispiel bei einer chronischen Krankheit der Fall sein – bei einer oder mehreren ausgeheilten Erkrankungen dagegen eher nicht.
Eingliederung vor Kündigung
Wenn du krankheitsbedingt deinen Job nicht mehr machen kannst, heißt das nicht, dass du gar nicht mehr arbeiten kannst. Bevor dein Arbeitgeber dir als Beschäftigte*n, der*die dauerhaft arbeitsunfähig oder wegen einer Krankheit nur noch erheblich vermindert leistungsfähig ist, kündigt, muss er prüfen, ob er dich nicht an anderer Stelle im Unternehmen beschäftigen kann. Wenn du also z. B. ein*e Handwerker*in bist, der*die etwa wegen eines chronischen Rückenleidens nicht mehr körperlich arbeiten kann, könntest du zum Beispiel Tätigkeiten im Service oder in der Verwaltung übernehmen.
Arbeitgeber sind außerdem verpflichtet, ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchzuführen, wenn du innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen am Stück oder wiederholt arbeitsunfähig bist. Das heißt, er muss klären, "wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann" (§ 167 Absatz 2 SGB IX). Wenn er das nicht macht, bevor er krankheitsbedingt kündigt, ist die Kündigung zwar nicht automatisch unwirksam – aber er hat, wenn es zu einem Kündigungsschutzprozess kommt, schlechte Karten.
Welche Beweise muss der Arbeitgeber bringen, wenn er mich aufgrund von Krankheit kündigt?
Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass die Fehlzeiten, die durch die Krankheit entstehen, sowohl zu erheblichen Störungen der betrieblichen Abläufe als auch zu finanziellen Belastungen führen. Dazu kann es in kleineren Betrieben beispielsweise kommen, wenn es durch häufige Ausfälle eines*einer Mitarbeiter*in Umsatzeinbußen gibt, wenn für andere Beschäftigte oft Mehrbelastungen entstehen oder der Arbeitgeber bei häufigen Kurzerkrankungen immer wieder Entgeltfortzahlung leisten muss.
Ein weiterer wichtiger Punkt, wenn der Arbeitgeber wegen Krankheit kündigen will: Er muss belegen, dass seine Interessen höher zu bewerten sind als dein Interesse als Beschäftigte*r, den Arbeitsplatz zu erhalten. Das ist bei einer schwerwiegenden Erkrankung in einem langjährigen, störungsfreien Beschäftigungsverhältnis anders zu bewerten als bei einem kurzen Arbeitsverhältnis, das von häufigen Krankheitszeiten gekennzeichnet war.
Fazit: Kündigung wegen Krankheit ist möglich, aber es gibt Regeln
Kündigungen wegen Krankheit sind möglich, aber an strenge Regeln geknüpft. In der Praxis kommen sie eher selten vor – und wenn, dann sind die häufig rechtsunwirksam. Du hast also gute Chancen, wenn du dich gegen eine solche Kündigung wehrst – und solltest das auch immer tun. Dabei musst du allerdings schnell sein: Wenn du nicht innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage erhebst, gilt sie von Anfang an als rechtswirksam. Unterstützung beim Kündigungsschutzprozess bietet unter anderem der DGB Rechtsschutz.