Deutscher Gewerkschaftsbund

15.06.2016
Gesetzliche Unfallversicherung

Weg zur Toilette ja, Notdurft nein: Wann ist ein Unfall versichert?

Missgeschicke beim Toilettengang beschäftigen Gerichte

Wer den ganzen Tag arbeitet, muss auch ab und zu zur Toilette. Doch wer zahlt, wenn dabei ein Unfall passiert? Darüber müssen manchmal Gerichte entscheiden – denn nicht immer kommt die Gesetzliche Unfallversicherung für den Schaden auf. Auch bei Unfällen in der Mittagspause oder im Hotelzimmer gehen Beschäftigte oft leer aus.

Teaser Toilette WC Klo

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Platzwunde im Toilettenraum

Eine Beamtin stößt im Toilettenraum des Dienstgebäudes gegen ein weit geöffnetes Fenster. Sie zieht sich eine blutende Platzwunde und eine Prellung zu, muss ärztlich versorgt werden. Doch der Dienstherr, das Berliner Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, will den Vorfall nicht als Dienstunfall anerkennen. Begründung: Der Aufenthalt in einer Toilettenanlage sei eine rein private Angelegenheit, die in keinem Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit stehe.

Gericht gibt Beamtin Recht

Das Verwaltungsgericht Berlin sieht das anders. Da sich der Unfall während der Dienstzeit am Dienstort ereignet habe sei ein Zusammenhang durchaus gegeben, es handele sich also um einen Dienstunfall – auch wenn das Aufsuchen der Toilette selbst keine dienstlich geprägte Tätigkeit sei, sondern in die private Sphäre der Beamtin falle.

 

Gesetzliche Unfallversicherung: Was ist dienstlich, was privat?

Für Schäden und Verletzungen, die durch Arbeitsunfälle entstehen, ist die Gesetzliche Unfallversicherung zuständig. Versichert sind sowohl Unfälle, die direkt bei der Arbeit entstehen, als auch Wegeunfälle.

Ein Rundum-Schutz während des gesamten Arbeitstages besteht allerdings nicht: Der Versicherungsschutz umfasst nur Tätigkeiten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Arbeit stehen. Dazu zählen zum Beispiel auch Wege von und zur Toilette, aber nicht die Verrichtung der Notdurft selbst.

Ähnlich sieht es mit der Mittagspause aus: Der Weg von und zur Kantine ist versichert, mit dem Durchschreiten der Kantinentür endet der Schutz. Wer auswärts isst ist ebenfalls nur auf dem Weg durch die Gesetzliche Unfallversicherung geschützt, nicht während des Aufenthalts im Lokal.

Gar kein Versicherungsschutz besteht, wenn jemand in der Pause das Betriebsgelände verlässt, um private Besorgungen zu erledigen – es sei denn, er kauft Nahrungsmittel, die er alsbald am Arbeitsplatz verzehren möchte, um seine Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Aber auch dann gilt, siehe oben: der Weg ist versichert, der Einkauf selbst nicht. Grundsätzlich nicht versichert sind Spaziergänge während der Pause.

Sturz im Hotelzimmer? Pech gehabt!

Weniger erfolgreich mit seiner Klage ist ein Ingenieur, der auf einer Dienstreise im Hotel gestürzt ist. Er wollte nachts auf die Toilette gehen, hat sich mit den Füßen im Bettüberwurf verhakt und bei dem darauf folgenden Sturz einen Wirbel gebrochen. Weil der geplante Toilettengang keinen Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Ingenieur habe und sowohl Bettüberwurf als auch Toilette keine gefährlichen Einrichtungen des Hotelzimmers darstellen war das kein Arbeitsunfall, urteilt das Sozialgericht Düsseldorf.

Versicherungsschutz nur für Nahrungsaufnahme

Nach dem Mittagessen schnell noch die Wäsche abholen: Das wurde einer Arbeitnehmerin zum Verhängnis. Sie war auf dem Weg zu einem Fast-Food-Restaurant, um sich ihr Mittagessen zu besorgen, als sie auf einer Treppe stürzte und sich eine Halsmarkquetschung zuzieht. Kein Arbeitsunfall, entscheidet das Landessozialgericht Darmstadt: Da die Frau auch eine direkt neben dem Lokal liegende Wäscherei aufsuchen wollte ließe sich nicht beweisen, dass die Nahrungsaufnahme und nicht die private Besorgung im Vordergrund gestanden habe. Über die Gesetzliche Unfallversicherung sind Wege in der Mittagspause nur dann versichert, wenn sie der Nahrungsaufnahme dienen.


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