Rechter Populismus befeuert Ängste, bietet aber keine Lösungen. Ein wirksames Gegenprogramm könnte in sozialer Sicherheit liegen, sagt DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel.
Unsere Gesellschaft steht mit einer sich stetig verändernden Arbeitswelt vor großen Herausforderungen. Menschen haben Sorge, dass es ihnen in Zukunft schlechter geht.
Der neuen Rechten spielt das zu, deshalb befeuert sie Ängste und Sorgen weiter, obwohl sie keine Antworten auf drängende Probleme hat. Klare Ansagen für gute Löhne und sichere Arbeit, bezahlbare Wohnungen, gute Bildung und Sicherheit im Alter oder Tarifbindung sucht man in den rechten Wahlprogrammen vergebens. Statt eine echte Umverteilungsdebatte zu führen wird versucht, Menschen gegeneinander aufzustellen. Tausende haben das verstanden und setzen seit Wochen ein Zeichen auf den Straßen. Zusammenhalt, Demokratie, Respekt voreinander – viele Menschen wollen das bewahren.
Was tatsächlich gegen Verunsicherung wirkt, ist soziale Sicherheit. Das heißt: Wer Demokratie will, darf nicht Sozialleistungen runterschrauben. Menschen müssen abgesichert sein, wenn sie arbeitslos werden oder mit Erwerbsminderung durchs Leben gehen. Sie müssen sich bei Krankheit auf gute Behandlung vor Ort verlassen können. Und auf Weiterbildung und Zukunftsperspektiven, wenn die Arbeitswelt digitaler und klimagerechter wird. Kinder brauchen gute Bildung und im Alter brauchen Menschen eine Rente, die zum Leben reicht.
DGB/Joanna Kosowska
Anja Piel ist Mitglied des Geschäftsführenden DGB-Bundesvorstandes. Sie schreibt regelmäßig als Autorin für die Kolumne Gastwirtschaft der Frankfurter Rundschau.
Als wirksames Programm gegen rechten Populismus muss die Ampel deshalb mutig und einig sein, ihre Versprechen verlässlich einzulösen: Insbesondere beim Kampf gegen Kinderarmut, aber auch für ein anständiges Niveau bei den Renten und bei der Kranken- und Pflegeversicherung.
Weil für alle Kinder genug Geld da sein muss für Frühstück, Schwimmbad und Sportverein, fordern wir Gewerkschaften eine gute Kindergrundsicherung. Eltern dürfen sich nicht die Hacken wundlaufen, um die Leistung zu bekommen; sie muss aus einer Hand kommen. Wenn wir wollen, dass mit dem Alter keine Armut kommt, liegt das Minimum fürs Rentenniveau bei 48 Prozent. Ob der Gang an die Kapitalmärkte für die Rente als Idee für mehr Sicherheit taugt, ist offen. In jedem Fall eine schlechte Idee ist, Menschen noch viel länger arbeiten zu lassen.
Sicher ist: Politische Zusagen müssen verlässlich sein, und am wertvollen Sozialsystem darf nicht herumgeschraubt werden.
Dieser Artikel erschien am 16. Februar 2023 in der Frankfurter Rundschau.