Deutscher Gewerkschaftsbund

01.12.2023
klartext Nr. 42/2023

Wie weiter nach dem Verfassungsurteil?

Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird ein Großteil der Gelder aus dem Klima- und Transformationsfonds sowie dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds gesperrt. Damit sollten über mehrere Jahre z.B. Ausgaben für Klimaschutz und Transformation gestemmt werden. Um die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit zu sichern, braucht es neben einer Reform der Schuldenbremse, höhere Einnahmen.

Bundesverfassungsgericht sperrt Gelder

Das Bundesverfassungsgericht fällte vor zwei Wochen ein Urteil, dessen Auswirkungen in dieser Dimension kaum jemand erwartet hat.

Ein Großteil der Gelder aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) sowie dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) wurden gesperrt (siehe Grafik). Mit diesen sollten über mehrere Jahre z.B. Ausgaben für Klimaschutz und Transformation gestemmt werden. Aus dem WSF wurden u.a. die Energiepreisbremsen gezahlt. Die hier zur Verfügung gestellten Gelder hätten zwar nicht die Bedarfe gedeckt, waren aber ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Klimaneutralität.

Investitionen müssen langfrsitig sichergestellt werden

Die Bundesregierung muss nun schnell rechtssichere Pflöcke einschlagen, die die notwendigen Investitionen in die Infrastruktur und die Unterstützung für den klimaneutralen Umbau langfristig sicherstellen.

Für die Gewerkschaften ist dabei oberstes Gebot: Zukunftsinvestitionen, Sozialstaat und Daseinsvorsorge dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden! Wer die Axt an die soziale Infrastruktur, wie Schulen, Kitas, Wohnen oder Kultur legt, gefährdet Zusammenhalt und Demokratie. Wer Klimaschutz und die Transformation jetzt verschleppt, setzt die Zukunftsfähigkeit aufs Spiel. Wer beim öffentlichen Personal spart, kann weder den Laden am Laufen halten noch bei den Planungs- und Genehmigungsverfahren aufs Tempo drücken.

Schuldenbremse muss weiter ausgesetzt werden

Was bleibt zu tun nach dem Verfassungsurteil? Möglichkeiten gibt es viele:

So wie nun für das Jahr 2023 eine Notlage erklärt und die Schuldenbremse ausgesetzt wurde, sollte sie auch schnell für das Jahr 2024 ausgerufen werden. Die Folgen des Krieges in der Ukraine und der Energiekrise sind längst nicht ausgestanden und müssen weiter abgefedert werden.

Diagramm

Ein Großteil der Gelder aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) sowie dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) wurden gesperrt. So sollten die Mittel geplant eingesetzt werden. DGB

Schuldenbremse braucht ordentliche Reform

Zudem muss endlich eine investitionsfreundliche Reform der Schuldenbremse her.

Ein erster notwendiger Schritt ist, eine realistische Berechnung der aktuellen konjunkturellen Lage. Denn in Krisenzeiten, bei unterausgelasteter Produktion, gibt auch die Schuldenbremse etwas mehr Raum für die Kreditaufnahme (klartext Nr. 39/2019). Die Bundesregierung negiert bislang das Ausmaß der Unterauslastung und schränkt damit den Verschuldungsspielraum unnötig ein.

Die Berechnungsmethode anzupassen, reicht allerdings nicht aus, um die immensen Finanzierungsbedarfe zu decken. Hierfür braucht es weitere Reformschritte bei den Schuldenregeln. In diesem Sinne muss auch der aktuelle Reformprozess der EU-Fiskalregeln genutzt werden.

Öffentliche Unternehmen als Investitionshebel nutzen

Darüber hinaus sollten öffentliche Unternehmen wie z. B. die Bahn als Investitionshebel eingesetzt werden. Dafür muss ihre Eigenkapitalbasis gestärkt werden. Solche finanziellen Transaktionen sind von der Schuldenbremse ausgenommen.

Ein neues zweckgebundenes Sondervermögen im Grundgesetz würde ermöglichen, die Finanzierung von wichtigen Zukunftsaufgaben überjährig, langfristig und rechtssicher zu stemmen.

Gleichzeitig muss auch die Einnahmeseite gestärkt werden: z. B. durch eine Reform der Erbschaftsteuer, eine Finanztransaktionssteuer, die Wiedereinführung der Vermögensteuer und durch einen einmaligen Lastenausgleich. Die Erhöhung des CO2-Preises wäre hingegen ungerecht. Er belastet vor allem kleine Einkommen.


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Gewerkschaftliche Wirtschaftspolitik stellt sich der Frage, wie der gesellschaftliche Reichtum gesteigert und zum Wohl der arbeitenden Bevölkerung verteilt werden kann. Uns geht es darum, den Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit für höhere Löhne, weniger Arbeitszeit und mehr Sozialstaat zu nutzen. Dies erfordert ein produktives Zusammenwirken von Staat und Markt. Märkte können schöpferisch sein und den gesellschaftlichen Wohlstand mehren. Märkte sind jedoch sozial und ökologisch blind. Die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise hat das destruktive Potenzial unregulierter Märkte eindrucksvoll offengelegt. Deswegen bedarf es staatlicher Regulierung, Verteilungs-, Wirtschafts-, Sozial-, sowie Industrie- und Dienstleistungspolitik, um die Marktkräfte zu zivilisieren. Die Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik entwickelt und popularisiert wirtschaftspolitische Strategien und Instrumente, die diesen Zielen dienen.

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