Deutscher Gewerkschaftsbund

22.02.2024
klartext Nr. 07/2024

Rezepte der Vergangenheit sind schlecht für die Zukunft!

Die Wirtschaft schwächelt. 0,2 Prozent Wachstum lautet die Prognose für dieses Jahr. FDP und Unternehmenslobbyisten rufen nach Reformen zur "Entfesselung der Wirtschaft" – und ihnen fällt nichts anderes ein als Rezepte aus der neoliberalen Mottenkisten der 1990er Jahre. Doch diese taugen nicht für die Zukunft und schaden Deutschland.

Am Mittwoch veröffentlichte die Bundesregierung ihren Jahreswirtschaftsbericht. Darin wird für das laufende Jahr nur noch ein mickriges Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent prognostiziert. Bundesfinanzminister Lindner kommentierte bereits im Vorfeld, er finde das "peinlich". Tatsächlich hat Lindner einen guten Grund dazu, denn er trägt durchaus Mitschuld an der schlechten Wirtschaftsentwicklung. Seit Monaten drückt er öffentliche Ausgabenkürzungen durch, die den Unternehmen direkt Aufträge entziehen und die Wachstumsaussichten auch langfristig bremsen.

Steuern der Unternehmen sinken seit 1990ern – die Investitionen ebenfalls

Trotzdem bläst Lindner weiter ins selbe Horn. Fast im Gleichklang rufen seine FDP, andere Wirtschaftsliberale und Unternehmenslobbyisten jetzt nach politischen Reformen zur "Entfesselung der Wirtschaft". Schlagwörter stehen im Raum, die sehr nach alten Rezepten aus den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts klingen.

Beispielsweise sollen Steuern für Top-Verdiener*innen, wie der Soli, verschwinden und Unternehmenssteuern mit der Gießkanne gesenkt werden. Flächendeckende Steuersenkungen für profitable Unternehmen wurden schon früher immer wieder umgesetzt, um Unternehmensinvestitionen anzukurbeln. Allerdings ohne Erfolg: Seit den 1990er Jahren ist die effektive Steuerbelastung der Unternehmen in Deutschland massiv gesenkt worden. Die Investitionen der Unternehmen gingen, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, gleichzeitig deutlich zurück (siehe Grafik).

Grafik mit der Überschrift: Investitionsquote der Unternehmen geht bei sinkender Steuerbelastung zurück. Zwei Linien: Private Bruttoanlageinvestitionen und durchschnittliche Steuerbelastung von 1998 bis 2022

DGB

Eine andere politische Forderung, die auch von CDU und CSU aus der neoliberalen Mottenkiste gezogen wird, ist die nach einer Begrenzung der Sozialabgaben bei 40 Prozent. Eine solche Deckelung ist aber nicht sachgerecht und schränkt den Handlungsspielraum der Sozialversicherung ein. Es wäre eine reine Entlastung der Arbeitgeber, bei gleichzeitiger Belastung der Beschäftigten durch erzwungene, teure Privatisierung der großen Lebensrisiken. Auch an der privaten Vorsorge verdient dann wieder die Unternehmerseite.

"Bürokratieabbau": Schutz Beschäftigter ist bedroht

Nicht zuletzt wird unter dem Deckmantel des "Bürokratieabbaus" immer wieder ein Abbau oder eine Verhinderung notwendiger Regeln – auch zum Schutz Beschäftigter – gefordert, um Unternehmen zu schonen.

Wahllose Steuersenkungen für Reiche und Konzerne, Sozialabbau, Markt-Liberalisierung, Deregulierung und staatliche Ausgabenkürzungen – das sind neoliberale Ideen aus den 1990er Jahren. Sie taugen nichts für die Zukunft, schaden Deutschland und helfen der Konjunktur nicht.

Rückfall in neoliberale Denke verhindern

Stattdessen braucht es schnell eine Stabilisierung von Kaufkraft und Binnennachfrage. Es braucht ein massives öffentliches Investitionsprogramm in Infrastruktur, Bildung, Digitalisierung, moderne Behörden mit zügigen Genehmigungsverfahren und für Planungssicherheit. Der sozial-ökologische Wandel muss gestaltet werden – mit bezahlbarer Energie und gezielter (auch steuerlicher) Förderung von unternehmerischen Investitionen in eine zukunftsfähige Wirtschaft. Wir brauchen gerechtere Steuern, mehr Aus- und Weiterbildung und zukunftsfeste, mitbestimmte und tarifvertraglich abgesicherte Arbeitsplätze.

In ihrem Koalitionsvertrag hatten die Ampel-Parteien gute Ansätze für einige dieser Punkte vereinbart. Es darf jetzt keinen Rückfall in die neoliberale Denke der Vergangenheit geben.


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Der DGB-Steuerrechner

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Stellungnahmen

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Hier finden Sie die Stellungnahmen und Positionen der Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB).
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Die Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik

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Gewerkschaftliche Wirtschaftspolitik stellt sich der Frage, wie der gesellschaftliche Reichtum gesteigert und zum Wohl der arbeitenden Bevölkerung verteilt werden kann. Uns geht es darum, den Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit für höhere Löhne, weniger Arbeitszeit und mehr Sozialstaat zu nutzen. Dies erfordert ein produktives Zusammenwirken von Staat und Markt. Märkte können schöpferisch sein und den gesellschaftlichen Wohlstand mehren. Märkte sind jedoch sozial und ökologisch blind. Die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise hat das destruktive Potenzial unregulierter Märkte eindrucksvoll offengelegt. Deswegen bedarf es staatlicher Regulierung, Verteilungs-, Wirtschafts-, Sozial-, sowie Industrie- und Dienstleistungspolitik, um die Marktkräfte zu zivilisieren. Die Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik entwickelt und popularisiert wirtschaftspolitische Strategien und Instrumente, die diesen Zielen dienen.

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E-Mail: info.wirtschaftspolitik.bvv@dgb.de

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Tarifkoordination
 
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