Der Bundeshaushalt für 2024 wurde mit Kürzungen bei den öffentlichen Ausgaben verabschiedet. Auch 2025 droht eine Milliardenlücke. Deshalb muss die Regierung endlich die Schuldenbremse reformieren. Ein harter Sparkurs ist wirtschaftlich schädlich und politisch riskant.
Nach der zähen Verabschiedung des Bundeshaushaltes 2024, der Kürzungen diverser öffentlicher Ausgaben vorsieht, steht nun das nächste Problem vor der Tür: Auch für den Bundeshaushalt 2025 spricht das Bundesfinanzministerium von einer Milliardenlücke.
Leider weigert sich die Bundesregierung bislang, eine Reform der Schuldenbremse anzugehen, wie sie vom DGB, anderen Verbänden, Teilen der Wissenschaft und im Ansatz jetzt sogar von den Wirtschaftsweisen gefordert wird. Insbesondere Bundesfinanzminister Lindner will lieber weiter kürzen. Doch das schadet nicht nur dem wirtschaftlichen Erfolg in Deutschland, sondern bedroht auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt, wie neuere Studien zeigen.
Dass ein Sparkurs negative politische und gesellschaftliche Konsequenzen hat, ist mittlerweile gut belegt. Die Denkfabrik "Dezernat Zukunft" hat die entsprechende Studienlage jetzt in einer aktuellen Veröffentlichung zusammenfassend dargestellt: Neue Berechnungen zeigen zum Beispiel, dass eine Kürzung öffentlicher Ausgaben zu mehr Stimmen für extreme Parteien führt. Das wird u. a. dadurch erklärt, dass die negativen Folgen der Sparpolitik auf Löhne, Wachstum und Arbeitslosigkeit als Ungerechtigkeit wahrgenommen werden. Die negativen wirtschaftlichen Folgen einer Sparpolitik führen demnach zu einem Vertrauensverlust der Wähler*innen in das politische System. Moderate Wähler*innen enthalten sich öfter der Wahl und diejenigen die wählen, neigen eher zur Wahl einer extremistischen Partei.
Vor allem in Krisen, die gesellschaftliche und wirtschaftliche Umbrüche herbeiführen, bräuchte es mehr staatliche Unterstützung, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Fähigkeit demokratischer Staaten, für eine bessere Zukunft zu sorgen, zu stärken.
DGB/Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft
Mehr staatliche Mittel braucht es auch für die aktive, soziale Gestaltung wirtschaftlicher Veränderungsprozesse. Denn die Transformation führt vielerorts zu Verunsicherung in der Bevölkerung. Eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft zeigt, dass gerade in denjenigen Regionen, die besonders von der Transformation betroffen sind, die AfD deutlich in der Wählergunst steigt (siehe Grafik). Perspektivlosigkeit und Unzufriedenheit bieten einen gefährlichen Nährboden für extremistische Parteien in Transformationsregionen.
Umgekehrt zeigen wissenschaftliche Studien aber auch, dass eine wohlstandsorientierte Wirtschaftspolitik, die aktiv auf Weiterbildung setzt und die Wachstumschancen der Regionen durch eine Ausweitung von Investitionen stärkt, ein Bollwerk gegen Rechtspopulismus darstellen kann: Die genannte IW-Studie zeigt beispielsweise, dass der Zuspruch zur rechtsextremen AfD schwächer wird, je höher die Zahlen der Patentanmeldungen sind, also in innovationsstarken Transformationsregionen. Andere Studien unterstreichen, dass in Orten, wo wirtschaftlich erfolgreiche Regionalpolitik betrieben wird, weniger Menschen für extrem rechte Parteien stimmen.
Ein harter Sparkurs ist wirtschaftlich schädlich und politisch riskant. Im Hinblick auf die nächste Bundestagswahl wird es Zeit, die Gefahren einer restriktiven Finanzpolitik zu erkennen und mit einer gezielten Investitionspolitik gegenzusteuern.
DGB/hqrloveq/123rf.com
Gewerkschaftliche Wirtschaftspolitik stellt sich der Frage, wie der gesellschaftliche Reichtum gesteigert und zum Wohl der arbeitenden Bevölkerung verteilt werden kann. Uns geht es darum, den Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit für höhere Löhne, weniger Arbeitszeit und mehr Sozialstaat zu nutzen. Dies erfordert ein produktives Zusammenwirken von Staat und Markt. Märkte können schöpferisch sein und den gesellschaftlichen Wohlstand mehren. Märkte sind jedoch sozial und ökologisch blind. Die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise hat das destruktive Potenzial unregulierter Märkte eindrucksvoll offengelegt. Deswegen bedarf es staatlicher Regulierung, Verteilungs-, Wirtschafts-, Sozial-, sowie Industrie- und Dienstleistungspolitik, um die Marktkräfte zu zivilisieren. Die Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik entwickelt und popularisiert wirtschaftspolitische Strategien und Instrumente, die diesen Zielen dienen.
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