Mit dem Baulandmobilisierungsgesetz hat die Bundesregierung ihr letztes großes wohnungspolitisches Vorhaben auf den Weg gebracht. Doch auch die neue Regierung darf das Thema Wohnungsbau nicht aus den Augen verlieren. Der DGB zeigt auf, an welchen Stellschrauben gedreht werden muss, damit nicht nur neue, sondern vor allem auch bezahlbare Wohnungen entstehen.
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RND exklusiv: DGB fordert Milliarden für sozialen Wohnungsbau und kritisiert die Union
Mit der kürzlich vom Bundestag beschlossenen Novelle des Baugesetzbuches (Baulandmobilisierungsgesetz) hat diese Bundesregierung ihr letztes großes wohnungspolitisches Vorhaben auf den Weg gebracht. Nun ist es an den Ländern, dieses Gesetz im Sinne der Mieter und Mieterinnen umzusetzen. Dennoch bleibt viel zu tun – die nächste Bundesregierung muss schnell handeln.
Sie darf das Thema Wohnungsbau nicht aus den Augen verlieren. Bund, Länder und Kommunen hatten sich im Rahmen ihrer Wohnraumoffensive aus dem Jahr 2018 vorgenommen, den Bau von 1,5 Millionen Wohnungen innerhalb von vier Jahren voranzutreiben. Dieses Ziel wird etwa um 300.000 Wohnungen verfehlt. Dabei ist vor allem besorgniserregend, dass in den letzten Jahren dreimal so viele Sozialwohnungen aus der Preisbindung gefallen sind (70.000) wie neu gebaut wurden (25.000). Jeden Tag verlieren wir mehr als 100 Sozialwohnungen.
Beim Neubau kommt es nicht nur auf die Quantität, sondern auch auf den Preis an. In Leipzig, Augsburg, Salzgitter, Jena, Frankfurt und weiteren Städten können sich nach einer Studie im Auftrag des ARD-Magazins panorama aus dem Jahr 2019 Durchschnittsverdiener mehr als 90 Prozent der Neubauwohnungen nicht leisten.
Neubau hilft den Menschen aber nur, wenn sie ihn auch bezahlen können. Für Wohnungsbau sind die Länder zuständig. Dennoch kann der Bund einen geeigneten Rahmen für den Bau bezahlbarer Wohnungen schaffen – ja er muss es sogar tun, denn zu lange hat die Politik dieses Thema außer Acht gelassen. Die kommende Bundesregierung darf sich nicht wegducken, sondern muss an folgenden Stellschrauben drehen:
Wir fordern den Bund auf, einen Fonds aufzulegen, der Kommunen dabei unterstützt eigene Wohnungsbaugesellschaften zu gründen, bzw. sich an bestehenden kommunalen Wohnungsunternehmen zu beteiligen und so deren Eigenkapitalbasis zu stärken. Solche Gesellschaften bieten in der Regel vergleichsweise günstige Wohnungen an und sollten sich mehr als bisher im Neubau engagieren. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung und des deutschen Instituts für Urbanistik haben im September 2020 ein Konzept für einen Bundesbeteiligungsfonds vorgelegt.
Bis 1990 gab es in der Bundesrepublik Steuervergünstigungen für Wohnungsunternehmen, die sich verpflichtet hatten, ihre Wohnungen preisgedeckelt anzubieten und nur eine geringe Eigenkapitalrendite auszuschütten. In Österreich und den Niederlanden gibt es solche gemeinnützigen Wohnungsunternehmen nach wie vor. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum. Wir fordern die Bundesregierung auf, die steuerliche Förderung von Unternehmen, die ihre Wohnungen dauerhaft preisgebunden anbieten, wieder aufzulegen.
Durch die bereits erfolgte Änderung des Grundgesetzes (§ 104d GG) kann der Bund weiterhin den Ländern Gelder für die Förderung von Sozialwohnungen zur Verfügung stellen. Bislang stellt er dafür bis 2024 jährlich eine Milliarde Euro bereit. Das reicht bei weitem nicht aus: Um das weitere Abschmelzen des Sozialwohnungsbestands zu verhindern, sollten Bund und Länder zusammen mindestens sieben Milliarden Euro pro Jahr investieren, die sie zu gleichen Teilen tragen.
Die Abschreibungssätze im Mietwohnungsneubau sollten dauerhaft von zwei auf drei Prozent angehoben und damit den Sätzen im Gewerbebau gleichgestellt werden. In Engpassregionen sollten sie – geknüpft an die Vorgabe, dass bezahlbare Wohnungen mit Mietobergrenzen gebaut werden – befristet auf vier Prozent erhöht werden.
Ein weiterer Schlüssel für den Bau bezahlbarer Wohnungen ist die Verfügbarkeit von günstigem Bauland. In den letzten zehn Jahren haben sich die Baulandpreise in den sieben größten Städten Deutschlands durchschnittlich fast verdreifacht. Mit dem Baulandmobilisierungsgesetz hat die Bundesregierung durch ein preislimitiertes kommunales Vorkaufsrecht und sektorale Bebauungspläne wichtige Maßnahmen ergriffen, Kommunen bei der Schaffung bezahlbaren Wohnraums zu unterstützen. Wichtig ist zusätzlich:
.... am besten, bevor sie zu Bauland werden. Die Stadt Ulm praktiziert das bereits seit mehr als 100 Jahren überaus erfolgreich. Der Bund kann dabei den Aufbau kommunaler Bodenfonds unterstützen, indem er geeignete Flächen aus dem Bundesvermögen und dem Bundeseisenbahnvermögen preislimitiert und vorrangig an die Kommunen gibt und Geld für den Aufbau solcher Bodenfonds bereitstellt.
Wenn durch Planungsmaßnahmen Ackerland zu Bauland wird, wird der begünstigte Eigentümer auf einen Schlag sehr viel wohlhabender. Die entstandenen Bodenwertsteigerungen sollen durch die Kommune weitgehend abgeschöpft werden, damit diese den Bau und die Förderung bezahlbaren Wohnraums unterstützen kann. Für einen solchen Planungswertausgleich muss der Bund den gesetzlichen Rahmen schaffen.
DGB/Simone M. Neumann
„Bezahlbare Mieten bleiben auf der politischen Agenda. Auch wenn Bundesbauminister Horst Seehofer die Wohnungspolitik als wichtigste soziale Frage erkannt hat – geliefert hat die Union nicht. Die nächste Bundesregierung muss endlich ran an das Thema und wirksame Leitplanken gegen zu hohe Mieten einziehen. ‚Bauen, bauen, bauen‘ alleine reicht nicht. Wichtig ist, das für den tatsächlichen Bedarf und somit in bezahlbaren Wohnraum investiert wird. Dafür liegen unsere Vorschläge auf dem Tisch.“
DGB-Vorstand Stefan Körzell
Inga Jensen
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