Die so genannten Paradise-Papers sind der Beweis: Unternehmen und Superreiche verschieben vollkommen legal Riesensummen in Offshore-Zentren und sparen so Milliarden an Steuern. Die Zeche zahlen der normale Steuerzahler und die Gesellschaft. Nun muss der Staat die Steuerschlupflöcher für die Reichen endlich schließen und Finanztransfers in Schattenfinanzplätze unterbinden. Der DGB-klartext.
DGB/Simone M. Neumann
Ein Journalisten-Netzwerk hat mit den sogenannten Paradise Papers erneut Licht in die dunklen Geschäfte von internationalen Konzernen und Superreichen gebracht und ihre Steuertricks aufgedeckt. Rund tausend Personen sollen allein in Deutschland mit Steuerumgehung, Hinterziehung und fragwürdigen Steuersparmodellen Milliarden in Offshore-Zentren und somit am Fiskus vorbei geschoben haben. Ohne größere Mühen und mithilfe von Anwaltskanzleien. Das Paradies ist so nah – doch nur für Wenige, für diejenigen mit sehr viel Geld.
Durch diese Geschäfte entgehen allein dem deutschen Fiskus schätzungsweise ein Drittel der Einnahmen bei den Unternehmenssteuern (siehe Abbildung), 17 Milliarden Euro pro Jahr. Die Zeche zahlen der normale Steuerzahler und die Gesellschaft, die unter einem staatlichen Sparkurs leidet. Der größte Skandal: Diese Offshore-Geschäfte sind noch nicht einmal per se illegal. Obwohl immer wieder Fälle auftauchen, hat die Politik sie noch nicht unterbunden. Es darf aber nicht sein, dass Großkonzerne und Superreiche sich zum großen Teil von der Finanzierung des Gemeinwohls verabschieden, obwohl ihre Gewinne und ihr Reichtum auf der hiesigen Wirtschaft, Infrastruktur und Gemeinschaft basieren.
Grafik: DGB
Wenn Billionen in Steuerparadiese verschoben werden, verschleiert dies auch das wahre Ausmaß der sozialen Ungleichheit. Reichtum und Armut sind zwei Seiten der gleichen Medaille. So belegen aktuelle Zahlen der europäischen Statistikbehörde, dass in Deutschland etwa jeder Zehnte Erwerbstätige von Armut betroffen oder gefährdet ist. Vor 10 Jahren lag der Anteil der Armutsbetroffenen bei knapp der Hälfte. Arm trotz Arbeit – leider ein weit verbreitetes Problem in Deutschland. Die Armutsgefährdungsquote unter Teilzeitbeschäftigten beträgt 15,2 Prozent, die von befristet Beschäftigten gar 20,5 Prozent.
Die Gesellschaft ist also gespalten. Doch ausgerechnet diejenigen, die eigentlich Lösungen für solche Probleme entwickeln sollten, ignorieren die Ungleichheit. Die Mehrheit der sogenannten Wirtschaftsweisen behauptet in ihrem neuen Jahresgutachten, dass bei der Frage der Ungleichheit ein „Auseinanderklaffen von Wahrnehmung und statistischer Faktenlage“ vorliege. Die Einkommensungleichheit sei hierzulande gar nicht so dramatisch. Also alles nur ein Wahrnehmungsfehler?! Mitnichten. Zwar entwickelten sich die gesamtwirtschaftlichen Einkommen in den vergangenen Jahren positiv, dennoch driften Löhne und Gehälter an den unteren und oberen Einkommensrändern stark auseinander.
Fakt ist: Ungleichheit ist eine der drängendsten Herausforderungen unserer Zeit. Um sie zu beseitigen, muss die Politik oben und unten ansetzen. Sie muss prekäre Arbeit und den Niedriglohnsektor zurückdrängen. Und sie muss die Reichen wieder stärker zur Finanzierung des Gemeinwohls heranziehen – auch indem sie Steuerschlupflöcher endlich schließt und dubiose Finanztransfers in Schattenfinanzplätze unterbindet.