Deutscher Gewerkschaftsbund

21.12.2012
IGB-Generalsekretärin Sharan Burrow

Kampagne Finger weg vom Netz: "Es ist noch nicht vorbei"

Mit neuen Regeln wollte die Internationale Fernmeldeunion die Freiheit der Nutzer im Netz beschränken. Dieser Plan ist vorerst gescheitert - etwa 50 Staaten weigerten sich, das neue Abkommen zu unterzeichnen. Zu verdanken ist dies auch der Petition von IGB und DGB, der sich zehntausende Menschen anschlossen. Sharan Burrow bedankt sich bei allen UnterstützerInnen. Die Botschaft der Generalsekretärin des Internationalen Gewerkschaftsbundes IGB: Der Kampf für die Freiheit des Internet ist noch nicht vorbei.

Stop the Net Grab - Finger weg vom Netz

Equal Times/change.org

Die Botschaft von Sharan Burrow, IGB-Generalsekretärin,  an alle UnterstützerInnen der Kampagne "Finger weg vom Netz!"

Vielen Dank! Ihr habt etwas bewirkt, aber es ist noch nicht vorbei.

Die Weltkonferenz zur internationalen Telekommunikation (WCIT) in Dubai ist zu Ende – und dank Eurer Bemühungen konnten wir den Angriff auf die Freiheit des Internet abwehren, zumindest fürs Erste.

Die zweiwöchige Konferenz verlief, wie viele  es befürchtet hatten: Die Länder, in denen Zensur geübt wird, haben jede Gelegenheit genutzt, um das Internet der Kontrolle der IFU-Vollzugsordnung für internationale Fernmeldedienste zu unterstellen. Und sie sind damit größtenteils gescheitert. Insbesondere der Iran hat zu hoch gepokert, als er versuchte, andere Länder durch ein UN-Abkommen zur Legalisierung der Zensur zu zwingen.

Dieses Scheitern ging in hohem Maße auf die immense Besorgnis der Menschen überall auf der Welt zurück: Hunderttausende haben Petitionen unterschrieben (inklusive 100.000 im Zuge der Gewerkschaftskampagne), Lobbyarbeit bei Regierungen betrieben und das Augenmerk der Medien auf dieses Thema gelenkt.

Dies gelang, obwohl die IFU versucht hat, die öffentliche Debatte zu begrenzen, die Zivilgesellschaft auszugrenzen und die meisten der wirklich strittigen Fragen keiner öffentlichen Prüfung unterzogen. Und sie hat fälschlicherweise behauptet, dass es bei der Konferenz in Dubai nicht um die Regulierung des Internet gegangen sei.

Etwa 50 Industrie- und Entwicklungsländer haben das neue Abkommen nicht unterzeichnet, und viele von ihnen haben sich öffentlich gegen die Versuche ausgesprochen, das Internet der Kontrolle der IFU-Regeln zu unterstellen.

Es ist kein Zufall, dass diejenigen Länder, die den größten Erfolg bei der Internet-Anbindung ihrer Bevölkerung gehabt haben, zu denen gehörten, die das neue Regelwerk nicht unterzeichnet haben.

Eine äußerst beunruhigende neue Norm zur Deep Packet Inspection (der detaillierten Analyse von Datenpaketen zur Überwachung, Kontrolle und sogar Veränderung von Inhalten des Internetverkehrs) wurde von der IFU bei einer Fachtagung im Vorfeld der WCIT-Konferenz durchgeschmuggelt.

Da die Zivilgesellschaft praktisch keine Gelegenheit hatte, sich diese Norm vorher anzusehen, sind ihre möglichen Auswirkungen noch nicht genau abzusehen, fest steht jedoch, dass der Besorgnis hinsichtlich des Datenschutzes und der Redefreiheit bei den Diskussionen und dem Endergebnis NICHT angemessen Rechnung getragen wurde (trotz der von Ländern wie Deutschland geäußerten Besorgnis).

Die Konferenz in Dubai hat die tiefen Gräben zwischen denen, die ein offenes Internet wollen, und denen, die die Internetkommunikation der Kontrolle des Staates unterstellen wollen, im Widerspruch zu den Interessen des Freihandels und des Rechtes auf freie Meinungsäußerung, vor aller Augen deutlich gemacht. Die Konferenz hat diese Gräben vermutlich sogar noch weiter vertieft, vor allem wegen der fehlenden Transparenz vor und sogar während der Veranstaltung selbst.

Diejenigen Regierungen, die das Internet kontrollieren wollen, werden nicht in Dubai Halt machen. Viele dieser Länder werden auf nationaler Ebene weiterhin hart gegen die Aktivitäten ihrer Bevölkerung im Netz durchgreifen und weiter versuchen, dies unter dem Schutzmantel der UNO zu tun. Die Debatte wird weiter gehen, und es wird zu einer weiteren Polarisierung der Gefahren kommen. Wir müssen den Druck aufrechterhalten, damit die bisherigen Multi-Stakeholder-Verfahren beibehalten werden, bei denen alle Akteure ein gleiches Mitspracherecht haben.

Die Zivilgesellschaft wird äußerst wachsam und engagiert sein müssen, damit das Internet offen bleibt und globale Wirtschaftstätigkeiten, die Arbeitnehmer-, Umwelt- und Menschenrechte auch künftig gefördert werden können. Den Vereinten Nationen selbst kommt dabei eine wichtige Rolle zu, und sie sollten sich aktiver um die Unterstützung von Gremien wie des Internet Governance Forums bemühen.

Der IGB und Greenpeace haben UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon in Eurem Namen geschrieben und auf die nicht transparenten Aktivitäten der IFU hingewiesen. Diese Briefe haben dazu beigetragen, dem gesamten UN-System vor Augen zu führen, dass die IFU zu weit geht. Frank La Rue, UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf freie Meinungsäußerung, teilt unsere Ansicht.

Die Zivilgesellschaft muss bereit sein, die UNO in die richtige Richtung zu lenken und sich aktiv an den künftigen Debatten über die Regulierung des Internet zu beteiligen.

Es gibt noch viele andere wichtige Fragen, die im Zusammenhang mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung behandelt werden müssen, hinsichtlich geistiger Eigentumsrechte und des Zugangs zum Internet für die Milliarden Menschen, die bisher noch davon ausgeschlossen sind. Die IFU hat deutlich gemacht, dass sie nicht die geeignete Stelle dafür ist. Es ist daher unerlässlich, dass die Multi-Stakeholder-Gemeinschaft, die das Internet hat gedeihen lassen, aktiv bleibt und sich deutlich von den unternehmerischen Interessen abhebt, für die das Internet lediglich eine Profitquelle ist.

Vielen Dank noch einmal für Eure Unterstützung. Damit sind wir aber sicher noch nicht am Ende unseres Weges angelangt. Wir müssen dieser Kampagne im neuen Jahr neue Dynamik verleihen und werden Euch mitteilen, wie Ihr uns auch weiterhin dabei helfen könnt, für die Freiheit des Internet einzutreten.

Sharan Burrow - IGB-Generalsekretärin


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