Koalitionsvertrag: Sozialstaat und Gerechtigkeit verteidigen

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Dachzeile Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied

Zum Koalitionsvertrag von Union und SPD ein Statement von DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel:

Wenn die neue Bundesregierung das Rentenniveau bis 2031 bei 48 Prozent stabilisiert, geht sie zwar einen notwendigen Schritt, schafft damit aber noch keine dauerhafte Sicherheit. Wir müssen klarstellen: Menschen erarbeiten sich ihre Rente hart – sie ist kein Almosen. Deutschland könnte sich mit seiner Wirtschaftskraft eine deutlich bessere Alterssicherung leisten. Die Frühstart-Rente bringt kaum etwas: Mit monatlich 10 Euro Beitrag erhält man nach 60 Jahren nur etwa 30 Euro Rente – ein mageres Ergebnis bei jährlichen Kosten von 1 Milliarde Euro, das hauptsächlich Versicherungskonzernen nützt.

Wir begrüßen, dass die Koalition Selbstständige in die Rentenversicherung einbeziehen will. Wir fordern aber, dass es nicht möglich gemacht wird, sich abzumelden. Wenn die Regierung Weiterarbeit nach der Rente steuerlich begünstigt, bevorzugt sie damit Gutverdiener und untergräbt die leistungsgerechte Besteuerung.

Es ist ein Rückschritt, das Bürgergeld umzugestalten. Wenn die Koalition Sanktionen verschärft, macht sie Arbeitssuchende erpressbar und spielt jenen Arbeitgebern in die Hände, die auf Niedriglöhne setzen. Dabei muss die Regierung die klaren Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts einhalten. Die Koalition macht einen Fehler, wenn sie den Vermittlungsvorrang wieder einführt. Das widerspricht dem wichtigen Ziel, Menschen zu ermutigen, einen Berufsabschluss nachzuholen. Wir müssen Arbeitsförderung am individuellen Unterstützungsbedarf ausrichten. Wenn die Koalition die Karenzzeit beim Vermögen und bei Wohnkosten abschafft, nimmt sie Beschäftigten wichtige soziale Sicherheit. Wir brauchen zudem ein besseres Verfahren, um die Regelsätze bei Preissteigerungen zeitnah anzupassen.

Eine moderne Migrationspolitik funktioniert nur in einer offenen Gesellschaft und hier sendet die neue Koalition widersprüchliche Signale. Schnellere und harmonisierte Anerkennungsverfahren von im Ausland erworbenen Qualifikationen werden vom DGB genauso begrüßt, genau wie die Einrichtung einer digitalen Agentur für Fachkräfteeinwanderung oder die Absicherung und Stärkung von “Faire Mobilität”.

Die geplanten Verschärfungen in der Migrationspolitik, wie zum Beispiel die temporäre Aussetzung des Familiennachzugs oder die Abschiebung von Geflüchteten in Krisengebiete, sind aus Sicht des DGB mit dem Anspruch eines auf Menschenrechte und Humanität verpflichteten Landes dagegen nur schwer vereinbar.

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