Arbeitszeugnis: Ermittlungsverfahren darf erwähnt werden

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Bei einem Jugendamtsmitarbeiter, der mit Kindern und Jugendlichen arbeitet, darf trotz der Unschuldsvermutung ein laufendes Ermittlungsverfahren wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften im Zeugnis erwähnt werden.

Der Fall:

Der Arbeitnehmer war als Sozialarbeiter im Jugendamt der beklagten Stadt seit über vier Jahren beschäftigt und u. a. für Kinderschutzmaßnahmen zuständig. Gegen ihn wurde wegen des Verdachts, kinderpornographisches Material zu besitzen, ermittelt. Die Kriminalpolizei durchsuchte sein Dienstzimmer und beschlagnahmte das Diensthandy. Im Polizeibericht wurde empfohlen, dem Mann jeglichen Zugriff auf Kinder und Jugendliche zu verweigern. Das Arbeitsverhältnis wurde während des noch laufenden Ermittlungsverfahrens von der Stadt gekündigt und dem Arbeitnehmer ein Zeugnis erteilt, in dem das Ermittlungsverfahren und der Vorwurf ausdrücklich erwähnt wurden. Der Sozialarbeiter klagte erfolglos auf Streichung dieser Aussagen in seinem Arbeitszeugnis.

Das Arbeitsgericht:

Arbeitszeugnisse müssten zwar wohlwollend formuliert sein, so dass noch nicht abgeschlossene Ermittlungsverfahren wegen der Unschuldsvermutung grundsätzlich nicht ins Zeugnis aufgenommen werden sollen. In strengen Ausnahmefällen – wie etwa beim Schutz von Kindern – besteht allerdings die Pflicht des Arbeitgebers, ein Ermittlungsverfahren im Zeugnis zu erwähnen. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen geht vor, zumal der Sozialarbeiter im Prozess den Besitz der kinderpornographischen Fotos auf dem Diensthandy nicht bestritten hat. Nur dann entspricht das Zeugnis dem Gebot der Zeugniswahrheit.

Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 23. Januar 2025 – 5 Ca 1465/24

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