Deutscher Gewerkschaftsbund

Gewerkschaftlicher Neuaufbau

Noch vor Kriegsende gründen sich in den befreiten Gebieten die ersten Gewerkschaften. Die Versorgungslage ist so prekär, dass es zu einzelnen Streiks kommt. Noch ist ihre Organisation nicht einheitlich, es gibt Unterschiede in den Besatzungszonen. Eines ist aber klar: Zersplitterte Richtungsverbände soll es nicht mehr geben. Ziel ist die Einheitsgewerkschaft.

1945 – Bereits einen Monat nach Kriegsende informiert das Flugblatt über die Gründung der freien Gewerkschaften in Hamburg und damit zusammenhängende allgemeine Organisationsfragen.

Am 18. März 1945 gründeten 80 GewerkschafterInnen im bereits befreiten Aachen den „Freien Deutschen Gewerkschaftsbund“ - fast zwei Monate vor Kriegsende. Diese Sozialdemokraten, Christen und Kommunisten machten damit nach zwölf Jahren Naziherrschaft den ersten Schritt zu einer geeinten Arbeiterbewegung. Ihr Ziel war, das Einende zu betonen und das Trennende zu überwinden: die Gewerkschaften sollten nie wieder Tummelplatz parteipolitischer Leidenschaften sein.

Doch beim Aufbau gewerkschaftlicher Organisationen gab es wesentliche Unterschiede zwischen den Besatzungszonen. Konsens herrschte über die Errichtung von Einheitsgewerkschaften. Die politische Zersplitterung in Richtungsverbände sollte der Vergangenheit angehören. Die Gewerkschaften bekannten sich zur parteipolitischen Unabhängigkeit, wiesen Forderungen nach politischer Neutralität jedoch ab. Sie sollten außerdem nach dem Industrieverbandsprinzip „Ein Betrieb – Eine Gewerkschaft“ organisiert werden. Damit schien endgültig durchgesetzt, was die Metall– und Holzarbeiter bereits 1892 in Halberstadt gefordert hatten.

Zu einer abweichenden Sonderentwicklung kam es später im DGB. Weil über die selbstständige Existenz einer Angestelltengewerkschaft im DGB keine Übereinkunft erzielt werden konnte, scherte die Deutsche Angestelltengewerkschaft (DAG) 1949 aus dem Prozess der DGB–Gründung aus. Da die DAG und auch Teile der Beamtenschaft auf ihren Sonderinteressen beharrten, konnte das Prinzip der Einheitsgewerkschaft nicht vollständig durchgesetzt werden.

Osten: Zentralismus und Auflösung der Betriebräte

Mit Genehmigung der britischen Militärregierung konnten 1946 erstmals nach dem Krieg Maifeiern stattfinden. Sie wurden 1947 regional unterschiedlich mit eigenen Plakaten und Losungen durch überparteiliche Aktionsausschüsse abgehalten.

Im Unterschied zu den Westalliierten förderte die sowjetische Militäradministration (SMAD) einen zentralistischen Organisationsaufbau. So unterstützte sie die Berliner Initiative zur Gründung eines Dachverbandes, noch bevor überhaupt Industriegewerkschaften existierten. Im Vergleich zu ihren westlichen „Schwesterorganisationen“ waren sie keine autonomen Verbände, sondern Branchenfilialen des Freien Deutschen Gewerkschaftsbunds FDGB, der über ihre Gründung, Zusammenlegung oder Auflösung, über ihre Finanzierung und die Personalpolitik entschied.

Als sich 1947 die internationale Lage änderte und die Zeit des Kalten Kriegs begann, verstärkten die Siegermächte die Integration ihrer jeweiligen Besatzungszone in den eigenen Machtbereich. Für die sowjetische Besatzungszone (SBZ) bedeutete das eine Abkehr vom bisherigen demokratisch–parlamentarischen Kurs. Die bürgerlichen Parteien anerkannten die Führungsrolle der SED und wurden zu untergeordneten Blockparteien. Auch die Gewerkschaften ordneten sich der SED unter , mit gravierenden Folgen für die Betriebsräte in der SBZ.

In der sowjetischen Gewerkschaftspolitik unter Lenin und Stalin herrschte nach offizieller Auffassung Interessenübereinstimmung zwischen Arbeitern und industriellem Leitungspersonal und daher kein Bedarf an Interessenvertretung. Die Gewerkschaften hatten als „Transmissionsriemen“ (Lenin) staatliche Vorgaben zu exekutieren, vor allem auf die Erhöhung von Produktion und Produktivität hinzuwirken. Dem entsprechend war für die DDR–Sozialversicherungen der FDGB zuständig. Betriebsräte, in der Sowjetunion unbekannt, waren für permanente Mehrarbeitsappelle nicht die geeigneten Organe. Deshalb wurde auf der Bitterfelder Konferenz des FDGB 1948 beschlossen, sie aufzulösen und an ihre Stelle betriebliche Gewerkschaftsleitungen treten zu lassen.

Westen: Aufbau von unten nach oben

Am 12. November 1948 riefen die Gewerkschaften zum Streik in der britisch–amerikanischen Zone auf. Ein Protest gegen den Lohnstopp bei gleichzeitiger Preisfreigabe und die Nichtbeteiligung der Gewerkschaften an der Wirtschaftspolitik.

Im Westen Deutschlands dauerte der gewerkschaftliche Gründungsprozess länger. Die Besatzungsmächte verzögerten die Entwicklung, indem sie den Gewerkschaften einen Aufbau von unten nach oben abverlangten. Föderalismus und Dezentralisierung sollten die Deutschen vom Führerprinzip abbringen. Das galt auch für die Gewerkschaften. Zuerst sollten sie sich auf Ortsebene, dann in den Ländern und schließlich zonenweit organisieren. Ähnlich wie in der östlichen, war auch in den westlichen Zonen die gewerkschaftliche Arbeit während der unmittelbaren Nachkriegszeit viel stärker von den unmittelbaren Alltagssorgen der Menschen geprägt, als von der großen Politik. Sofern politische Fragen eine Rolle spielten, beschränkte sich dies zumeist auf die Entnazifizierung der Betriebe.

Im Mittelpunkt stand der Wiederaufbau der Wirtschaft, die Beseitigung der Trümmer und die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Gütern des täglichen Bedarfs. Noch 1947/48 war die Versorgungslage derart prekär, dass es zu zahlreichen Aktionen, schließlich im November 1948 sogar zum Generalstreik in den westlichen Besatzungszonen kam. Über neun Millionen Arbeiter und Angestellte protestierten gegen die Preissteigerungen bei gleichzeitigem Lohnstopp, den die Besatzungsmächte angeordnet hatten, sowie dagegen, dass die Gewerkschaften an der Gestaltung der Wirtschaft nicht beteiligt wurden.


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