Nur noch 53 Prozent der Beschäftigten in Deutschland bekommen Weihnachtsgeld. Denn immer weniger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer profitieren von Tarifverträgen und somit vom Weihnachtsgeld. Deshalb ist es wichtig, Gewerkschaften zu stärken und für eine flächendeckende Abdeckung mit Tarifverträgen zu kämpfen.
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Weihnachtsgeld – fest eingeplant im Geldbeutel für den einen, immer noch ein Traum für den anderen. Denn nur 53 Prozent der Beschäftigten bekommen in Deutschland Weihnachtsgeld, wie neueste Zahlen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) zeigen.
Das liegt daran, dass immer weniger Beschäftigte von einem Tarifvertrag profitieren und sich Arbeitgeber nicht selten weigern, Regelungen zum Weihnachtsgeld abzuschließen. Kampf um Fachkräfte? Wertschätzung für die eigenen Mitarbeiter? Oft Fehlanzeige wenn es ums Weihnachtsgeld geht! Weihnachtsgeld kann sich zwar auch aus einer Betriebsvereinbarung oder durch Gewohnheitsrecht (betriebliche Übung) ergeben, der Tarifvertrag ist aber die wichtigste Grundlage. Rund 76 Prozent der tarifgebundenen Beschäftigten bekommen Weihnachtsgeld. Immer wieder ist diese Sonderzahlung ein wesentlicher Punkt in Tarifverhandlungen. Dies zeigen auch aktuelle Tarifrunden wie z. B. in der Gebäudereinigung oder in der Leiharbeit.
Ein Fehlen von Tarifverträgen führt auch dazu, dass die Auszahlung von Weihnachtsgeld immer noch abhängig von Arbeitsort, Arbeitsumfang und Geschlecht ist. Im Osten bekommen beispielsweise nur 41 Prozent der Beschäftigten Weihnachtsgeld. Im Westen sind es mit 56 Prozent deutlich mehr (siehe Grafik). Während die Landesregierungen der neuen Länder jahrzehntelang auf Billiglohn und niedrigere Arbeitsstandards setzen, sank die Tarifbindung und damit die Chancen auf Teilhabe für die arbeitende Mitte der Bevölkerung. Es ist deshalb gut, dass einige Landesregierungen endlich für die Stärkung der Tarifbindung eintreten und – wie in Thüringen, Berlin und jetzt auch in Sachsen – öffentliche Aufträge nur noch an tariftreue Unternehmen vergeben wollen.
Die Auszahlung von Weihnachtsgeld ist immer noch von verschiedenen Faktoren wie Arbeitsort, Arbeitsumfang und Geschlecht abhängig. Besonders deutlich wird, dass Beschäftigte mit Tarifvertrag viel häufiger Weihnachtsgeld bekommen. Quelle: WSI Lohnspiegel, www.lohnspiegel.de/ DGB
Weniger Weihnachtsgeld gibt’s allerdings auch bei Teilzeit. 54 Prozent der Vollzeitbeschäftigten bekommen es und damit deutlich mehr als die in Teilzeit arbeitenden Kolleg*innen (47 Prozent). Dabei bleibt Teilzeit oft leider eine Falle. So können 40 Prozent der Teilzeitbeschäftigten die so genannte Brückenteilzeit nicht nutzen, weil sie in Unternehmen arbeiten, die kleiner als 45 Mitarbeiter sind. Das sind vor allem Frauen. Fast zwei Drittel der Mütter arbeiten in solchen Unternehmen. Gerade hier fehlt es oft an einem Tarifvertrag, der eben auch das Rückkehrrecht in Vollzeit regeln könnte.
Auch das ist ein Grund dafür, dass Frauen (50 Prozent) seltener Weihnachtsgeld bekommen als Männer (55 Prozent). Diese Ungerechtigkeit muss nicht nur vom Gesetzgeber angegangen werden. Wenn Frauen nach wie vor trotz besserer Abschlüsse kaum Aussicht auf einen Führungsposten haben, wenn sie immer noch weniger verdienen als Männer, wenn einige Jobs ihnen ganz verschlossen bleiben, dann muss dies auch vor Ort in den Unternehmen angegangen werden.
Deshalb ist es wichtig, Gewerkschaften zu stärken und für eine flächendeckende Abdeckung mit Tarifverträgen zu kämpfen. Rechte für Arbeitnehmer*innen kommen nicht von allein. Auch das Weihnachtsgeld ist kein Geschenk des Himmels!