Deutscher Gewerkschaftsbund

16.06.2021
Arbeitsmarkt: Zahl des Monats

Zwei Drittel aller Arbeitslosen sind laut dem aktuellen Armutsbericht arm. 1995 lebte nur jeder siebte Arbeitslose in Armut.

Soziale Lage drastisch verschlechtert

Der Armutsbericht der Bundesregierung offenbart eine erschreckende Tendenz: Die soziale Lage von Arbeitslosen hat sich im langjährigen Vergleich deutlich verschlechtert. Ein immer größer werdender Anteil von Arbeitslosen ist mittlerweile "arm".

Zwei Personen, die ihre leeren Hosentaschen nach außen stülpen; Symbolbild Armut / Pleite

Colourbox.de

Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung zeigt: Ein immer größer werdender Anteil von Arbeitslosen muss der sozialen Lage „Armut“ zugeordnet werden. Im Jahr 1995 war noch immerhin jede dritte arbeitslose Person der sozialen Lage „Mitte“ zuzuordnen und nur jede siebte der Lage „Armut“. Nach den zuletzt verfügbaren Daten (bis 2017) waren hingegen rund zwei Drittel der Arbeitslosen der sozialen Lage „Armut“ zuzurechnen und nur noch acht Prozent der sozialen Lage „Mitte“. „Im Ergebnis lässt sich eine zunehmende Konzentration von Arbeitslosen in der Lage der „Armut“ konstatieren“, heißt es folgerichtig im Armutsbericht.

Die Zuordnung zu einer sozialen Lage basiert im Armutsbericht auf einer Sonderuntersuchung von Prof. Groh-Samberg nach dem sogenannten mehrdimensionalen Lebenslagenansatz. Dabei wird die Dimension „Einkommen“ um weitere Indikatoren wie beispielsweise der Wohnsituation oder dem Vermögen ergänzt und die Zuordnung zu einer sozialen Lage erfolgt dann in der Gesamtschau aller Indikatoren. Die sechs sozialen Lagen sind: Armut, Prekarität, Untere Mitte, Mitte, Wohlstand und Wohlhabenheit.

Das Armutsrisiko hängt von den politisch gestaltbaren Rahmenbedingungen ab

Die extremen Veränderungen bei der Armutsbetroffenheit im Zeitverlauf zeigen aber auch, dass Arbeitslosigkeit nicht naturgegeben zu Armut führen muss, sondern dass das Armutsrisiko von den politisch gestaltbaren Rahmenbedingungen abhängt. Das derzeitige, extrem hohe Ausmaß der Armut bei Arbeitslosigkeit hat zwei zentrale Ursachen: Den großen und auf hohem Niveau stagnierenden Niedriglohnsektor sowie eine unzureichende soziale Absicherung bei Arbeitslosigkeit. Wenn ein niedriger Lohn schon kaum für den Lebensunterhalt reicht, ist das Armutsrisiko bei Arbeitslosigkeit hoch, da das Arbeitslosengeld nur 60 Prozent (mit Kind 67 Prozent) vom Nettolohn beträgt.

Zudem wird das Arbeitslosengeld nur für einen relativ kurzen Zeitraum gezahlt, im Regelfall maximal für 12 Monate. Danach erfolgt ein Wechsel ins Hartz-IV-System, dessen Leistungsniveau (Regelsätze plus Leistungen für die Wohnkosten) keinen wirksamen Schutz vor Armut bieten. Bei nahezu allen Haushaltskonstellation liegt das Hartz-IV-Niveau unterhalb der Armutsgrenze.

DGB: Niedriglohnsektor trocken legen, Bezugsdauer von Arbeitslosengeld verlängern, neue Grundsicherung

Der DGB fordert, den Niedriglohnsektor trocken zu legen, u.a. indem der Mindestlohn auf 12 Euro erhöht und die Tarifbindung gestärkt wird. Bezogen auf die soziale Absicherung von Arbeitslosen fordert der DGB kurzfristig, die Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld so zu verlängern, wie es bis Ende 2020 geregelt war und zwar so lange, wie die Corona-Pandemie den Arbeitsmarkt belastet. Mittelfristig sollte das Arbeitslosengeld generell länger gewährt werden – insbesondere für langjährig Beschäftigte. Zudem spricht sich der DGB dafür aus, das Hartz-IV-System durch eine neue Grundsicherung zu ersetzen, die bürgerfreundlich gestaltet ist und bedarfsdeckende Leistungen gewährt.

Die Forderungen des DGB sind in dem Diskussionspapier „Soziale Sicherheit statt Hartz IV“ ausführlich dargestellt.

Eine detaillierte Bewertung des Armuts- und Reichtumsberichts beinhaltet die DGB-Stellungnahme zum Bericht an das Bundesarbeitsministerium.


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